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Landrat Görig über Krankenhaus-Neubau in Alsfeld / Weitere 8 Millionen Förderung„Kein üppiges, sondern ein zweckentsprechendes Krankenhaus“

ExklusivALSFELD – Seit Jahrzehnten arbeitet das Kreiskrankenhaus in Alsfeld defizitär. Nun ist ein kompletter Neubau geplant – direkt neben dem alten – der 2028 in Betrieb gehen soll. Ein kühner Plan. Da ist aber auch das neue Krankenhausgesetz, in dem einerseits kleine Kliniken gestärkt, aber auch Gesundheitszentren geschafft werden sollen, die das Gegenteil bewirken könnten. Gefahr oder Chance für das Alsfelder Krankenhaus? Landrat Manfred Görig beantwortet die wichtigsten Fragen dazu.

Frage: Nach Jahrzehnten des defizitären Betriebs wagt der Vogelsbergkreis mit dem Neubau eines Kreiskrankenhauses in Alsfeld einen großen Schritt. Soll das der große Wurf sein, der dieses Krankenhaus aus dem roten Bereich befördern wird?

Görig: Der Neubau des Kreiskrankenhauses Alsfeld wird in außerordentlichem Maße dazu beitragen, die stationäre Grund- und Regelversorgung im Vogelsbergkreis sicherzustellen. Wir bauen ein modernes Krankenhaus, welches mit ca. 130 Betten den Plänen der erwartbaren Krankenhausreform entspricht, den Entwicklungen der Ambulantisierung Rechnung trägt und gleichzeitig den Status als notfallversorgendes Akutkrankenhaus fortführt. Die Realisierung einer kompakten Bauform sowie modernster energetischer Infrastruktur erlauben die Betriebskosten im Bereich Logistik, Reinigung, Energie und Unterhaltung zurückzufahren und darüber hinaus durch die Anpassung der ambulanten Infrastruktur den Vorgaben der Ambulantisierung gerecht zu werden. Dies ermöglicht uns, auch kostenseitig auf eine sich verändernde Ertragssituation zu reagieren. Alle diese Punkte werden helfen das neue KKH des Vogelsbergkreises wirtschaftlicher zu führen.

Land gibt 13 Millionen Euro dazu

Sie sprechen von 85 Millionen, die das Gebäude kosten soll und sagen, der Betrag sei gesichert. Inwiefern ist der Betrag bereits jetzt gesichert? Gibt es bereits mehr als den Grundsatzbeschluss des Kreistags zum Neubau?

Ja, die Finanzierung steht. Einen großen Teil zahlen der Landkreis und das Kreiskrankenhaus selbst. Bisher fest zugesagt sind uns 13 Millionen Euro aus dem Kommunalen Investitionsprogramm des Landes. Der Kreistag hat im Januar 2021 mit großer Mehrheit den Neubau des Kreiskrankenhauses beschlossen. Wir befinden uns in der Umsetzungsphase dieses Beschlusses.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat seit dem Grundsatzbeschluss zum Neubau ein neues Gesetz zur Krankenhaus-Finanzierung auf den Weg gebracht, dass mit einer Abkehr von den bisherigen Fallpauschalen zwar einerseits kleine Krankenhäuser stärken soll, aber gleichzeitig mit der Vorgabe einer Qualitätsoffensive die großen Kliniken gegenüber kleinen fördert. Es ist konkret von gewisser Zentralisierung die Rede. Wie sehen Sie diese Vorgaben: Sind sie eine Gefahr oder ein Vorteil für den Standort Alsfeld?

Neues Krankenhausgesetz als eine Chance

Zunächst einmal ist hervorzuheben, dass der „Sicherstellungsauftrag“ des Kreiskrankenhauses des Vogelsbergkreises in Alsfeld die Notwendigkeit des Hauses für die flächendeckende Versorgung der Menschen zweifellos bestätigt und unser Haus damit basisversorgungsrelevant ist.  Die Reform und die damit verbundene Neuausrichtung des Kreiskrankenhauses in Alsfeld stellt deshalb aus unserer Sicht eine große Chance dar, welche wir wahrnehmen werden. Insbesondere der Zeitpunkt für eine Neuausrichtung und Umstrukturierung im Sinne einer Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung ist aus unserer Sicht als außerordentlich positiv einzustufen.

