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Kreis hat ein 50-Millionen-Problem

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Die Abrissbagger sind schon seit Monaten am Werk. Wann auf dem alten Klinik-Areal in Bad Homburg gebaut wird, ist offen. kliem
Die Abrissbagger sind schon seit Monaten am Werk. Wann auf dem alten Klinik-Areal in Bad Homburg gebaut wird, ist offen. kliem © matthias kliem

Erlös aus dem Verkauf des Klinik-Areals fließt 2023 nicht / Neue Kredite nötig

HOCHTAUNUS - Kurz vor Weihnachten hatte Landrat Ulrich Krebs (CDU) den Haushalt für 2023 eingebracht - ein freudiges Ereignis war das nicht. Gut 10 Millionen Euro betrug das Defizit seinerzeit, das durch einen Griff in die Rücklage und eine Erhöhung von Kreis- und Schulumlage ausgeglichen werden soll. War die Lage damals schon angespannt, so ist sie jetzt dramatisch. „Im aktuellen Haushalt fehlen 50,4 Millionen Euro, die als Erlös aus dem Verkauf des alten Geländes der Hochtaunus-Kliniken in Bad Homburg veranschlagt waren“, erklärt Krebs. Ein Paukenschlag.

Das Areal war 2021 an einen Investor verkauft worden. Die Zahlung an den Kreis steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Stadt Bad Homburg bis Ende 2023 einen Bebauungsplan für das Filetgrundstück an der Urseler Straße aufstellt. Das ist bis jetzt nicht geschehen und lässt sich wohl auch im laufenden Jahr nicht mehr erledigen. „Aktuell müssen wir davon ausgehen, dass ein Bebauungsplan in diesem Jahr aus verschiedenen Gründen, die ausdrücklich nicht von der Stadt Bad Homburg zu verantworten sind, wohl nicht beschlossen werden kann“, heißt es aus dem Landratsamt.

Dass es noch keinen B-Plan und damit auch kein Baurecht gibt, hat aus Sicht der Kurstadt einen einfachen Grund: Zuvor müsse ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Investor und Stadt geschlossen werden, der unter anderem Wegebeziehungen regelt. „Wir waren durchaus willens, an dem Vertrag zu arbeiten, hatten aber nicht den Eindruck, als gäbe es die gleiche Bereitschaft auf der anderen Seite“, teilt Bad Homburgs Pressesprecher Marc Kolbe mit. Ein Vorankommen in Sachen Vertrag sei auch deshalb schwierig gewesen, weil die Gesprächspartner mehrfach bereits verhandelte Punkte neu aufgerufen hätten. Der Investor, die Bremer Zech Group SE, wollte sich zu der Angelegenheit nicht äußern, erklärte deren Sprecher Holger Römer auf Anfrage.

Während auf dem Grundstück an der Urseler Straße die alten Klinik-Gebäude inzwischen weitgehend abgerissen sind, ist die Zukunft des Grundstücks angesichts der aktuellen Probleme plötzlich wieder fraglich. Kein Vertrag, kein B-Plan, kein Geld - das ist die Lage im Sommer 2023. „Wir sind mit allen Beteiligten im Gespräch“, betont Krebs und hofft noch auf eine baldige Einigung. Allerdings will er auch nicht ausschließen, dass „gegebenenfalls sogar eine Neuausschreibung vorgenommen werden muss“. Sicher ist derzeit wohl nur, dass sich die lange herbeigesehnte Entwicklung des Bad Homburger Entrees weiter verzögert und der Kreis eine massive finanzielle Lücke schließen muss.

Erschwerend kommt hinzu, dass es weitere Ausfälle gibt. Wie der Kreis mitteilt, lässt sich der Verkauf des ehemaligen Hans-Thoma-Areals in Oberursel wohl frühestens 2026 umsetzen, und auch die Veräußerung des Abschnitts IV der Usinger Konrad-Lorenz-Schule verschiebt sich.

„Gestiegene Baukosten, über die in ganz Deutschland geklagt wird, führen bei uns dazu, dass unter anderem für die Sanierung der Sporthallendächer an der Gesamtschule am Gluckenstein, der Erich-Kästner-Schule und der Integrierten Gesamtschule Stierstadt deutlich tiefer in die Tasche gegriffen werden muss“, heißt es aus dem Landratsamt. Insgesamt sei dadurch mit Mehrkosten in Höhe von 8,5 Millionen Euro zu rechnen.

Projekte sollen nicht gestrichen werden

Geplante Projekte - allein für das Schulbauprogramm waren 83 Millionen Euro veranschlagt - sollen trotz der angespannten Haushaltslage nicht infrage gestellt werden. Die entstandene Haushaltslücke ist allerdings derart massiv, dass es mit Verschiebungen nicht getan ist. Wenn diese Möglichkeiten ausgereizt sind, bleibt immer noch ein kräftiges Minus übrig. „Der fehlende Restbetrag muss über Kredite ausgeglichen werden“, sieht der Landrat keinen anderen Ausweg.

War bislang wegen der geplanten Investitionen eine Kreditaufnahme von rund 33 Millionen Euro vorgesehen, so werden nun allein für das laufende Jahr weitere 36,5 Millionen Euro benötigt. Und auch für das kommende Jahr sieht es duster aus: „2024 werden nicht nur die bislang veranschlagten 41,5 Millionen Euro aufgenommen werden müssen, sondern auch hier muss eine Ausweitung um 17,1 Millionen Euro vorgenommen werden“, betont Krebs. Was es nicht geben soll: eine erneute Anhebung der Kreisumlage. „Die Städte und Gemeinden sind wie wir längst auch am Rande ihrer finanziellen Möglichkeiten, auch ihre Lasten steigen durch die große Politik permanent“, bekräftigt Krebs. mak/red

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