Biekra verklagt Krankenkassen: Müssen die Bielefelder Krankentransporte ihr Angebot einschränken?

Bielefeld. Es knirscht gewaltig im deutschen Gesundheitssystem. Fehlendes Personal und fehlendes Geld machen den unterschiedlichen Akteuren zunehmend zu schaffen. Auch die Finanzierung von privaten Krankentransporten ist in eine Schieflage geraten. So jedenfalls schildert es der Bielefelder Anbieter Biekra. &bdquo;Wir sehen eine Ungerechtigkeit bei der Bezahlung. Das wollen wir nicht mehr länger akzeptieren“, sagt Karsten Geßner, einer der beiden Geschäftsführer der Biekra Krankentransport GmbH. Deswegen klagt das Unternehmen bereits seit mehreren Jahren vor dem Sozialgericht Detmold gegen die Krankenkassen. Bislang allerdings ohne Erfolg. Sollte das Gericht weiterhin kein Einsehen haben und sich die Kassen ebenfalls nicht bewegen, wäre eine Einschränkung ihres Angebots die Folge, betonen die Biekra-Geschäftsführer. So würden sie über eine Einstellung des 24-Stunden-Dienstes nachdenken, da die Bedienung von Randzeiten aufgrund der geringeren Anzahl von Fahrten die Kosten zusätzlich treiben würde. Biekra führt mehr als die Hälfte aller Krankentransporte in Bielefeld durch Dies hätte Auswirkungen auf Menschen, die für den Weg zum Arzt oder ins Krankenhaus auf Hilfe angewiesen sind. Denn Biekra führt nach eigenen Angaben jährlich 22.000 von 37.000 Krankentransporten in Bielefeld durch. Fiele ein Teil davon weg, würde es für Patienten schwieriger werden, einen Transport zu bekommen. Neben den oftmals von Taxiunternehmen übernommenen Krankenfahrten und der Notfallrettung bildet der von einer medizinischen Fachkraft begleitete Krankentransport die dritte Säule des abgestuften Systems der Krankenbeförderung. 113 Euro erhalten private Anbieter wie Biekra aktuell pauschal von den Krankenkassen für einen Krankentransport bis zu zehn Kilometern in Bielefeld. Zum Vergleich: Kommunale Anbieter, zu denen auch sogenannte Leistungserbringer wie das Rote Kreuz oder die Johanniter gehören, erhalten mehr als das Doppelte, nämlich 282 Euro. Ungleiche Bezahlung für identische Leistung bei Krankentransporten Hinter der ungleichen Bezahlung für eine weitestgehend identische Leistung steckt ein vom Gesetzgeber gewolltes Prinzip. Denn während die kommunalen Anbieter nach in örtlichen Satzungen festgelegten und von Krankenkassen damit kaum beeinflussbaren Gebühren abrechnen, müssen private Anbieter in jeder Kommune einzeln mit den Kassen verhandeln. &bdquo;Wir haben aber dieselben Vorschriften, an die wir uns halten müssen. Ausstattung und Wartung der technisch immer aufwendigeren Fahrzeuge sowie die Qualifizierung beim Personal sind Kostenfaktoren, die wir nicht beeinflussen können“, erläutert Biekra-Geschäftsführer Jürgen Lengert. Und auch Desinfektionsmittel seien ein Kostentreiber. &bdquo;Die Preise sind noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau angekommen“, sagt Gerd Brinkhoff, der seit 30 Jahren bei Biekra als Rettungsassistent und Desinfektor arbeitet. Flickenteppich von unterschiedlichen Vergütungen für Krankentransporte in NRW Daher gewähren die Krankenkassen in anderen Kommunen auch einen Desinfektionszuschlag. In Herford beträgt dieser beispielsweise 50 Euro. Dafür beträgt die Fahrtpauschale in Bielefelds Nachbarstadt aber nur 97,44 Euro. Unter dem Strich bekommen private Anbieter dort dennoch deutlich mehr als in Bielefeld. Das Ergebnis für NRW ist ein wahrer Flickenteppich von unterschiedlichen Vergütungen sowohl für private als auch kommunale Anbieter. So erhalten kommunale Anbieter in Herford laut Gebührensatzung beispielsweise 206,50 Euro Fahrtpauschale plus 2,11 Euro pro Kilometer. Im Kreis Lippe sind es inklusive einer Leitstellengebühr sogar 413 Euro für einen Krankentransport bis zu 75 Kilometer. Die Forderung von Karsten Geßner und Jürgen Lengert klingt im Vergleich dazu moderat. &bdquo;Zwischen 180 und 200 Euro pro Fahrt“, bezeichnen sie als auskömmlich. Um diesen Preis zu untermauern, haben sie kürzlich ein Gutachten, welches der Neuen Westfälischen vorliegt, beim Sozialgericht Detmold eingereicht. Krankenkassen wollen sich nicht äußern Dass die Kassen bislang kein Entgegenkommen gezeigt haben, finden Geßner und Lengert noch aus einem weiteren Grund befremdlich. Denn, wenn die Privaten vom Markt gedrängt würden, müssten die kommunalen Anbieter einspringen. Selbst wenn diese das leisten könnten, würde es unter dem Strich für die Krankenkassen teurer, &bdquo;da sie dann ja nach der Gebührensatzung zahlen müssten“, argumentiert Geßner. Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) in NRW sowie die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) wollen sich zu dieser möglichen Problematik sowie zu anderen Fragen in diesem Zusammenhang mit Verweis auf das laufende Gerichtsverfahren nicht äußern.

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