Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 20/22 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Verlegungsabschlag - stationäre Behandlungsbedürftigkeit

Verhandlungstermin 29.06.2023 14:00 Uhr

Terminvorschau

Georg-August-Universität Göttingen ./. Techniker Krankenkasse
Die Beteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung und in diesem Zusammenhang über den Anfall eines Verlegungsabschlages.

Das klagende Universitätsklinikum behandelte einen bei der beklagten Krankenkasse versicherten Säugling vom 19. bis 20. September 2015 vollstationär. Dieser war zuvor am 7. September 2015 im Krankenhaus N geboren worden. Am Tag der Entlassung aus dem Universitätsklinikum wurde er mit der Diagnose Z76.2 (Gesundheitsüberwachung und Betreuung eines anderen gesunden Säuglings und Kindes) erneut in dieses Krankenhaus aufgenommen, wo sich seine Mutter noch in stationärer Behandlung befand. Das Universitätsklinikum rechnete für die Behandlung des Versicherten 2221,20 Euro nach Maßgabe der Fallpauschale P67C ab. Die Krankenkasse beglich die Rechnung zunächst und verrechnete Ende Dezember 2016 einen Betrag in Höhe von 1123,04 Euro mit anderen unstreitigen Forderungen des Universitätsklinikums. Sie machte geltend, es sei ein Verlegungsabschlag zu berücksichtigen.

Das Sozialgericht hat die Krankenkasse zur Zahlung des verrechneten Betrages nebst Zinsen verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Krankenkasse hat das Landessozialgericht zurückgewiesen. Zwar sei der Tatbestand einer Verlegung nach dem isolierten Wortlaut des § 1 Absatz 1 Satz 4 der Fallpauschalenvereinbarung 2015 erfüllt. Die Auslegung der Vorschrift nach dem isolierten Wortlaut reiche aber bereits deshalb nicht aus, weil hieraus nicht hervorgehe, welche Person beziehungsweise in welchem Erkrankungs-, Gesundheits- oder Behandlungsstatus dies von der Vorschrift gemeint sei. Es werde nicht geregelt, ob die verlegte Person stationär behandlungsbedürftig sein müsse oder eine Begleitperson sein könne. Die deshalb ergänzend vorzunehmende systematische Betrachtung zeige, dass sich die Regelung ausschließlich auf behandlungsbedürftige Personen beziehe. Das Landessozialgericht hat mit Einverständnis der Beteiligten durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entschieden und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Mit ihrer Revision rügt die Krankenkasse sinngemäß die Verletzung von § 1 Absatz 1 Satz 4 Fallpauschalenvereinbarung 2015.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hildesheim, S 20 KR 43/17, 08.10.2020
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, L 4 KR 456/20, 24.05.2022

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 26/23.

Terminbericht

Die Revision der beklagten Krankenkasse hatte keinen Erfolg.

Die Krankenkasse hat die Revision formwirksam eingelegt. Der für sie handelnde Syndikusrechtsanwalt konnte die Revisionsschrift wirksam über das besondere elektronische Behördenpostfach der Krankenkasse einreichen und musste hierfür nicht das für ihn persönlich eingerichtete besondere elektronische Anwaltspostfach nutzen.  

An einer Sachentscheidung war der Senat nicht dadurch gehindert, dass das Landessozialgericht über die Berufung der Krankenkasse durch den sogenannten konsentierten Einzelrichter entschieden und die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt.

Der streitige Vergütungsanspruch des klagenden Universitätsklinikums war nicht um einen Verlegungsabschlag zu kürzen. Entscheidend für den Anfall des Verlegungsabschlages ist nach § 1 Absatz 1 Satz 4 Fallpauschalenvereinbarung 2015 allein, ob eine Verlegung stattgefunden hat. Hierfür kommt es zwar nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Entlassung und/oder der nachfolgenden Aufnahme in das andere Krankenhaus tatsächlich eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hat. Erforderlich ist aber eine stationäre Aufnahme im Sinne einer organisatorischen Eingliederung als Patient in das spezifische Versorgungssystem des aufnehmenden Krankenhauses. Daran fehlt es vorliegend. Der Versicherte wurde nach der Entlassung aus dem Universitätsklinikum nicht zur eigenen stationären Behandlung in die Geburtsklinik aufgenommen, sondern er war gesund und es erfolgte lediglich eine "Gesundheitsüberwachung und Betreuung eines anderen gesunden Säuglings oder Kindes" im Krankenhaus seiner dort noch stationär behandelten Mutter.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 26/23.

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