StartseiteRegionalRegion AllgäuWangenEin Krankenhaus für Wangen, Lindau und Lindenberg wird konkreter

Medizinische Lage

Ein Krankenhaus für Wangen, Lindau und Lindenberg wird konkreter

Wangen / Lesedauer: 5 min

Aus drei mach eins: Weshalb die OSK-Chefs für eine einzige Klinik im Westallgäu plädieren. Ein Standort soll dabei eine bedeutende Rolle spielen.
Veröffentlicht:27.01.2024, 09:00

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Die einst wackelige Geburtshilfe hat Zukunft, die Orthopädie soll zu einem Zentrum für das ganze Allgäu ausgebaut werden und die Bauchchirurgie kehrt teilweise nach Wangen zurück.

Auf diesen Nenner lässt sich die Einschätzung der Oberschwabenklinik-Chefs zur medizinischen Lage des Wangener Krankenhauses bringen. Außerdem machen sie sich für eine Verbundlösung mit Lindenberg und Lindau beim Bau eines neuen Krankenhauses in der Region stark - einem einzigen wohlgemerkt.

Was OSK-Geschäftsführer Franz Huber und der ärztliche Direktor Oliver Rentzsch bei der Mitgliederversammlung des Krankenhausfördervereins genau sagten: ein Überblick.

Krankenhaus-Ehe im Westallgäu: Die OSK hübscht ihre Braut schon jetzt auf

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Kommt es zu einem einzigen Krankenhaus für das Städte-Dreieck Wangen, Lindau und Lindenberg? Auch für diesen Fall stärkt die OSK bereits das Westallgäu-Klinikum.

Wie steht Wangens Krankenhaus aktuell da?

„Jeder, der an die Tür klopft, wird behandelt“, versprach Oliver Rentzsch, verwies auf mehr als 16.000 behandelte Notfälle im vergangenen Jahr und bezog die Aussage ausdrücklich auch auf Patienten aus dem Raum Lindenberg, wo wegen der Insolvenz der dortigen Klinik inzwischen diverse Leistungen gestrichen worden sind.

Geburtshilfe bewährt sich weiter

Die Geburtshilfe befinde sich in einer „stabilen Situation“, nachdem der Kreistag deren Zukunft vor anderthalb Jahren von der Entwicklung der Geburtenzahlen abhängig gemacht hatte. Angesichts von zuletzt erneut deutlich mehr als 600 Geburten im Jahr rede man jetzt darüber, „wie wir die Geburtshilfe aufstellen, zusammen mit Ravensburg“, erklärte der ärztliche Direktor mit Blick auf das dortige Elisabethen-Krankenhaus.

Die Orthopädie sieht Rentzsch auf einem guten Weg - aktuellen Querellen um den Fortbestand der Zusammenarbeit mit der Sportklinik Ravensburg zum Trotz. Mit 1200 endoprothetischen Leistungen sei man von den Zahlen her nicht weit von großen Zentren entfernt. Und auch „qualitativ spielen wir in der Champions League“. Ziel sei es, ein „Orthopädiezentrum Allgäu“ zu entwickeln.

Die Innere Medizin in Wangen biete ein breites Leistungsspektrum an und sei gut ausgelastet. „Wir haben hier großen Bedarf“, so Rentzsch, der in diesem Bereich von einem „Weiter-so-Konzept“ sprach.

Probleme bei Bauch- oder Viszeralchirurgie

Ein Problem stelle für die OSK die Bauch- oder Viszeralchirurgie dar. Gemäß Kreistagsbeschluss vom Mai 2022 in Wangen geschlossen und in Ravensburg zentralisiert, machen offenbar nicht alle Patienten den Weg ins Schussental mit. Rentzsch: „Sie lassen sich nicht wie Schachfiguren verschieben.“ Da die OSK zudem Kapazitäten für planbare Operationen brauche, werden für diesen Zweck in Wangen wieder Kapazitäten aufgebaut.

Das könnte positive Folgen für die Funktion des Westallgäu-Klinikums als akademisches Lehrkrankenhaus haben. Dieser Titel ist wichtig für den Fortbestand der Ärzteausbildung, auch um - knappe - Mediziner für das eigene Haus zu gewinnen, fällt aber weg, wenn es keine Bauchchirurgie gibt. Rentzsch berichtete von hoffnungsvollen Gesprächen mit dem Partner, der Uniklinik Ulm.

