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Hessen: Kliniken hängen am Tropf

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Die stationäre Patientenversorgung ist ein Minusgeschäft. Manche Häuser könnten die Reform nicht mehr erleben.

Der Neubau des Klinikum Höchst wurde 2023 eröffnet.
Der Neubau des Klinikum Höchst wurde 2023 eröffnet. © Michael Schick

Der Durchbruch bei der Klinikreform ist gelungen. Doch für manche Häuser wird sie zu spät kommen, befürchtet Achim Neyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen. Die große Mehrheit der Kliniken kämpfe mit erheblichen Defizit in zweistelliger Millionenhöhe – manche seien insolvenzgefährdet. „Einige – auch notwendige Krankenhäuser – werden die Krankenhausreform gar nicht mehr erleben“, warnt Neyer am Dienstag.

Rettungspakete geschnürt

Für die Klinken in öffentlicher Trägerschaft sind die ersten Rettungspakete in Arbeit: Die Stadt Frankfurt hat letzte Woche eine Unterstützung in Höhe von 47 Millionen Euro für das Klinikum Höchst beschlossen. Der Main-Kinzig-Kreis wird 30 Millionen Euro zubuttern. Die Stadt Hanau bis zu 13 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um die Liquidität ihres Krankenhauses zu sichern. Drei Beispiele von vielen.

Rettungspakete geschnürt

Verantwortlich für die finanzielle Schieflage macht der Klinikverbund die nicht auskömmliche Krankenhausfinanzierung. Die steht auf zwei Säulen: Bundesländer kommen für die Investitionen auf, der Bund regelt die Behandlungsvergütungen. Beides reicht hinten und vorne nicht: „Anstatt Einnahmen zu erzielen, um die Kosten zu decken, müssen die Krankenhäuser für die behandelten Patientinnen und Patienten drauflegen, was auf Dauer nicht möglich ist“, konstatiert der Vize-Vorsitzende des Klinikverbunds, der die 50 Häuser in öffentlicher Trägerschaft vertritt.

Finanzielle Schieflage

Für dieses Jahr erwarten 85 Prozent der Kliniken in öffentlicher Trägerschaft ein Defizit. Ihre Liquiditätslage stufen derzeit 64 Prozent als kritisch oder dramatisch ein, für 2024 sogar 72 Prozent, so ein weiteres Ergebnis einer Umfrage des Klinikverbunds.

In öffentlicher Trägerschaft befinden sich ein Drittel der rund 150 Krankenhäuser in Hessen. Ein Drittel in privater, ein Drittel ist freigemeinnützig.

Rund 700 000 Menschen versorgen die öffentlichen Krankenhäuser Häuser pro Jahr. Das sind mehr als die Hälfte aller hessischen stationären Fälle. jur

Gemischte Gefühle

Die am Montag beschlossenen Eckpunkte zur Krankenhausreform bewertet Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds, Clemens Maurer, „mit gemischten Gefühlen“. Grundsätzlich sei es gut, dass sich die Gesundheitsminister:innen von Bund und Ländern geeinigt hätten. „Angesichts des zunehmenden Personalmangels vor allem bei ärztlichen und pflegerischen Berufen ist ein ,Weiter so!‘ nicht möglich.“ Allerdings sei es fraglich, ob die festgelegten Schritte die gewünschte steuernde Wirkung entfalten „und überhaupt rechtzeitig greifen“.

Rettungspakete geschnürt

Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) kommentiert die Einigung erleichtert: „Dass sie gelungen ist zeigt, dass Bund und Länder um ihre Verantwortung und die Notwendigkeit der Reform wissen, um unsere qualitativ hochwertige stationäre Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten“, sagt Klose der Frankfurter Rundschau auf Anfrage. „Wir wollten den Erfolg und es ist eine gute Nachricht für alle Bürger:innen, dass sie jetzt kommt.“

Rettungspakete geschnürt

Für die Leiterin des Verbands der hessischen Ersatzkassen, Claudia Ackermann, sind die geplanten Leistungsgruppen auf Basis bundeseinheitlicher Qualitätsstandards ein großer Fortschritt. „Dies wird der Versorgungsqualität zugutekommen und darf deshalb nicht durch weitreichende Ausnahmeregelungen für die Länder verwässert werden.“ Zugleich fordert sie die Bundesländer auf, endlich ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Investitionskostenfinanzierung vollständig nachzukommen. Auch Hessen habe dies in der Vergangenheit nur unzureichend getan. „Das hat maßgeblich zur aktuell schwierigen Finanzsituation vieler auch bedarfsnotwendiger Krankenhäuser beigetragen.“

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