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Klinik gehört dorthin, wo die Menschen sind

Das Zentralklinikum Lohne/Vechta soll im Zentrum und in die Höhe gebaut werden – gut so.

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Das Zentralklinikum Vechta/Lohne rückt näher. Nachdem sich die Verantwortlichen im Spätsommer vergangenen Jahres nach zähem Ringen auf den Standort des jetzigen St. Marienhospitals im Stadtzentrum von Vechta geeinigt hatten, steht jetzt auch endlich fest, wie der Krankenhaus-Neubau aussehen soll.

Der Entwurf einer Architektengemeinschaft, bestehend aus dem Büro Gerlach Schneider Partner (GSP, Bremen) und Gortemaker Algra Feenstra (GAF, Rotterdam) in Kooperation mit Janßen Eberlei-Sobing (JES, Bremen) hatte sich in einem Vergabeverfahren durchgesetzt und den Zuschlag bekommen. Er geht mehr in die Höhe als in die Breite, ohne dabei erschlagend zu wirken, ist offen, lichtdurchflutet und funktional.

Wie bei jedem, das Stadtbild verändernden Großprojekt gefällt auch dieses nicht allen. Vereinzelt und zumeist noch hinter vorgehaltener Hand werden hier und dort die Notwendigkeit und die enormen Baukosten hinterfragt.

Klar ist: Jede kritische Nachfrage dazu muss erlaubt sein. Denn hier geht es um verdammt viel öffentliches Geld. Das darf nur für etwas ausgegeben werden, das sinnvoll und zwingend notwendig ist. Und nicht für etwas, das kein Mensch braucht.

Also: Wird das Zentralklinikum Vechta/Lohne benötigt? Ja. Warum? Weil es politischer Wille ist. Vorneweg nicht einmal im Kreis Vechta, sondern in Hannover und Berlin. Dort ist die Entscheidung längst gefallen, die Krankenhauslandschaft zu verkleinern und zu zentralisieren. Das muss man nicht gut finden. Aber nicht entsprechend zu agieren, wäre fahrlässig für die Gesundheitsversorgung vor Ort.

"Gesundheit ist ein Menschenrecht, freie Fahrt und viele Parkmöglichkeiten sind es ganz sicher nicht."

Normann Berg

Zu den Kosten: Sie werden aktuell auf 195 Millionen Euro beziffert. Dabei wird es aber nicht bleiben. Weitere 41 Millionen Euro würde ein zusätzlicher Betten-Trakt kosten, der sich gleichermaßen in Planung befindet. Ebenfalls noch nicht eingepreist sind Projekte zur Neuregelung der Verkehrsströme oder zur Schaffung zusätzlichen Parkraums. Da kommt einiges zusammen. Aber: Geht es auch günstiger, vielleicht auf der grünen Wiese? Wohl kaum. Bauen ist auch dort nicht umsonst und Parkplätze würden in freier Landschaft ebenfalls nicht vom Himmel fallen.

Apropos Parkplätze und grüne Wiese: Immer wieder ist in den vergangenen Tagen aus der Bevölkerung zu hören, dass es schon jetzt rund um das St. Marienhospital viel zu wenig Parkraum gebe, es mit dem Bau des Zentralklinikums zu einem Verkehrschaos kommen werde und das neue Krankenhaus daher viel eher auf besagter grüner Wiese gebaut werden solle. Okay, diese Meinung kann man haben. Muss man aber nicht. Mal ganz deutlich formuliert: Gesundheit ist ein Menschenrecht, freie Fahrt und viele Parkmöglichkeiten sind es ganz sicher nicht.

Hinzu kommt, dass wir uns mitten in einer Verkehrswende befinden. Natürlich werden auch zukünftig Rettungs- und Notdienstfahrzeuge einen direkten Zugang zur Klinik haben. Aber muss für jeden Angehörigen, jeden Mitarbeiter und jeden Patienten, der kein akuter Fall ist, wie selbstverständlich ein eigener Parkplatz fünf Meter neben dem Haupteingang zur Verfügung stehen? Nein. Neue Lösungen sind gefragt. Nachhaltig müssen sie sein, keine Schnellschüsse nach Schema F. 2033 ist der Zusammenschluss geplant. Bis dahin ist noch viel Zeit.

Auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit macht der Bau im Zentrum daher durchaus Sinn. Hier müssen nicht hektarweise Grünfläche oder Wald plattgemacht und zubetoniert werden, um sich anschließend mit einem zweifelhaften Ausgleichsflächen-Management ein vermeintlich reines Gewissen zu erkaufen. Hier wird ohnehin schon versiegelter Boden nur nach oben hin überbaut. Und: Bei der Innenstadtlösung werden viele Menschen, vor allem aus dem Kreis der Beschäftigten, auch weiterhin zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen können, wohingegen bei der Variante außerhalb der Siedlungsbereiche alle Beteiligten auf das Auto oder im günstigsten Fall den Busverkehr angewiesen wären.

Innenstadtkrankenhaus ist echter Standortvorteil

Wie auch immer: Das größte Problem wird am Ende ohnehin nicht sein, wo sich das Zentralklinikum befindet und wie das Ganze zu finanzieren ist, sondern wer dort arbeiten soll. Der Fachkräftebestand in dieser eminent wichtigen Branche ist derzeit schon ein Fall für die Intensivstation und wird sich - Stand heute - infolge mangelnder Wertschätzung und hohen Arbeitspensums bis zum geplanten Zusammenschluss noch weiter verschärfen.

Auch deswegen ist ein topmodernes, human und patientenorientiert gestaltetes Innenstadtkrankenhaus ein echter Standortvorteil. Von Menschen. Für Menschen. Und dort zu Hause, wo die Menschen sind.

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