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Millionen-Defizit der Märkischen Kliniken befeuert Träger-Debatte - Stadtklinik in Gefahr

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Nur ein Zuschuss in Millionenhöhe sichert den Betrieb der Märkischen Kliniken für 2024. Nun wird über den Ausstieg des Kreises als Träger debattiert.

Lüdenscheid – Der Betrieb der Märkischen Kliniken mit Standorten in Lüdenscheid und Werdohl wird für den Märkischen Kreis zum teuren Zuschussgeschäft. Nun soll der Kreistag am Donnerstag grünes Licht für eine weitere Finanzspritze geben – mit Geld, das eigentlich für die Verkehrswende vorgesehen ist. Nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand wird in der Politik daher die Trägerschaft des Märkischen Kreises in Frage gestellt. Die Vorschläge dazu gehen allerdings auseinander.

Um die Defizite aufzufangen und damit den Fortbestand der Märkischen Kliniken auch im kommenden Jahr zu sichern, muss der Märkische Kreis noch einmal 13,3 Millionen Euro fürs kreiseigene Klinikum bereitstellen. Das Geld dafür stammt aus dem Vermögen der Märkischen Kommunalen Wirtschafts-GmbH (MKG). Bereits im Frühjahr dieses Jahres hatte der Kreis Mittel in Millionenhöhe locker gemacht, weil sich ein Defizit für 2024 andeutete. Der nun vorgelegte Wirtschaftsplan der Märkischen Kliniken für 2024 weist aber weitere Kostensteigerungen aus – nach Informationen unserer Zeitung unter anderem für Personal und Energie, aber auch für Leistungen, die die Krankenkassen nicht angemessen vergüten. Insgesamt 17,5 Millionen Euro fehlen demnach im kommenden Jahr; für 2023 steht voraussichtlich ein Minus von 11,3 Millionen Euro in den Büchern. In 2022 lag das Defizit auch schon bei 4,9 Millionen Euro.

Allein für 2023 und 2024 plant die MKG daher Auszahlungen in Höhe von 27,5 Millionen Euro an die Märkischen Kliniken, um deren Liquidität zu sichern. Dabei handelt es sich um Geld, das eigentlich für die Umstellung der Flotte der Märkischen Verkehrsgesellschaft (MVG) auf Elektrobusse und die Verbesserung des ÖPNV vorgesehen war. In Verbindung mit einer Verpflichtungserklärung für Brandschutz und Sanierung des Klinikums Lüdenscheid in Höhe von 150 Millionen Euro bis zum Jahr 2032, die über die Kreisumlage finanziert wird (wir berichteten), wachsen in der Politik Unbehagen und die Sorge, dass die Märkischen Kliniken für den Kreis und die kreisangehörigen Kommunen finanziell ein „Fass ohne Boden“ werden.

Erste Stimmen fordern daher die Prüfung, ob und wie der Märkische Kreis die Trägerschaft für die Tochtergesellschaft loswerden könnte. Bemerkenswert dabei: Diese Stimmen kommen nicht von Hinterbänklern, sondern von Vertretern der Kreistagskoalition aus SPD und CDU, die die Geschicke des Märkischen Kreises politisch lenken.

So regte der neue SPD-Unterbezirksvorsitzende Fabian Ferber (Lüdenscheid) für seine Fraktion an, die Trägerschaft der Märkischen Kliniken mit der Landesregierung offensiv zu diskutieren. Er könne nachvollziehen, dass man sich in jeder Stadt und Gemeinde des Kreises frage, warum man das Risiko für ein Haus der Maximalversorgung trage. Schließlich würden „in Hellersen Kliniken betrieben, die weit über die Kreisgrenzen hinweg die medizinische Versorgung sicherstellen“. Seine Schlussfolgerung: Das Klinikum – größtes Haus in Südwestfalen – müsse in Düsseldorf als regionaler Anbieter der Daseinsvorsorge verstanden werden. Land NRW oder der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) wären demnach geeignete Träger.

Das Klinikum ist einziges Krankenhaus der Maximalversorgung im Kreis. Für 2024 erwartet der Betreiber ein Defizit von 17,5 Millionen Euro.
Das Klinikum ist einziges Krankenhaus der Maximalversorgung im Kreis. Für 2024 erwartet der Betreiber ein Defizit von 17,5 Millionen Euro. © Nougrigat

Auch innerhalb der CDU-Kreistagsfraktion sprechen Politiker aus dem Nordkreis angesichts des hohen Zuschussbedarfs und knapper Kassen in den Städten offen über den Ausstieg des Märkischen Kreises aus der Trägerschaft der Märkischen Kliniken. Dabei verweisen sie unter anderem darauf, dass Bürger aus Menden, Iserlohn und Hemer die Angebote des Klinikums nicht nutzen. Die Märkischen Kliniken ganz oder teilweise zu privatisieren ist für einige kein Tabu mehr. Andere in der Fraktion sind skeptisch. Bei einem Verkauf an einen privaten Investor müsste der Märkische Kreis für Pensionsverpflichtungen eine geschätzt dreistellige Millionensumme an die Versorgungskassen zahlen. Zudem steht der Koalitionsvertrag von 2020 einer Privatisierung des Klinikums im Wege, denn SPD und CDU schlossen dies darin kategorisch aus. Der Vertrag gilt bis 2025. Ungeachtet dessen nimmt die Diskussion an Fahrt auf. Aus der Fraktion heißt es, die Meinungsbildung sei noch nicht abgeschlossen. Klar sei aber auch: „Es muss eine Lösung her.“

Diskutiert wird in Bürgermeister-Kreisen auch schon über eine differenzierte Kreisumlage fürs Klinikum. Sie würde nur von Städten gezahlt, deren Bevölkerung das Klinikum in Anspruch nimmt. CDU-Kreistagsmitglied Ralf Schwarzkopf ist ob solcher Ideen entsetzt: „Das wäre der Rückzug aus der Solidargemeinschaft. Wenn man beim Klinikum anfängt, wo soll denn das enden?“

Unabhängig von der politischen Debatte arbeiten Träger und Märkische Kliniken aber schon länger an Neustrukturierung und Einsparvorschlägen. So ließ der Märkische Kreis die Zukunftsaussichten des Klinikums gutachterlich untersuchen – mit dem Ergebnis, dass der Fortbestand nur als Haus der Maximalversorgung sinnvoll darstellbar ist. Eine Reduzierung des Angebots in Hellersen könne durch die umliegenden verbliebenen Krankenhäuser nicht aufgefangen werden, sodass die Daseinsvorsorge in Gefahr wäre.

Veränderungen deuten sich aber am Standort Werdohl an, wo noch rund 200 Beschäftigte arbeiten. Aus der Stadtklinik soll mittelfristig ein Versorgungszentrum für Ältere werden, verbunden mit der Stärkung der dort ansässigen Geriatrie. Andere Aufgaben sollen hingegen wegfallen. Mit dem Ergebnis, dass die Stadtklinik dann kein Krankenhaus mehr ist, wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt.

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