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Konzept D-Trust

KI enttarnt Abrechnungsbetrüger

Fehlverhalten im Gesundheitswesen kostet die Krankenkassen jährlich einen mehrstelligen Millionenbetrag. Bei der Jagd auf die Abrechnungsbetrüger soll künftig Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen. Der Bund unterstützt die Krankenkassen.
Alexander Müller
22.04.2024  16:30 Uhr

Alle zwei Jahre liefert der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Bericht über Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Demnach entstand allein im Zeitraum 2020/2021 ein ermittelter Schaden von 132 Millionen Euro, wovon die Kassen nur weniger als die Hälfte zurückholen konnten. Als »Brennpunkt« bezeichnet der Kassenverband den Bereich der ambulanten Pflege.

Vor allem aber geht das Bundeskriminalamt (BKA) laut Bericht von einem erheblichen Dunkelfeld aus. Die Kassen sind mit ihrem Wunsch nach einer Dunkelfeldstudie bei der Politik bislang nicht durchgedrungen. Zu den häufigsten Fehlverhalten zählen »Luftleistungen«, Doppel- und Mehrfachabrechnungen, Missbrauch von Krankenversicherungskarten oder Überweisungen gegen Provision.

Um Betrüger leichter überführen zu können, entwickelt der Vertrauensdienstleister D-Trust, ein Tochterunternehmen der Bundesdruckerei, ein mehrstufiges Konzept, bei dem pseudonymisierte Daten bewertet, KI-basiert analysiert und Anomalien als mögliche Betrugsmuster den Kassen zurückgespielt werden können. Denn aktuell erschwert es die Komplexität der Finanzflüsse im Gesundheitswesen, Betrugsmuster durch manuelle Recherche zu erkennen.

Gesammelte Daten bei »CenTrust«

Im ersten Schritt werden Abrechnungsdaten gesammelt und im System der Krankenkassen aggregiert – von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), den Leistungserbringern und ihren Verbänden, von den Kassen und ihrem Medizinischen Dienst (MDK) sowie von weiteren Dienstleistern wie Davaso oder Opta data.

Diese Bestandsdaten sollen dann mit Software der Bundesdruckerei zunächst pseudonymisiert werden, zum Einsatz kommt die eigene Datentreuhänder-Plattform »CenTrust«. Für die Auswertung der Daten soll eine »Fachlogik« zum Trainieren einer KI geschrieben werden. D-Trust wird dann Fallgruppen bilden sowie die Beweismittel sichern, damit die Kassen die Fälle effizient verfolgen können.

Zentral ist aus Sicht von D-Trust, dass die KI-gestützten Systeme zur Bekämpfung von Fehlverhalten kassenübergreifend zum Einsatz kommen. Große Kassen wie AOK, TK, Barmer, KKH und DAK und ihre Dienstleister sowie der GKV-SV sind laut Bundesdruckerei eingebunden.

Das Konzept soll demnächst im Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgestellt werden. Denn Fehlverhalten im Gesundheitswesen hat aus Sicht von D-Trust einen doppelten Effekt: Der Abrechnungsbetrug belastet die Kassen mit hohen Schadensummen und hat zudem negative Auswirkungen auf die Integrität des Gesundheitswesens insgesamt.

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