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Überraschung nach Sondersitzung: Personal-Beben bei Romed-Klinik – Wie geht es nun weiter?

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Kliniken in Schieflage: Auch Romed schreibt rote Zahlen, Geschäftsführer Deerberg-Wittram mahnt Reformen an.
Getrennte Wege: Romed-Geschäftsführer Dr. Jens Deerberg-Wittram ist nur noch bis Ende Januar 2024 Geschäftsführer von Romed. © Michael Weiser/Romed

Zuletzt war es unruhig bei Romed. Der Klinik-Verbund verzeichnete ein Millionen-Defizit. Dennoch kommt der plötzliche Abschied von Geschäftsführer Jens Deerberg-Wittram überraschend. Was dahinterstecken könnte und wie es für die Kliniken nun weitergeht.

Rosenheim – Dr. Jens Deerberg-Wittram (56) und die Romed-Kliniken gehen getrennte Wege. Der Geschäftsführer des Klinik-Verbunds wird seine Tätigkeit zum 31. Januar 2024 beenden. Deerberg Wittram habe aus „zwingenden persönlichen und familiären Gründen um die Aufhebung seines Geschäftsführervertrags gebeten“, heißt es in einer am Montag (22. Januar) von der Stadt Rosenheim im Namen beider kommunaler Träger ausgesandten Pressemitteilung. „Dieser Bitte hat der Aufsichtsrat in seiner heutigen Sitzung mit größtem Bedauern entsprochen.“ Die kommissarische Leitung von Romed übernimmt Michael Müller, bislang Prokurist und Kaufmännischer Direktor der Romed-Kliniken.

Romed: Abschied in schwieriger Lage

Der Abschied des Geschäftsführers trifft Romed in denkbar schwieriger Lage. Wie viele andere Krankenhäuser auch befindet sich Romed in Schieflage. Bereits Ende 2022 hatte Deerberg-Wittram angesichts schwieriger Umstände im Gesundheitswesen ein Defizit vorhergesagt. Im Laufe des Jahres 2023 aber häuften sich alarmierende Nachrichten. Im Sommer 2023 war kurz von bis zu 40 Millionen Euro Defizit die Rede, Landrat Otto Lederer und Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März (beide CSU) sahen sich als Vorsitzende des Aufsichtsrates genötigt, sich schützend vor den Klinik-Chef zu stellen.

Am Ende reduzierte sich diese Summe auf 26,5 Millionen Euro Miese. Für nachhaltige Erleichterung bei den Romed-Trägern – eben kreisfreie Stadt und Landkreis Rosenheim – soll aber auch dieses reduzierte Minus nicht gesorgt haben.

Romed-Chef intern nicht ganz unumstritten

Jens Deerberg-Wittram hatte vielfältige Gründe für die Krise genannt, unter anderem die Belastung durch die Corona-Pandemie, hohe Energie-Preise und Fachkräftemangel, aber auch neue gesetzliche Bestimmungen, die einen verstärkten Personaleinsatz vorsehen.

Intern sah sich der Romed-Chef aber auch selbst kritisiert, etwa nach der Entlassung des Wasserburger kaufmännischen Leiters Christof Maaßen. Deerberg hatte Maaßen im Mai 2023 gekündigt, wobei er über die Gründe der Entlassung Stillschweigen bewahrte. In der Wasserburger Belegschaft, in der sich Maaßen offenbar großer Beliebtheit erfreute, war daraufhin Widerspruch lautgeworden.

Teure Einigung mit Wasserburg-Chef Maaßen

Erst vergangene Woche (15. Januar 2024) trafen Romed und Maaßen vor dem Arbeitsgericht in Rosenheim aufeinander. Man verglich sich schließlich – wobei Maaßen nach der Einigung, die ihm Lohnfortzahlung bis Ende 2024 zusichert, wesentlich gelöster wirkte als der Romed-Chef. Doch soll diese Weichenstellung das Vertrauen zwischen Trägern und Geschäftsführer nicht erschüttert haben, so war zu erfahren.

Ein hanseatisch-kühler Macher

Es bleibt die Erinnerung an einen hanseatisch-kühlen Macher, der nicht nur die Abwicklung der Geburtsstation in Bad Aibling rhetorisch und argumentativ souverän über die Bühne brachte. Deerberg habe auch die Entwicklung von Romed insgesamt vorangetrieben. Letzteres ist nicht nur die offizielle Sichtweise der Aufsichtsratsvorsitzen laut Pressemitteilung. Insider sprechen ebenfalls von einer sehr guten Bilanz des scheidenden Geschäftsführers. Das Lob des Aufsichtsrats, so war zu erfahren, sei nicht allein der Höflichkeit geschuldet.

Lederer und März danken Deerberg-Wittram

Landrat Otto Lederer und Oberbürgermeister Andreas März dankten am Montag Deerberg-Wittram jedenfalls für seine „hervorragende Arbeit für die Romed-Kliniken in den vergangenen fünf Jahren“. Er habe den Kliniken wichtige strategische Impulse gegeben und die medizinische und organisatorische Entwicklung des Unternehmens wesentlich geprägt. Das Unternehmen habe er nicht zuletzt während der Covid-Pandemie mit „großer Umsicht“ geführt, man wünsche ihm „von Herzen“ alles Gute. Auf Nachfragen bestätigen Lederer und März: Deerbergs Abschied sei „höchst bedauerlich“.

Fordernde Wochen stehen bevor

Der neue, kommissarische Chef ist seit 2017 bei Romed. Michael Müller sei als langjähriges Mitglied der Geschäftsleitung an allen wesentlichen Entwicklungen des Unternehmens intensiv beteiligt gewesen, heißt es seitens Lederer und März. Er genieße sogar, so äußern sich Landratsamt und Rathaus auf OVB-Nachfrage, „das vollste Vertrauen des Aufsichtsrates“.

Doch ist Müller offenbar nicht als Dauerlösung vorgesehen. Der Aufsichtsrat werde das Verfahren für die zügige und kompetente Neubesetzung der Geschäftsführerposition unverzüglich angehen, heißt es in der Pressemittelung. Und zwar im Zuge einer Ausschreibung.

Wie lange das eventuell dauern könnte, wie sehr dieses Personalbeben die Chancen von Romed auf finanzielle Gesundung beeinträchtigt: schwer zusagen. Angesichts der Herausforderungen allein durch die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist aber vorstellbar, wie groß die Nervosität in Rathaus und Landratsamt ist.

Auch Kritiker bezeugen Respekt

Abuzar Erdogan, Fraktionschef der SPD im Rosenheimer Stadtrat, gilt als Kritiker Deerbergs, ein Skeptiker, der dem Romed-Chef bei den Defizit-Mitteilungen schon auch mal „Salamitaktik“ vorwarf. Auf OVB-Anfrage äußerte er nunmehr Achtung. „Ich habe Respekt vor der Entscheidung von Jens Deerberg-Wittram und wünsche ihm alles Gute“, sagte Erdogan. Der Schritt sei aber sowohl für Deerberg als auch für Romed das Beste gewesen.

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