Akut insolvenzgefährdet: Laut dem Krankenhaus Rating Report 2023 - der das Jahr 2021 rückwirkend analysiert - hat sich die wirtschaftliche Lage der meisten Krankenhäuser in Bayern verschlechtert. Im bundesweiten Vergleich landet Bayern somit auf dem zweitschlechtesten Platz in der Bewertung - nur Baden-Württemberg schneidet noch schlechter ab.

Das jährliche Rating wird von dem RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) erstellt.

Krankenhäuser in Bayern: Vorletzter Platz bei bundesweitem Ranking

In dem Bericht steht ganz deutlich geschrieben: Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2021 wieder verschlechtert. Laut der jährlichen Auswertung lagen 11 Prozent der deutschen Krankenhäuser im "roten Bereich" mit erhöhter Insolvenzgefahr. Auch bei der "Ertragslage" zeichne sich ein deutliches Bild: 32 Prozent der bundesweiten Kliniken würden auf Konzernebene einen Jahresverlust schreiben.

Doch warum ist das so? Als entscheidend für die schlechtere wirtschaftliche Lage der Kliniken war der Auswertung zufolge der "Rückgang der Ausgleichszahlungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie bei einem nach wie vor geringen Leistungsniveau der Krankenhäuser." Das bedeutet, dass die Anzahl der stationären Patienten rückläufig war.

Im Jahr 2020 war der Rückgang der Patientenzahlen aufgrund der Corona-Pandemie mit 13,5 Prozent "außerordentlich stark", im Jahr 2021 lag er dann bei 0,3 Prozent. Die "stationäre Fallzahl" hat sich laut dem Report zuletzt wieder etwas erholt und nahm um etwa 0,8 Prozent zu. Doch es kommen auch noch zusätzliche Belastungen wie die allgemeine Inflation und die steigenden Energiepreise hinzu. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versprach bereits kurz nach der Wahl 2018 Finanzhilfen für defizitäre Krankenhäuser, in Form eines "Krankenhaus-Schutzschirms" - der jedoch nie realisiert wurde.

Krankenhäuser in der Krise - was tun?

Wie sieht die Prognose des Berichts für die Zukunft der deutschen Krankenhäuser aus? Der Report warnt vor einem möglichen Absinken des Leistungsniveaus durch den "wachsenden Personalmangel" und "voranschreitende(r) Ambulantisierung" - dadurch würde sich die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser dramatisch verschlechtern. "Die überwiegende Mehrzahl der Kliniken würde in diesem Szenario bereits ab 2024 einen Jahresverlust machen", heißt es in der Auswertung.

Die Bundesregierung plant bereits eine Reform, um die schwierige Lage der Krankenhäuser in Deutschland zu verbessern. Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Donnerstag (01. Juni 2023) in Berlin verkündet hat, soll nach den aktuellen Plänen die Krankenhausreform bereits Anfang des Jahres 2024 an den Start gehen. Dabei sind die aktuellen Reform-Pläne umstritten und wurden schon mehrfach kritisiert - auch von Bayern: Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hält Lauterbachs 3-Level-Idee für "höchst problematisch".

RWI-Gesundheitsexperte Boris Augurzky sieht das anders: "Die geplante große Krankenhausreform ist ein notwendiger Schritt, um das deutsche Gesundheitswesen effizienter und damit zukunftsfähig zu machen." Die Optimierung der Krankenhausstrukturen durch die Reform sieht beispielsweise eine Verringerung der Bettenzahl um etwa 28 Prozent vor – von 437.000 auf 316.000, laut dem BR. Nach der Devise: "Weniger ist mehr" - also weniger Krankenhäuser und insgesamt auch weniger Betten, diese dafür mit einer besseren technischen Ausstattung.

Der Weg vom Status quo zum Zielbild sei laut dem Report aber "mit erheblichen Veränderungen verbunden": Auch in ländlich geprägten Regionen, so heißt es, wäre es notwendig "Standorte zu größeren Einheiten" zusammenzulegen. "Damit ließe sich ein höheres Krankenhauslevel und bei optimaler Standortwahl gleichzeitig die Flächendeckung erreichen", so der Bericht.

"Defizit-Uhr" der Krankenhäuser in Bayern: Stündlich 140.000 Euro Verlust

Einen Anreiz zum Zusammenschluss mehrerer Standorte soll durch eine Umstellung des Finanzierungsmodells der Krankenhäuser erreicht werden: Statt Fallpauschalen für einzelne Operationen sollen Vorhaltepauschalen eingeführt werden, wie der BR schreibt. Gleichzeitig soll so mehr wirtschaftliche Stabilität zur Existenzsicherung der Krankenhäuser erreicht werden.

Um aufzuzeigen, wie dramatisch sich die Defizite der Kliniken derzeit aufsummieren, installierte die Krankenhausgesellschaft heute auf ihrer Homepage eine "Defizit-Uhr", die den Stand des aktuellen Defizits in Bayern anzeigt. Inzwischen steht auf der Uhr bereits über eine Milliarde Euro Verlust - dabei zählt die Uhr erst seit 2022. In einer Presseerklärung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft e.V. heißt es: "Seit 2023 kommt stündlich ein Minus von über 140.000 Euro dazu."

Das Fazit des Experten-Ratings: "Das deutsche Gesundheitswesen steht weiterhin vor großen Herausforderungen, für die es aktuell nicht gerüstet ist."