Zwei Mediziner stehen über einem Menschen und operieren im Brustbereich am Herzen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Bernd Wüstneck)

Lauterbachs Krankenhausreform

Chef der Robert-Bosch-Klinik: "Es werden in nächster Zeit viele Krankenhäuser schließen"

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Die Gesundheitsministerkonferenz berät am Bodensee über die Reform der Krankenhaus-Finanzierung. Es ist ein zähes Ringen - und viele Kliniken bangen.

Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist nicht irgendeine politische Reform. Im Zweifel geht es darum, wie schnell eine Patientin oder ein Patient in die Klinik kommt und damit oft auch um Leben und Tod. Das Projekt ist ehrgeizig und viele Punkte sind noch offen - gut so, sagt Mark Dominik Alscher, er ist Medizinischer Geschäftsführer des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart.

Selbst Robert-Bosch-Krankenhaus wäre gefährdet

Dass etwas getan werden muss, ist eigentlich allen klar, nur welcher Weg der richtige ist, bleibt umstritten: "Ich muss ganz klar sagen - hätte Herr Lauterbach seine Vorstellung eins zu eins so umgesetzt, wäre das auch für unser Haus zur Katastrophe geworden", sagt Klinik-Chef Alscher. "Das ist ein Reformvorschlag gewesen, der weltfremd ist."

Qualitätssicherung durch Spezialisierung

Bundesgesundheitsminister Lauterbach stützt sich auf wissenschaftliche Untersuchungen, nach denen die medizinische Versorgung besser wird, je häufiger bestimmte Eingriffe in einer Klinik vorkommen. Andersherum leidet die Qualität, wo das Angebot zu breit wird. Das sieht auch Alscher so: "Ich mache Ihnen ein Beispiel. Der Zehnkämpfer kann alles, aber er bringt nirgends in einer Disziplin die Höchstleistung. Die Häuser umgekehrt, die nicht alles anbieten, aber sich spezialisiert haben, sind oft in der Qualität die besten."

Schließungen wird es geben

Ob mit oder ohne Reform - Klinik-Schließungen in größerem Umfang sind nicht zu vermeiden, meint Alscher. Er rechnet vor: Es gebe rund 1.700 Kliniken in Deutschland, die hauptsächlich körperliche Erkrankungen behandelten. Rund 1.100 Häuser könnten dabei in sogenannten "Gesundheitszentren" mit anderen Einrichtungen zusammengefasst werden: "Wir werden massiv - ob die Reform so kommt oder nicht - Eingriffe sehen. Wenn die Reform nicht kommt, dann kriegen wir den kalten Strukturwandel, weil wir einfach nicht mehr auskömmlich sind. Es werden in nächster Zeit viele Krankenhäuser schließen."

Reform kann auch gute Aspekte haben

Alscher appelliert: "Was wir brauchen, ist eine Reform, die tatsächlich das Thema Qualität sichert, eine Reform, die das Thema Finanzierung sichert, und Angebote formuliert für all die vielen kleinen Krankenhäuser, die tatsächlich nicht überlebensfähig sind." Der Klinik-Chef hofft, dass bei den Beratungen am Bodensee gute Ergebnisse für die Kliniken herauskommen:

"Ich kann es nur begrüßen, dass die Länderminister sich jetzt aktiv eingebracht haben."

Das Länder-Engagement habe den Gedanken der Flächenversorgung wieder in die Reformpläne eingebracht - so könne die Reform doch noch gelingen. "Dann hat die Krankenhausreform tatsächlich Elemente, die unser Leben leichter machen wird", so Alscher.

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