Achtung, Arzt-Witz! Sagt der Chirurg zum Patienten: "Keine Angst, ich habe das schon 100-mal gemacht – irgendwann muss es ja klappen." Leider enthält dieser Witz mehr Wahrheit, als einem lieb sein kann. Das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man bei dem Getöse um die Krankenhausreform noch verstehen will, worum es hier eigentlich geht: um uns alle. Denn wer in Deutschland in ein Krankenhaus muss, kann längst nicht sicher sein, sich dort auch in guten Händen zu befinden.

Viel zu oft nämlich führen Kliniken Behandlungen durch, für die es ihnen an Ausstattung und Erfahrung fehlt. Die Qualitätsunterschiede sind teils dramatisch. Nur sieht man das den Häusern von außen nicht an. Im deutschen Krankenhauswesen geht es zu wie an einer Losbude: Ob man eine Niete gezogen hat, weiß man erst, wenn es zu spät ist.

Das will Karl Lauterbach ändern. Deshalb streitet der Bundesgesundheitsminister derzeit mit seinen Kollegen und Kolleginnen aus den Ländern über die Frage, welche Krankenhäuser welche Eingriffe machen dürfen – und wer darüber bestimmt. Eigentlich sind das die Länder, Lauterbach aber hätte die Sache gern selbst in der Hand. Ginge es nach ihm, würde er alle der rund 1700 deutschen Krankenhäuser in bundeseinheitliche "Level" einteilen, die dementsprechend bestimmte Behandlungen anbieten dürften, für die es wiederum konkrete Vorschriften in Sachen Ausstattung und Personal gäbe.

Weil sich die Länder dagegen wehren, droht Lauterbach nun mit einer "Transparenzoffensive": Er will an bundesweit einheitlichen Leveln festhalten und künftig mit einer Art Ampelsystem öffentlich machen, welches Krankenhaus die Standards erfüllt – und welches nicht.

Der Gedanke dahinter: Egal was bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern herauskommt, am Ende sollen die Patienten – sobald sie wissen, welche Kliniken den Ansprüchen des Bundesgesundheitsministeriums genügen – mit den Füßen abstimmen. Macht ein Krankenhaus seine Sache schlecht, bleiben die Patienten weg, über kurz oder lang muss das Haus oder die Abteilung schließen. Die Reform käme dann eben von unten statt von oben.

So weit, so smart. Das Überraschende daran ist, dass ein solches System nicht längst existiert. Auf jedem deutschen Auto klebt eine gut sichtbare TÜV-Plakette, auf Müsli oder Fruchtjoghurt leuchten idiotensichere Nährstoffampeln. Nur wenn es um Leben und Tod geht, gilt hierzulande das Losbuden-Prinzip.

Dabei wären die nötigen Informationen vorhanden. Egal ob Ärzte künstliche Hüftgelenke einsetzen oder Brustkrebs operieren, sie müssen in allen Krankenhäusern Deutschlands die gleichen Formulare ausfüllen und die gleichen Fragen beantworten. Nur verstauben diese Daten meist in den Archiven von Abrechnungs- oder Qualitätssicherungsinstituten. Dabei sind viele nicht einmal geheim, das Problem ist vielmehr, dass kein normaler Mensch in der Lage ist, sie zu verstehen. Wer sich einmal den gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsbericht eines Krankenhauses angesehen hat, weiß, wovon die Rede ist. Selbst Suchportale, die diese Informationen aufbereiten, setzen oft einiges an Wissen voraus. Und nicht jeder Anbieter ist unabhängig.

Ein deutschlandweit einheitliches – und vor allem: für jeden verständliches – System, das offenlegt, ob ein Krankenhaus für bestimmte Eingriffe gewappnet ist, sollte nicht die Drohgebärde eines Gesundheitsministers sein, sondern eine Selbstverständlichkeit.