Norden/Aurich - Buhrufe, Beschimpfungen, Gelächter – die Stimmung in der Kreistagssitzung am Mittwochnachmittag in der Auricher Stadthalle war aufgeheizt. Die Gegner der Krankenhaus-Schließung in Norden machten aus ihrer Wut und ihrem Ärger kein Geheimnis. Insbesondere Landrat Olaf Meinen, aber auch Klinikchef Dirk Balster bekamen den Zorn zu spüren. Von der Entscheidung der Mehrheit der Kreistagspolitiker, dem Erhalt des Klinik-Standorts Norden nicht zuzustimmen, waren die Bürger enttäuscht. Demonstrativ verließen sie anschließend die Sitzung.
„Das Kind wurde in den Brunnen gestoßen“
Die Fragen der Einwohner waren geprägt von Sorgen, aber auch von Unverständnis gegenüber dieser Entscheidung. Und immer wieder hörte man zwischen den Zeilen, dass die Klinikschließung von langer Hand geplant war und man das Norder Krankenhaus vorsätzlich vor der Wand gefahren hat. Ein Hager sprach es quasi aus: „Das Kind ist nicht in den Brunnen gefallen, sondern es wurde gestoßen. Und niemand hat bislang versucht, es zu retten“. „Zugesagt wurde, dass das Krankenhaus in Norden bis zur Eröffnung des Zentralklinikums erhalten bleibt. Wie können Sie glauben, dass wir Ihnen noch irgendetwas glauben?“, fragte Dr. Axel Schönian und erntete dafür Beifall aus den Reihen der Zuhörer.
Sorgen wegen Notfallversorgung
Gerade die medizinische Versorgung bei einem Notfall bereitet den Nordern und den Einwohnern der umliegenden Gemeinden Sorgen. „Wie sollen Notfälle künftig behandelt werden und wie will man die Lücke schließen, die das Norder Krankenhaus reißen wird“, wollte ein Hager wissen. Die Kapazitäten in Aurich und Emden würden ausgebaut werden, für die Versorgung der Intensivpatienten werde die Bettenzahl erhöht, erläuterte Dirk Balster, Geschäftsführer der Trägergesellschaft Klinken. Er betonte, dass es nicht um Wirtschaftlichkeit gehe, sondern um die Bündelung der Kapazitäten und die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung. „Wenn keine Ärzte drin sind, ist es auch kein Krankenhaus mehr“, so Balster. Die Entscheidung zur Umstrukturierung sei dringend erforderlich gewesen.
Auch die Bedenken des Aktionsbündnisses zum Rettungsdienst wurden zurückgewiesen: „Durch die Umwandlung der Klinik in Norden haben wir nicht mehr Notfälle. Wir retten die Notfälle da, wo sie anfallen und nicht in der Klinik“, sagte Marcel Schäfer, Leiter des Rettungsdienstes.
Immer wieder Thema waren zudem die Finanzierung der Zentralklinik und auch das enorme Defizit des Norder Krankenhauses. „Ist überhaupt mal versucht worden, Zuschüsse für Norden zu bekommen? Wittmund und Leer haben Gelder erhalten“, wollte ein Zuhörer wissen. Laut Balster habe man Sicherungszuschläge beantragt, doch diese seien abgelehnt worden. „Wir konnten die Kriterien nicht erfüllen.“
So viele Fragen offen
„Wie kann über die Krankenhaus-Schließung entschieden werden, wenn es noch so viele offene Fragen gibt?“, fragte Anke Lohmann, Sprecherin des Aktionsbündnisses. Wohin sollten Notfall-Patienten nachts, wenn das RGZ nur von 8 bis 18 Uhr geöffnet habe? „Haben Sie schon mal versucht, beim ärztlichen Bereitschaftsdienst 116 117 anzurufen? Wissen Sie, wie lange man da verbunden wird? Danke Herr Balster“, so Lohmann. Sie appellierte an das Gewissen der Kreistagsabgeordneten. Diese stimmten dennoch gegen den Antrag der Grünen-Fraktion.