[Update] Bis zu 60 Entlassungen bei Kliniken Nordoberpfalz

Weiden. Bei den Kliniken Nordoberpfalz stehen Kündigungen bevor. Der Kliniksprecher nennt die Zahl 50 bis 60 bis Ende des Jahres. Dem Betriebsrat ist vorsorglich eine Massenentlassungs-Anzeige (ab 30 Mitarbeitern in 30 Tagen) vorgelegt worden.

Demo vor der Stadtratssitzung in Weiden: Klinik-Mitarbeiter nutzten den “Tag der Pflege”, um auf ihre Situation hinzuweisen. Foto: Christine Ascherl

Von Udo Fürst und Christine Ascherl

[Update] Die Kliniken Nordoberpfalz reagieren mit einer Stellungnahme zu den Kündigungen (siehe Infobox). Im Mai werden nach Auskunft von Kliniksprecher Michael Reindl sieben Beschäftigungsverhältnisse gekündigt. Nach aktuellem Stand seien im Juni rund 15 bis 20 Beschäftigte betroffen. “Bis Jahresende ist nach aktuellem Stand voraussichtlich die Trennung von zirka 50 bis 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgesehen (inklusive Mai und Juni).”

“Natürlich wollen auch wir vermeiden, Kündigungen auszusprechen und versuchen deshalb, so viele Kollegen wie möglich zu halten”, so Reindl weiter. Aufgrund der notwendigen Sozialauswahl sowie der natürlichen Fluktuation (Renteneintritte, Eigenkündigungen, auslaufende Verträge, medizinische Beschäftigungsverbote) könne sich diese Zahl deshalb auch noch reduzieren.

Die Agentur für Arbeit wurde, ebenso wie der Betriebsrat, informiert, dass eine Massenentlassungsanzeige notwendig werden könnte. Diese wurde jedoch nicht gestellt, betont Reindl. Grund: Die Zahl der Kündigungen habe durch Änderungskündigungen, Eigenkündigungen oder auslaufende Verträge so reduziert werden können, dass keine Anzeige bei der Arbeitsagentur notwendig ist.

Betriebsrat informiert Mitarbeiter

Das Thema war durch ein Schreiben des Betriebsrats Süd auf den Tisch gekommen. Der Betriebsrat machte letzte Woche einen Aushang. OberpfalzECHO liegt das Schreiben vor. Darin informiert der Betriebsrat Süd, dass ihm am 30. April eine Massenentlassungs-Anzeige für die Agentur für Arbeit ausgehändigt worden sei. Am 7. Mai folgten die ersten Anhörungen zu Kündigungen.

Der Betriebsrat Süd versichert in dem Schreiben, mit den Betroffenen „zeitnah Kontakt aufzunehmen“. Den Kollegen wird geraten zu prüfen, ob ein Arbeitsrechtsschutz vorhanden ist, um eventuelle Kündigungsklagen einzureichen.

Am Montag Demonstration vor der Stadtratssitzung

Ver.di demonstrierte am Montag vor der Feuerwache in Weiden, um auf die Situation der Klinikbeschäftigten aufmerksam zu machen. Dort tagte ab 15 Uhr der Stadtrat Weiden, draußen ging es schon ab 14.30 Uhr rund. Der Ver.di-Oberpfalz-Vorsitzende Alexander Gröbner bestätigte vor Ort, dass eine Massenentlassungs-Anzeige vorbereitet sei.

Eine solche Anzeige bei der Agentur für Arbeit ist nötig, wenn ein Schwellenwert von Entlassungen, gemessen an der Gesamtzahl der Beschäftigten, überschritten wird. Dieser Wert liegt im Fall des Klinikums Weiden bei 30.

Stellenabbau ist Teil des Restrukturierungskonzept

Laut Gröbner befänden sich 60 Prozent aller deutschen Krankenhäuser in Schieflage, vielen drohe die Insolvenz. Für die Kliniken Nordoberpfalz habe die Insolvenz durch die großzügigen Zuschüsse der kommunalen Träger (52 Millionen Euro) abgewendet werden können. Der Preis für das millionenschwere Rettungspaket: ein Finanzierungs- und Restrukturierungskonzept.

Dieses Konzept ist mit Personalkürzungen verknüpft, in „relevanten Größen“, so Gröbner. Er will keine Zahlen nennen, unter den demonstrierenden Klinikmitarbeitern ist von etwa 100 die Rede. Auch Betroffene sind vor Ort. Als Alternative schlägt die Gewerkschaft ein Start-Ziel-Programm vor, wonach die Ziele erst Ende 2026 erfüllt sein müssen. Vorteil: Man könne demografische Entwicklungen nutzen, sprich: Rentner würden nicht ersetzt.

