Lenggries: Zwangsgeschlossene Klinik in Bayern war ausgezeichnet

In Oberbayern spielt sich ein Klinikskandal ab: Eine geriatrische Einrichtung in Lenggries wird zwangsgeschlossen. Dabei hatte der "Stern" sie noch kürzlich empfohlen.

Die Vorwürfe gegen die wegen "gravierender Mängel" zum Schließen gezwungenen Klinik in Lenggries werden immer lauter. Auch das Rechercheinstitut "Minq" aus München sieht sich getäuscht. Dieses hatte vor einigen Monaten eine Empfehlung für die geriatrische Einrichtung rund eine Stunde südlich von München ausgesprochen. Das Prädikat war auch am Mittwoch noch auf der Website der Klinik zu sehen.

Demnach ist sie eine der vom Nachrichtenmagazin "Stern" ausgezeichneten Rehakliniken für die Jahre 2023 und 2024, das Prädikat gilt bis kommenden Juni. Wie "Minq"-Redakteur Alois Strasser auf Nachfrage von t-online erklärt, recherchiert das Institut das Qualitätsprädikat für Rehakliniken in ganz Deutschland, deren Bewertungen dann vom "Stern" veröffentlicht werden.

So kam es zur Auszeichnung für die mangelhafte Klinik in Lenggries

"Wir sind selbst überrascht", sagt Strasser. Die Empfehlungen berufen sich auf Berichte von Krankenkassen, Ärzten und Sozialdiensten, Ortsbesuche führe man nicht durch. Die eingeholten Ergebnisse seien "alle positiv" gewesen. Die Mängel habe man offensichtlich lange Zeit "gut vertuscht", sagt Strasser. Auch redaktionsintern werde man das Thema nachbesprechen. Auch wenn ein Problem wie in Lenggries bei der Bewertung von Einrichtungen noch nie aufgetreten sei, werde man den Fall untersuchen und sich hinterfragen.

Am Montag war bekannt geworden, dass die Einrichtung, in der bereits Wochen zuvor ermittelt worden war, vom zuständigen Landratsamt geschlossen wird. Nachdem wiederholt pflegerische Mängel, Unstimmigkeiten in Dienstplänen und falsche Insulingaben festgestellt worden seien, sei dem Betreiber die erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen worden: "Die Erlaubnis zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt wurde widerrufen", teilte eine Sprecherin der Behörde in Bad Tölz am Montag mit und bestätigte damit einen Bericht des "Münchner Merkur".

Wie es in der Geriatrie in Lenggries weitergeht

Geschlossen wird die Einrichtung am 31. August, zuvor dürfen keine Patienten mehr aufgenommen werden. Laut "Münchner Merkur" bietet die Einrichtung Platz für 60 Patienten und beschäftigt 70 Mitarbeiter. Diesen solle vorerst nicht gekündigt werden, auch wenn die Klinik dem Bericht zufolge keinen Alternativplan benennt. Auch die Gewerkschaft Verdi teilt auf Anfrage von t-online mit, dass sie im Kampf für die Interessen der Beschäftigten und deren Arbeitsplätze noch konkretere Informationen abwarten wolle.

Und welche Folgen hat die Schließung für Lenggries? "Natürlich ist eine geriatrische Rehabilitation wichtig für die medizinische Versorgung unserer Region, aber der laufende Betrieb aufgrund der festgestellten Mängel durfte aus Sicht des Landratsamt keinesfalls weitergehen", teilt das Landratsamt in Bad Tölz auf Anfrage von t-online mit.

"Geltende Vorschriften, medizinische und pflegerische Qualitätsstandard müssen eingehalten werden, das war nicht der Fall. Was nun weiter hinsichtlich der Versorgungsstruktur oder auch des Standortes selbst passiert, kann zum heutigen Tag nicht vorhergesagt werden." Die Lenggrieser Klinik äußerte sich auf Anfrage von t-online bislang nicht zu den Vorwürfen.