Rems-Murr-Kreis

Schreiben Rems-Murr-Kliniken Rote Zahlen, weil sie Abrechnungen verschlafen?

Chefarzt Dr. Christoph Ulmer
Krankenhaus-Leistungen sind teuer. Es wäre zu erwarten, dass Kliniken darauf aus sind, zügig abzurechnen ... © Benjamin Büttner

Jetzt erst? Eine Abrechnung der Rems-Murr-Kliniken von August 2021 bekam dieser Tage ein Schorndorfer in die Hände, der seine demente Mutter betreut, die Privatpatientin ist. „Der Betrag ist zwar nicht der Rede wert. Ich frage mich nur, wenn die Rems-Murr-Kliniken doch ständig Rote Zahlen schreiben, warum rechnen sie dann erst so spät ab?“ Die Kliniken nehmen dazu Stellung.

Krankenhäuser in Not: Auch die Rems-Murr-Kliniken

„Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Not“ hieß das Motto eines bundesweiten Protesttags der Krankenhäuser Mitte Juni. An diesem nahmen auch die Rems-Murr-Kliniken (RMK) teil. Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat Dr. Richard Sigel sowie RMK-Geschäftsführer André Mertel forderten mehr finanzielle Unterstützung im Zuge der Krankenhausreform. „Wir brauchen einen sofortigen Inflationsausgleich, der den Krankenhäusern hilft, ihre immens gestiegenen Kosten auszugleichen.“ Das betreffe nicht nur Energie, sondern auch Lebensmittel und medizinische Artikel.

„Aktuell“ seien bei den Rems-Murr-Kliniken in 2023 mehr als fünf Millionen Euro trotz Hilfsprogramm und Energiepreisbremse nicht abgedeckt. Sigel und Mertel fordern außerdem einen Ausgleich, um coronabedingte Leistungsausfälle zu kompensieren. „Für 2023 rechnen wir mit Mindererlösen von vier Millionen Euro. Für 2024 erwarten wir hohe Personalkostensteigerungen aufgrund der Tarifabschlüsse, sofern keine vollständige Refinanzierung in die Krankenhausfinanzierungsgesetze aufgenommen wird.“

Derzeit müssten Krankenhäuser einen großen Teil der Investitionen aus dem laufenden Geschäft begleichen. Im Rems-Murr-Kreis springt außerdem der Landkreis als Träger ein. Laut Sigel liege die derzeitige Investitionsfinanzierung bei Förderquoten „von 40 bis 50 Prozent“. Das beschere den Rems-Murr-Kliniken derzeit „einen Verlust von etwa 15 Millionen Euro Zins und Abschreibung, den der Kreis tragen muss“.

„Abrechnungen erfolgen später, als es von außen betrachtet logisch erscheint“

Vor diesem Hintergrund verwundert das eingangs geschilderte Erlebnis des Schorndorfers, der jetzt erst, Anfang Juli 2023, eine Rechnung für Leistungen bekam, die für seine Mutter in den Kliniken im August 2021 erbracht worden sind. Die Rechnung kam vom Dienstleister Dr. Güldener GmbH. „Und ich gehe davon aus, dass es um Leistungen ging, die für meine Mutter damals in der Notaufnahme in Schorndorf erbracht wurden. Ich glaube, es ging um Verbandsmaterial, das die Notaufnahme über eine Apotheke abrechnete. Aber warum erst so spät? Dort hat man mir gesagt, das sei leider normal. Und das liege am Personalmangel."

„Es kommt vor, dass bestimmte Arten von Leistungsabrechnungen in Kliniken, sei es bei privat versicherten Patientinnen und Patienten oder bei Wahlleistungen gesetzlich Versicherter, später erfolgt, als es von außen betrachtet logisch erscheint“, erläutert RMK-Sprecherin Christine Felsinger.

„Die Geschwindigkeit der Abrechnung hängt allerdings nicht wie vermutet mit Personalmangel zusammen. Vielmehr gibt es verschiedene Arten von Rechnungen, die wir in einer festgelegten Reihenfolge bearbeiten müssen“, so Felsinger.

An erster Stelle stehe in Kliniken dabei aufgrund des Erlösvolumens die allgemeine Krankenhausleistung, also die DRG-Rechnung der sogenannten „Fallpauschale“ (Anm. d. Red.: Diese soll nach aktueller Gesetzesvorlage des Gesundheitsministeriums zur Krankenhausreform abgeschafft und durch Vorhaltepauschalen ersetzt werden).

Bei der Fallpauschale müssten eng gesetzte Fristen eingehalten werden, sagt Christine Felsinger, „und zwar in der gesetzlichen wie in der privaten Krankenversicherung. Das bedeutet, dass diese DRG-Rechnung bei privat Versicherten oder Selbstzahlern ebenso hoch priorisiert wird wie bei gesetzlich Versicherten.“ Enge Fristen seien aufgrund von Vorgaben der Kassenärztlichen Vereinigung außerdem bei der Abrechnung ambulanter Behandlungen von gesetzlich Versicherten gesetzt. „Nur innerhalb dieser Fristen besteht ein Erstattungsanspruch.“

Weitere Arten von Abrechnungen beträfen bei privat versicherten und selbst zahlenden Patientinnen und Patienten die wahlärztlichen Leistungen und ambulante Behandlungen inklusive Notfallbehandlungen.

„Für diese Abrechnungen arbeiten wir, wie sehr viele Kliniken und niedergelassenen Ärzte, mit einem Dienstleister zusammen. In der Praxis macht diese Art der Abrechnung nur einen kleinen Teil unserer Erlöse aus, denn lediglich rund zehn Prozent aller in Deutschland Krankenversicherten sind privat versichert.“

Erlaubt sei hier ein Abrechnungszeitraum von bis zu drei Jahren, wobei in der Regel auch diese Art der Abrechnung innerhalb weniger Wochen stattfindet. „Bei der Patientin, die Sie erwähnen, scheint es sich daher um einen absoluten Einzelfall zu handeln“, sagt Felsinger.

Die gute Nachricht ganz zum Schluss

Die gute Nachricht aus wirtschaftlicher Sicht lautet: „Auf die Erlössituation einer Klinik wirkt sich die Geschwindigkeit der Leistungsabrechnung nicht aus“, sagt Christine Felsinger. „Das liegt daran, dass wir ebenso wie jedes andere Unternehmen eine sogenannte Erlösabgrenzung vornehmen, wenn sich erwartete Erlöse über bestimmte Planungszeiträume hinaus verschieben sollten. Daher hat der Zeitpunkt einer Leistungsabrechnung keinen Einfluss auf die Geschäftszahlen einer Klinik.“

Jetzt erst? Eine Abrechnung der Rems-Murr-Kliniken von August 2021 bekam dieser Tage ein Schorndorfer in die Hände, der seine demente Mutter betreut, die Privatpatientin ist. „Der Betrag ist zwar nicht der Rede wert. Ich frage mich nur, wenn die Rems-Murr-Kliniken doch ständig Rote Zahlen schreiben, warum rechnen sie dann erst so spät ab?“ Die Kliniken nehmen dazu Stellung.

Krankenhäuser in Not: Auch die Rems-Murr-Kliniken

„Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Not“ hieß das Motto