Die Fehlstellungen im Gesundheitswesen sieht er zum einen beim Bund: Der Gesetzgeber brauche zu lange, um vom Fallpauschalen-System wegzukommen. Zum Zweiten beim Land: Der Freistaat tue nicht, was er müsste, nämlich eine Krankenhausplanung erstellen. “Im Zweifel sind in München Bettenkapazitäten da, die in der nördlichen Oberpfalz fehlen.”

Kritik an Aufsichtsräten

Vor der Feuerwache kam es zu durchaus emotionalen Diskussionen. „Warum tut ihr nichts?“, fragte stellvertretender Betriebsratsvorsitzender Thomas Beer den Weidener SPD-Stadtrat Gerald Bolleininger. Laut Beer hat der Betriebsrat Süd mit Vorsitzender Marie Krämer vor zwei Wochen alle drei Träger angeschrieben: Stadt Weiden sowie die Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth. Bis heute sei keine Antwort eingegangen. „Wir sind 3.500 Mitarbeiter. Und keiner der Träger findet es der Mühe wert.“

Bolleininger sitzt im Aufsichtsrat der Kliniken Nordoberpfalz AG. Er hat nach eigenem Bekunden erst Montagfrüh von der möglichen Massenentlassungsanzeige erfahren. „Uns ist das nie gesagt worden. Gegenüber uns war immer die Rede von einzelnen Kündigungen.“ Er gab den schwarzen Peter zurück: Den Interessensausgleich, der im Aufsichtsrat vorgestellt wurde, hatten im Vorfeld doch auch die Arbeitnehmer-Vertreter zugestimmt. „Diesen Schuh ziehe ich mir jetzt nicht an.“

Ver.di-Vorsitzender Gröbner forderte, so schnell wie möglich einen Runden Tisch mit Beschäftigten, Vorstand und Trägern. Das Ziel müsse sein: kein Abbau, wenn überhaupt ein Umbau. „Wir sind bereit, an der Zukunft der Kliniken mitzuarbeiten. Es braucht uns alle miteinander.“

Einige Stadträte verfolgten
Einige Stadträte verfolgten

Stellungnahme der Kliniken Nordoberpfalz

Michael Reindl, Sprecher der Kliniken Nordoberpfalz, nimmt am Montagnachmittag Stellung:

“Bis 30.06.2024 werden die Beschäftigungsverhältnisse von sieben Personen aus den genannten Bereichen beendet. Zu einem Großteil handelt es sich hier um Beschäftigte des Standorts Weiden. Bis Jahresende ist nach aktuellem Stand voraussichtlich die Trennung von einer Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im mittleren zweistelligen Bereich geplant. Aufgrund natürlicher Fluktuation wie Renteneintritt, Eigenkündigungen und auslaufenden Verträgen liegt die Zahl der betroffenen Kolleginnen und Kollegen deutlich unter den Werten, die im Restrukturierungskonzept ursprünglich geplant waren. In der KNO sind insgesamt rund 3.150 Beschäftigte in verschiedenen Arbeitszeitmodellen tätig.

Neben den sieben Beschäftigungsverhältnissen, die im Mai gekündigt werden, folgt eine geringe Anzahl weiterer Beschäftigungsverhältnisse im niedrigen zweistelligen Bereich im Juni. Angesichts des geringen Anteils der Kündigungen kann daher nicht von einer Massenentlassung gesprochen werden.  

Auch eine Massenentlassungsanzeige wurde nicht gestellt. Dabei handelt es sich um einen feststehenden formalen Begriff, der nicht bedeutet, dass eine extrem hohe Anzahl an Beschäftigten gekündigt wird, sondern vielmehr der festgesetzte Wert von 30 Entlassungen innerhalb von 30 Tagen an einem Unternehmensstandort erreicht wird. Hierzu zählen zum Beispiel Änderungskündigungen (z.B. Änderung des Einsatzortes oder Anpassung der Arbeitszeit) oder Aufhebungsverträge. Die Zahl der Kündigungen, die seitens der KNO ausgesprochen werden, liegt wie dargestellt deutlich unter diesem Wert.

Die Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern, die gemeinsam mit dem Betriebsrat im Rahmen einer Sozialauswahl festgelegt wurden, erfolgen in den nächsten Tagen. Voraussetzung für die Aufnahme der Sozialauswahl war der Abschluss eines Interessensausgleichs und eines Sozialplans zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber.”

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