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Kreis pumpt weitere 16 Millionen in Kliniken

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Varisano-Geschäftsführer Michael Osypka varisano
Varisano-Geschäftsführer Michael Osypka varisano © Salome Roessler/Varisano

Drohende Insolvenz soll abgewendet werden

Main-Taunus - Die Kreistagsabgeordneten hatten letztlich gar keine andere Wahl. Der kommunale Klinikkonzern Varisano brauche für das nächste Jahr eine Zusage, andernfalls müsse er im Januar Insolvenz anmelden, erklärte Geschäftsführer Michael Osypka. Das will natürlich niemand riskieren, deshalb wurden die notwendigen 16 Millionen Euro in der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses und des Ausschusses für Eigenbetriebe einmütig bewilligt. Dass der Kreistag selbst dies am kommenden Montag bestätigt, kann als sicher gelten.

Osypka machte den Parlamentariern klar, warum die Kliniken in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind. Die Patientenzahlen sind in der Phase der Corona-Pandemie eingebrochen und erholten sich nicht wieder. Es gibt deshalb ein Konzept, wie die Aufgaben zwischen den drei Varisano-Kliniken in Höchst, Hofheim und Bad Soden neu verteilt werden sollen. Darüber soll aber erst im neuen Jahr beraten werden - zu umfangreich ist das Konzept, zu wenig wurde bisher diskutiert, zu unsicher ist, welche Veränderungen die bevorstehende Reform des Gesundheitswesens bringt.

All das abzuwarten ist wegen der drohenden Insolvenz aber keine Option. Osypka erläuterte auch, für welche Ausgaben die 16 Millionen im nächsten Jahr gebraucht werden. Da sind der Anstieg der Energiekosten und die höheren Lohnkosten durch die Tarifsteigerungen. Weil damit auch andere Firmen zu kämpfen haben, etwa die Hersteller von Medizintechnik, steigen für die Kliniken auch die Sachkosten. Dazu kommen Veränderungen in den Abrechnungsmodalitäten.

An diesen Dingen gibt es auch aus Sicht der Opposition nicht viel zu deuten. SPD-Sprecher Michael Antenbrink äußerte aber die Befürchtung, dies werde schon mit Sparmaßnahmen verknüpft, deren Auswirkungen der Kreistag gar nicht genau überblicke. Landrat Michael Cyriax (CDU) bestätigte dies insoweit, als es aus seiner Sicht nicht dabei bleiben kann, dass einfach mehr Geld zur Verfügung gestellt wird. Wenn sich sonst nichts ändere, reichten die 16 Millionen Euro nicht lange, fürchtet er.

KUNDGEBUNG

Der Kreistag trifft sich am kommenden Montag, 18. Dezember, um 16 Uhr im Hofheimer Landratsamt, und natürlich steht auch die Finanzkrise des Klinikkonzerns Varisano auf der Tagesordnung. Das politische Geschehen auf dem Hochfeld beginnt aber bereits eine Stunde früher. Denn für 15 Uhr ruft das Bündnis für eine sichere Gesundheitsversorgung im Main-Taunus-Kreis und Frankfurter Westen zu einer Kundgebung vor dem Kreishaus auf. Das Bündnis, bestehend aus Attac, Verdi, Linken und SPD, hat allergrößte Befürchtungen, was die Zukunft von Varisano mit seinen drei Kliniken in Hofheim, Bad Soden und Höchst betrifft. Es sollten „mit der Brechstange“ Veränderungen mit unabsehbaren Folgen erzwungen werden, heißt es in einer Mitteilung des Krankenhausbündnisses. Die Varisano-Geschäftsführung orientiere sich nur an finanziellen Fragen und nicht an den Themen Behandlungsqualität und Patientenversorgung.

Gegen notwendige Veränderungen werde sich das Bündnis nicht stemmen, heißt es in dem Aufruf weiter. Aber diese dürften nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden - schon die Verkündung bestehender Absichten aber sei rechtswidrig, da ohne Beteiligung der Betriebsräte erfolgt. Die Petition des Bündnisses hätten schon mehr als 2000 Menschen unterschrieben. bt

In diesem Punkt wurde Geschäftsführer Osypka konkreter. Über viele Bestandteile des Restrukturierungsprogrammes ginge es jetzt in die Detailberatungen, etwa bei den zuständigen Landesbehörden. Aber auch Gespräche mit dem Betriebsrat haben gerade begonnen, und zwar konkret über die Zukunft der Pneumologie. Das ist der erste Bereich, in dem es 2024 ernst wird, geplant ist der Aufbau eines Lungenzentrums in Höchst, diese Abteilung soll daher in Hofheim verschwinden. Generell geht es bei dem Restrukturierungskonzept darum, Abteilungen zusammenzufassen und zu konzentrieren, um sie dadurch effektiver zu machen. Es wurde bereits berichtet: Für Hofheim sind Geriatrie und Psychiatrie als Schwerpunkte vorgesehen, die Notaufnahme verschwindet. Notfälle kommen nach Bad Soden, Schwerpunkte dort werden die Augenheilkunde, die Urologie und die Orthopädie. Dafür werden die Chirurgie teilweise und die Kardiologie vollständig nach Höchst verlagert.

Bis 2028 soll das Personal um 336 Kräfte verringert werden. Ausgenommen sind die pflegerischen Berufe. Osypka betonte, dass dies auch dadurch erreicht werden soll, dass etwa Verwaltungseinheiten enger zusammenarbeiten. Über all dies wird ab Januar intensiver diskutiert. „Wir haben viele Fragen“, kündigte die Hofheimer Kreistagsabgeordnete Gisela Stang (SPD) an.

Ziel ist es zwar, dass Varisano insgesamt 2028 kostendeckend wirtschaftet. Die 16 Millionen im Jahr 2024 sind also noch nicht alles. Welche Beträge der Kreis in 2025 bis 2027 auch immer beisteuern muss, gleich jetzt wird eine Rückstellung von sechs Millionen für Baumaßnahmen am Klinikum Bad Soden bereitgestellt, wobei es vor allem um die Haustechnik geht.

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