Klinikreform beschlossen :
Die Fallpauschale hat ausgedient

Von Christian Geinitz, Berlin
Lesezeit: 3 Min.
Endlich einig? Die Gesundheitsminister haben sich auf eine Krankenhausreform verständigt.
Gegen die Länder stehen sogar Grüne und FDP eng beieinander. Möglich ist ein Alleingang des Bundes bei der Qualitätsoffensive.

Bund und Länder haben sich auf gemeinsame Eckpunkte für eine Krankenhausreform geeinigt. Das gemeinsame Ziel lautet, die Qualität der Versorgung zu verbessern, zugleich aber eine Grund- oder Primärversorgung in der Fläche sicherzustellen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach von einem Durchbruch und einer Revolution im Gesundheitswesen, da die oft unwirksamen Fallpauschalen durch Vorhaltepauschalen ersetzt würden.

60 Prozent der Honorare flössen künftig dafür, dass Kliniken die Leistungen zu überprüfbarer Qualität vorhielten, nicht dafür, wie viele Patienten sie behandelten. Damit werde auch den kleinen Krankenhäusern eine Art Daseinsgarantie gegeben, zugleich stelle der Bund wie gewünscht eine einheitliche Qualität sicher.

Aus dem Eckpunktepapier soll eine Gruppe aus dem Bund, dem unionsregierten Nordrhein-Westfalen, aus Baden Württemberg (Grüne), aus Hamburg (SPD) und für die ostdeutschen Länder aus Mecklenburg-Vorpommern in der Sommerpause den Entwurf eines Gesetzes erstellen, das zum 1. Januar kommenden Jahres in Kraft treten dürfte.

Bayern stimmt dagegen

Unabhängig davon plant Lauterbach ein Bundesgesetz zur Transparenz der Kliniken, um seine alte Idee von „Leveln“ unterschiedlicher Klinikgrößen und Gütestufen zu retten. Der Entwurf dazu stehe bis Oktober im Bundesgesetzblatt, kündigte er an. Damit würden Veröffentlichungen möglich, mit denen Patienten sofort sähen, welche Kliniken welche Leistungsgruppen anböten, wie viele Fachärzte sie hätten, wie viele Operationen sie durchführten und Ähnliches.

Das „Hamsterrad“, immer mehr Fälle generieren zu müssen, um zu überleben, falle weg, sagten Lauterbach und seine Ministerkollegen aus den Ländern. Die Bürokratie sinke, die Behandlungsgüte steige, da sich sowohl große als auch kleine Häuser auf die Dinge konzentrierten könnten, die sie wirklich könnten. „Ich bin sehr zufrieden“, so Lauterbach.

Den Eckpunktebeschluss trugen 14 Gesundheitsminister mit, Bayern stimmte dagegen, Schleswig-Holstein enthielt sich. Hamburgs Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Ergebnis: „Dieses Eckpunktepapier trägt deutlich die Handschrift der Länder.“ Es sei das gemeinsame Ziel aller Beteiligten, in „Bottrop, Buxtehude und Hamburg-Barmbek bei Operationen eine gleichbleibende Qualität zu haben“. Letztlich gehe es immer um die Patienten. Es sei eine „Qualitäts- und Finanzierungsoffensive“ gelungen, die „Stress aus dem System“ nehme, so die Senatorin. Dadurch würden die künftigen Herausforderungen nach Spezialisierung und Digitalisierung besser angegangen.

„Wir setzen in Zukunft auf Qualität statt Quantität“

Wichtig ist für die Länder, wie Schlotzhauer sagte, dass die Planungshoheit für die Krankenhäuser bei ihnen verbleibe. Gut sei auch, dass die Länder bei der „Initiierung der Leistungsgruppen“ beteiligt seien. Diese Gruppen, deren Qualitätsanforderungen die Kliniken erfüllen müssen, legen fest, welche Behandlungen sie überhaupt anbieten und abrechnen dürfen. Wichtig sei auch, dass die Länder die „Definitionshoheit“ über eine Fachklinik behielten. Das Erreichte mit dem Bund sei „kein fauler Kompromiss“.

Lauterbach machte deutlich, dass bis die Umstellung der Finanzierung in einigen Jahren voll greift, Kliniken schließen könnten. Anders als von den Ländern zunächst gefordert, wird es jetzt kein Vorschaltgesetz geben, um sie in dieser Zeit am Leben zu halten. Für die Zeit danach aber würden Häuser, die sich an der Reform beteiligten, aus einem Transformationsfonds unterstützt, hieß es. Dessen Höhe und Ausgestaltung seien noch nicht klar. Bund und Länder trügen ihn gemeinsam. Für Kinderstationen seien Sonderzuschläge geplant. Lauterbach lobte, dass die Regierungsfraktionen im Bund die Reform gemeinsam trügen und auch deshalb zu der Einigung beigetragen hätten.

Tatsächlich hatten sich auch die sonst oft gegeneinander agierenden Fraktionen von FDP und Grünen ostentativ hinter Lauterbach (SPD) gestellt. Ohne die nötigen Veränderungen befänden sich viele Krankenhäuser in einer Notlage, sodass die Versorgung von Patienten nicht mehr gewährleistet wäre, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, der F.A.Z. „Wir setzen in Zukunft auf Qualität statt Quantität. Deswegen führen wir transparente Qualitätskriterien ein“, so die gesundheitspolitische Sprecherin. „Durch das Bündeln von Personal an gut ausgestatteten und spezialisierten Kliniken profitieren Patienten ganz klar von einer höheren Behandlungsqualität.“

Der Bund sei den Ländern in vielen Punkten entgegengekommen, bei der Versorgungsqualität und der Transparenz werde man aber keine Abstriche machen. Armin Grau von den Grünen ergänzte: „Mit der heutigen Einigung von Bund und Ländern ist ein wichtiger Meilenstein der Krankenhausreform geschafft. Die beschlossenen Eckpunkte bilden nun ein gemeinsames Grundverständnis für den Reformziele, und die gesetzgeberische Arbeit kann beginnen.“