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Personalabbau: Krankenhaus lockt mit Abfindungen

Sigmaringen / Lesedauer: 4 min

Der Sozial- und Sanierungsplan steht. Unterdessen wird die Unruhe in der Belegschaft immer größer. Eine bekannte Ärztin hat selbst gekündigt.
Veröffentlicht:25.11.2023, 17:00

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Der angekündigte Personalabbau im Sigmaringer Krankenhaus wird konkreter. Nach Abschluss der Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung sind die Mitarbeiter in der vergangenen Woche über die Eckpunkte des Sozial- und Sanierungsplans informiert worden.

Bevor die Kündigungen ausgesprochen werden, haben Mitarbeiter die Möglichkeit, über ein Freiwilligenprogramm ihre Arbeitsverhältnisse aufzulösen. Aktuell laufen die Fristen, in denen sich die Mitarbeiter entscheiden müssen. Nach unseren Informationen sollen die Kündigungen zum Jahreswechsel ausgesprochen werden.

Vor einem Monat wurden die Mitarbeiter darüber informiert, dass bis zu 130 Mitarbeitern gekündigt werden soll. Klinik-Geschäftsführer Jan-Ove Faust begründet den Wegfall von rund zehn Prozent der Stellen mit sinkenden Patientenzahlen und steigenden Verlusten. Für das aktuelle Geschäftsjahr rechnet die Geschäftsführung damit, dass den Kliniken 14 Millionen Euro fehlen werden.

Drei Manager sollen Klinik sanieren

Von der Unternehmensleitung wurde ein dreiköpfiges Sanierungsteam eingesetzt: Personalleiterin Renate Trell, der Berater David Assmann und Christine Neu von der SRH-Holding. Der Stellenabbau soll in erster Linie die Servicekräfte, Sekretärinnen und Mitarbeiter im technischen Bereich betreffen. In der Belegschaft gibt es die Befürchtung, dass durch den Wegfall der Servicemitarbeiter die Belastung für die Pflegekräfte zunimmt.

Sie geht mit der Brechstange ran und versucht, schnellstmöglich Entscheidungen herbeizuführen.

Benjamin Andelfinger

Unsere Fragen, wer statt der Servicekräfte künftig das Essen ausliefert, den Bettentransport von der Station in die Operationssäle übernimmt oder Medikamente und andere Waren auffüllt, blieben von der Klinikleitung unbeantwortet.

Eingeleitet wird der Personalabbau durch ein Freiwilligenprogramm. Nach Angaben der SRH-Kliniken könne derzeit nicht abgeschätzt werden, wie viele Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheiden wollen. Pressesprecherin Barbara Koch spricht von „sehr attraktiven Angeboten“, die den Mitarbeitern gemacht worden seien. Der Betriebsrat des Krankenhauses möchte sich nicht zum aktuellen Stand des Verfahrens äußern.

Langjährige Mitarbeiter sollen freiwillig gehen

Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist ein Anreizsystem notwendig, da einer Vielzahl von Mitarbeitern durch ihre langjährige Betriebszugehörigkeit nicht gekündigt werden könne. Zweiter Auslöser für das Freiwilligenprogramm ist nach Angaben der Gewerkschaft der im Jahr 2016 nach dem Einstieg der Stiftung Rehabilitation Heidelberg (SRH) geschlossene Übergangstarifvertrag, der Kündigungen bis zum Jahr 2026 ausschließe.

Gewerkschaftssekretär Benjamin Andelfinger kritisiert das Tempo, das die Geschäftsleitung vorgibt. „Sie geht mit der Brechstange ran und versucht, schnellstmöglich Entscheidungen herbeizuführen.“

Nach Ablauf des Freiwilligenprogramms greife im zweiten Schritt der Sozialplan, der nach Gewerkschaftsangaben ebenfalls Abfindungen für die Mitarbeiter vorsehe, allerdings in geringerer Höhe.

Tragende Säulen der Belegschaft gehen

Nach Informationen unserer Zeitung verlassen das Krankenhaus Mitarbeiter, die als Stützen angesehen werden. In der Abteilung Urologie sollen Oberärzte gekündigt haben oder ihre Kündigung beabsichtigen, was die Pressesprecherin allerdings nicht bestätigt.

Schon länger bekannt ist der Weggang der onkologischen Oberärztin Gabriele Käfer. Sie habe ihre Unzufriedenheit gegenüber der Klinikleitung vor geraumer Zeit angekündigt und nun ihre Kündigung vollzogen. Kliniksprecherin Barbara Koch bedauert den Weggang Käfers, will sich aber zu den Gründen nicht äußern.

Früherer Arzt äußert sich

Ein früherer leitender Arzt des Klinikums sagt über den Weggang Käfers: „Sie ist eine hochkompetente Kollegin und wurde von ihrem Job aufgefressen, weshalb sie jetzt erstmal Pause macht.“ Patienten bedauern dies, weil sie ansonsten der Krebsspezialistin gefolgt wären und sich an ihrem neuen Arbeitsort in Behandlung begeben hätten. Ein Patient, der anonym bleiben möchte, sagt: „Ich bin richtig traurig, dass Frau Käfer geht und weiß nicht, was ich jetzt machen soll.“

Demonstrationszug geplant

Die Gewerkschaft plant unterdessen in der kommenden Woche einen Demonstrationszug vom Krankenhaus zum Landratsamt oder in die Sigmaringer Innenstadt. Von einer Befragung ihrer Mitglieder macht die Gewerkschaft abhängig, ob die Aktion stattfindet. „Immer mehr Mitarbeiter kommen auf uns wegen einer Beratung zu“, sagt Gewerkschaftssekretär Andelfinger. Die Sigmaringer SRH-Klinik bezeichnet er in Bezug auf die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder als eines der gut organisierten Häuser.