Dass die Reform zukünftig eine angemessene und leistungsunabhängige Vorhaltefinanzierung vorsehen soll, ist ein weiterer Vorteil für den zukünftigen Betrieb unseres neuen Hauses. Die Qualitätsanforderungen für die Leistungen die wir heute und auch schwerpunktmäßig in der Zukunft erbringen, werden auch heute schon mit hoher Qualität durchgeführt und fortlaufend überprüft.

Notfallversorgung an 365 Tagen im Jahr

Gibt es vielleicht Ansätze, das neue Krankenhaus entsprechend dem neuen Gesetz auszustatten, etwa zu spezialisieren? Oder bleibt es bei der medizinischen Grundversorgung für die Region Vogelsberg und Schwalm?

Nachdem im Dezember 2022 die neuen Vorgaben für das ambulante Operieren im Krankenhaus veröffentlicht und anschließend in Kraft getreten sind, werden unsere Strukturen in den Schnittstellen stationärer zur ambulanter Versorgung auf diese signifikanten Entwicklungen hin ausgerichtet. Wir bleiben ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung, dass an der Notfallversorgung teilnimmt und das den Patientinnen und Patienten des Vogelsbergkreises u.a. mit operativen, mit radiologischen und mit intensivmedizinischen Leistungen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung steht. Schwerpunkte werden auch zukünftig im Bereich der Geriatrischen und Altersmedizinischen Versorgung, in der Inneren Medizin, der Allgemein Chirurgie und Orthopädie/Unfallchirurgie liegen, um den Menschen im Vogelsbergkreis nach einem Krankenhausaufenthalt ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Wie konkret sind die Vorstellungen für das neue Krankenhaus zurzeit?

Wir sind mit einer klaren Planungsaufgabe, nämlich „Neubau eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung mit anerkannter Notfallversorgung und einer 24/7-Versorgungsfähigkeit“, in das Vergabeverfahren gegangen, an dem sich elf renommierte Büros beteiligt haben. Entwickelt ist die Projektidee, jetzt – nach Beauftragung des Generalplaners – geht es in die einzelnen Leistungsphasen. Das bedeutet: Wir konkretisieren unsere Entwurfsplanung hin zu einer Ausführungsplanung, um dann den Bauantrag stellen zu können.

Baubeginn soll 2025 sein

Wie realistisch sind die zeitlichen Vorgaben? Bis 2028 sind es nur wenige Jahre, in denen die aufwendige Bauleitplanung und ein üppiger Bau geschehen sollen. Bei Projekten dieser Größenordnung sind fünf Jahre eigentlich nur ein Wimpernschlag. Wird das klappen?

Die zeitlichen Planungen sind realistisch. Diese sind im Übrigen nicht Vorgaben der Geschäftsführung oder des Eigentümers, sondern ergeben sich aus den planerischen Überlegungen und fachlichen Prüfungen des mandatierten Generalplaners. Wir bauen kein üppiges, sondern ein zweckentsprechendes Krankenhaus. Nach Abschluss des im September 2022 begonnenen Vergabeverfahrens und nach dem aktuellen Zuschlag an den Generalplaner sieht der Bauzeitenplan vor, Mitte 2024 den Bauantrag zu stellen, sodass im Anschluss daran sukzessive bis Ende 2025 die Beauftragung aller Gewerke erfolgen wird. Die reine Bauzeit von Ende 2025 bis Anfang 2028 wird mithin ca. 2,5 Jahre betragen, sodass die Inbetriebnahme und der Umzug nach baulicher Fertigstellung Anfang 2028 bis Mitte 2028 erfolgen wird.

Standortsicherung für Jahrzehnte: Landrat Manfred Görig über die Neubaupläne für das Krankenhaus in Alsfeld. Foto: Archiv/aep

Sollte nun doch noch einmal ein möglicher Partner kommen – aus der Rhön, Bad Hersfeld oder Lauterbach – vielleicht um selbst in schwierigen Zeiten eine Stütze zu finden – wird der Vogelsbergkreis dann für Gespräche offen sein? Oder ist das Thema mit dem Neubau endgültig vorbei?