Interessant: Laut Rentzsch ist für eine teilweise Rückkehr der Viszeralchirurgie kein neuer Kreistagsbeschluss nötig. Der gültige „verbietet uns nicht, die Menschen zu versorgen“. Generell bekennt sich der heutige ärztliche Direktor der OSK zum damaligen, vor allem wegen der Schließung des Bad Waldseer Krankenhauses und dem Wegfall von Leistungen in Wangen umstrittenen Votum. Vor anderthalb Jahren gehörte Rentzsch übrigens dem Team des Hamburger BAB-Instituts an, das mit einem Gutachten den Boden für die Kreistagsbeschlüsse bereitete.

Wie steht es um die Zusammenarbeit mit Lindenberg und Lindau?

In der Folge hoher OSK-Defizite und der akuten Krise der Rotkreuzklinik in Lindenberg werden die Gespräche zwischen den Krankenhausträgern in Wangen (OSK), Lindenberg (Schwestern vom Bayerischen Roten Kreuz) und Lindau (Aesklepios) sowie politisch Verantwortlichen immer intensiver. Und es wird zunehmend klarer, dass es dabei auch um eine gemeinsame Klinik geht: „Wir wissen schon, dass für diese drei Krankenhäuser mit Sicherheit ein Standort angezeigt ist“, erklärte OSK-Geschäftsführer Franz Huber. Denn: Die Krankenhaus-Versorgung in diesem Drei-Städte-Eck sei sehr kleinteilig und es gebe doppelte medizinische Strukturen bei Fahrzeiten von nur rund 20 Minuten zwischen den Häusern.

Wie sieht der Fahrplan für ein gemeinsames, neues Krankenhaus aus?

Die Auswahl externer Berater, die dazu ein Gutachten auf die Beine stellen sollen, wird nach Angaben Franz Hubers in sechs bis acht Wochen abgeschlossen sein. Anschließend soll es in diesem Jahr um Ideen für die neue Klinik gehen, im kommenden Jahr um die Trägerschaft und anschließend um die Planungen für einen Neubau. Der könnte im Jahr 2028 starten, bei einer Bauzeit von drei Jahren. „Wenn es dazu kommt, wird es also das Krankenhaus des nächsten Jahrzehnts“, so der Geschäftsführer.

Huber warnt aber vor allzu großem Optimismus. Angesichts zweier beteiligter Bundesländer und Landkreisen sowie drei Trägern sei die Aufgabe „alles andere als trivial“. Allerdings gebe es „auf politischer Ebene ein großes Interesse daran, ein Krankenhaus gemeinsam auf die Füße zu stellen“.

Wie könnte die neue Klinik im Groben aussehen?

Unterm Strich hätte ein neues Krankenhaus eine „relativ große Menge an Patienten“ (Franz Huber). In Wangen seien es derzeit rund 9000 und in Lindenberg und Lindau zusammen etwa 11.000 pro Jahr. Auf diese Summe wird das neue Haus aber nicht kommen, da der OSK-Geschäftsführer damit rechnet, dass 20 bis 40 Prozent heutiger stationärer Patienten künftig ambulant behandelt werden. Oliver Rentzsch sprach in diesem Zusammenhang von einem „Triumvirat“ der drei Städte, in dem Wangen die Rolle eines „großen Nukleus’“ zukomme.

Laut Huber ist klar: Eine gemeinsame Klinik brauche neben einer guten Notfallversorgung eine Innere Abteilung, eine Chirurgie und eine Geburtshilfe. Zusätzlich soll es „Spezialisierungen“ geben.

Wie beurteilt die OSK die aktuelle Lage der Krankenhäuser?

Schwierig, weil 80 Prozent aller deutschen Krankenhäuser inzwischen rote Zahlen schreiben und die Zahl der Insolvenzen zunimmt, so der OSK-Geschäftsführer. Deshalb rechnet er mit auf Sicht deutlich weniger Kliniken im Land und einer zunehmenden Konzentration medizinischer Leistungen auf überlebende Standorte.

Die geplante, zuletzt aber von den Ländern blockierte Krankenhausreform befürwortet Huber zwar grundsätzlich, sagt aber auch: „Ich habe keine großen Hoffnungen, dass sie die Oberschwabenklinik rettet.“ Deshalb sei er froh, dass der Kreis als maßgeblicher Gesellschafter „maximal hinter unseren Krankenhäusern steht“. Dieser investiere regelmäßig hohe Beträge in die von den Krankenkassen nicht vergütete Infrastruktur. Eine Aufgabe, die aus seiner Sicht eigentlich dem Land zukommt, dieses angesichts eines jährlichen Betrags von 500 Millionen Euro aber nur zu 50 bis 60 Prozent tue.