Sanderbusch/Varel - Der gesamten Belegschaft sind die Pläne schon vorgestellt worden, im Aufsichtsrat und in der Vertreterversammlung sind sie bereits diskutiert worden, im Kreisausschuss ebenso, und überall sind sie mit großer Zustimmung aufgenommen worden: Die Friesland-Kliniken mit ihren beiden Standorten in Sanderbusch (Nordwest-Krankenhaus) und Varel (St.-Johannes-Hospital) sollen komplett neu strukturiert werden. Nur so werden die Kliniken wirtschaftlich sicher und medizinisch auf hohem Niveau die Zukunft bestehen, hieß es am Mittwoch in einem Pressegespräch.
Förderung vom Land noch offen
Die Geschäftsführerin der Kliniken, Petra Hohmann, und Frieslands Landrat Sven Ambrosy, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Kliniken ist, stellten im Beisein von Anja Schwinning und Ramona Logemann vom Betriebsrat der Friesland-Kliniken die Pläne vor, die langfristig eine Investition in Höhe von 40 Millionen Euro nötig machen. „Wir haben eine Zielkonzeption erarbeitet, um die Häuser zukunfts- und krisensicher aufzustellen“, erklärten Ambrosy und Hohmann am Mittwoch unisono. Beide Standorte seien sicher.
Die Pläne seien bereits im Landessozialministerium vorgestellt worden. „Man hat uns ausdrücklich ermuntert, diese Pläne zu verfolgen und auch entsprechende Anträge zu formulieren“, sagte Ambrosy. Ob es eine Förderung vom Land Niedersachsen gibt, ist allerdings noch völlig offen. „Wir rechnen aber fest damit. 75 bis 90 Prozent sind möglich, wir wollen so viel wie möglich davon nach Friesland holen“, versicherte Ambrosy.
In den kommenden Wochen sollen die Pläne konkreter werden, einzelne Projekte sollen dann im Detail auch dem Kreistag vorgestellt werden. Dass die Friesland-Kliniken derzeit ein dickes Minus schreiben, ist kein Geheimnis. Rund zwölf Millionen Euro fehlen im laufenden Haushalt, mit zehn Millionen Euro will der Landkreis Friesland als Träger der Friesland-Kliniken unterstützen und man werde die Häuser auch weiterhin je nach Bedarf stützen, erklärte der Landrat. Allerdings werde es Zeit für eine Neustrukturierung, um zukünftig besser dazustehen.
Finanzielle Entlastung durch Gesetzesreform
Gemeinsam mit Hohmann rechnet Ambrosy schon zur Jahreswende mit einer finanziellen Entlastung durch eine Gesetzesreform. Derzeit leide die gesamte Krankenhauslandschaft unter einem „Systemversagen“. Wenn das Gesundheitswesen funktionieren solle, müsse deutlich mehr Geld fließen. „Es ist die Aufgabe des Bundes, für die Versorgung durch Krankenhäuser zu sorgen – der kommt er allerdings zurzeit nicht nach“, beklagte Ambrosy.
Mit der geplanten Neuaufstellung der Friesland-Kliniken habe man parallel zur geplanten Gesetzesreform eine „passgenaue medizinische Antwort“ erarbeitet. „Wir werden die gute Versorgung der Bevölkerung weiterführen und uns zugleich weiter entwickeln, so dass wir den zukünftigen Anforderungen gut begegnen können“, sagte Ambrosy.
Häuser sollen sich spezialisieren
Unter dem Dach der Friesland-Kliniken soll es an beiden Standorten, in Sanderbusch und in Varel, eine Grundversorgung auf hohem medizinischem Niveau geben. Darüber hinaus aber sollen sich beide Häuser jeweils in verschiedenen Zentren spezialisieren. In Varel wird dabei ein Zentrum für ambulante Operationen entstehen, ebenso ein Zentrum für Gynäkologie und Geburtshilfe, in Sanderbusch sind Zentren für Neurologie, Neurochirurgie und Geriatrie vorgesehen. Die Spezialisierung werde Kräfte bündeln. Darüber hinaus werde das Zentrum für ambulante Operationen nicht nur der medizinischen Entwicklung Rechnung tragen, sondern auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf entgegenkommen und somit eine Antwort auf den Fachkräftemangel sein, sagte Petra Hohmann.
100 der 535 Betten sollen abgebaut werden
Der Landkreis stehe zu beiden Standorten und auch beim Personal werde es keine Einschnitte geben, sagte Ambrosy. „Wir brauchen jede Kraft, egal ob bei den Ärzten, in der Pflege oder bei den vielen Aufgaben, die darüber hinaus in einem Krankenhaus anfallen.“ Gleichwohl sollen von derzeit 535 Betten insgesamt rund 100 abgebaut werden. „Unsere Nachbarländer machen es uns längst vor: Im Krankenhaus der Zukunft wird es mehr ambulante Operationen geben. Wir wissen längst, dass frühzeitige Mobilisation wichtig ist, sich langes Verweilen in der Klinik oft ungünstig auswirkt“, sagte Ambrosy.
Die Pläne, an deren Entwicklung auch die ärztlichen Direktoren beider Standorte sowie die Pflegedienstleitungen beteiligt waren, werden jetzt erst einmal im Detail ausgearbeitet, Ziel ist es, die Projektierung bis März 2024 so weit zu haben, dass Förderanträge gestellt werden können. „Wir stellen uns auf einen jahrelangen Prozess ein“, sind sich Hohmann und Ambrosy einig.