Wir arbeiten schon seit Jahren mit verschiedenen Häusern zusammen. Die gemeinsame Ausbildung unserer Pflegekräfte bildet zum Beispiel die Schnittstelle zum Eichhof-Krankenhaus, über das Krankenhaus in Schwalmstadt beziehen wir unsere Medikamente, wir sind akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität in Marburg und in unserem Versorgungsgebiet kooperieren wir mit den Kliniken in Fulda und Bad Hersfeld.

Wir werden auch in Zukunft Schwerpunkte setzen in der Zusammenarbeit mit anderen. Bei aller Konkurrenz geht es immer um die bestmögliche Versorgung der Patienten, und deshalb kann es durchaus weitere Kooperationen beziehungsweise Partnerschaften geben.

von Axel Pries

Weitere acht Millionen vom Land

Gute Nachricht aus Wiesbaden meldet der Vogelsbergkreis nach dem Gespräch: Der Vogelsbergkreis bekommt weitere 8 Millionen Euro aus dem Kommunalinvestitionsprogramm des Landes für den Neubau des Kreiskrankenhauses in Alsfeld. „Das hilft uns einen guten Schritt weiter“, freut sich Landrat Manfred Görig, „das ist eine weitere gute Nachricht für den Neubau des Krankenhauses.“
„Wir brauchen den Neubau in Alsfeld, um die gesundheitliche Versorgung in der Region für die nächsten Jahrzehnte zu sichern“, macht der Landrat noch einmal deutlich. „Umso erfreulicher ist es nun, dass uns das Land eine weitere Finanzspritze zukommen lässt.“ Neben den bereits zugesagten 13 Millionen Euro aus dem Kommunalinvestitionsprogramm gibt es nun weitere 8 Millionen Darlehensfördermittel.
„Unsere intensiven Bemühungen und die guten Kontakte unseres Koalitionspartners, namentlich des Ersten Kreisbeigeordneten Dr. Jens Mischak und des Landtagsabgeordneten Michael Ruhl, nach Wiesbaden und insbesondere ins Finanzministerium haben zum Erfolg geführt“, unterstreicht Görig.
Vertreter des hessischen Finanzministeriums und des hessischen Sozialministeriums hatten bereits in der Vergangenheit in Gesprächen mit der Kreisspitze signalisiert, sich für eine weitere Förderung einzusetzen. Ins Auge gefasst wurden dabei das mit dem Doppelhaushalt 2023/24 aufgelegte Landessonderinvestitionsprogramm für Strukturveränderungen im Krankenhausbereich und das Landesprogramm zur Darlehenstilgung.

Aber: „Ein Förderaufruf zu diesen beiden Förderprogrammen ist nach wie vor nicht möglich. Hintergrund ist die geplante Krankenhausreform auf Bundesebene“, heißt es aus dem Sozialministerium. Und weiter: Das Sozialministerium und das Finanzministerium „wollen dennoch so schnell wie möglich eine weitere finanzielle Unterstützung für den Neubau des Kreiskrankenhauses des Vogelsbergkreises in Alsfeld ermöglichen und hierfür frei gewordene Darlehensfördermittel in Höhe von 8 Millionen Euro aus dem Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) als zusätzlichen Finanzierungsbaustein bereitstellen“. Das Darlehen wird zu zwei Drittel vom Land getilgt und das Land trägt für die ersten zehn Jahre der 30-jährigen Laufzeit auch die Zinsen. Für weitere zehn Jahre werden Zinsdiensthilfen von bis zu zwei Prozentpunkte gewährt.
Nach dem positiven Entscheid aus Wiesbaden hofft Landrat Manfred Görig nun, auch bei dem Landessonderprogramm zum Zug zu kommen. „Sobald ein Förderaufruf stattfindet und wir alle Eckdaten kennen, werden wir Mittel aus dem Investitionsprogramm beantragen“, kündigt er an.

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