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Das Leben eines Hochstaplers

Wie dieser nette Mann zum Millionen-Betrüger wurde

Daniel S., schaffte es schon mit 27 Jahren zum Bereichsleiter Medizin- und Informationstechnologie. Anfang November 2023 beendete er mit einer Straftat seine Karriere
Daniel S., schaffte es schon mit 27 Jahren zum Bereichsleiter Medizin- und Informationstechnologie. Anfang November 2023 beendete er mit einer Straftat seine Karriere Foto: privat

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Am Morgen des 6. November trauten die für Rechnungswesen zuständigen Mitarbeiter der DRK-Kliniken am Spandauer Damm in Berlin-Charlottenburg ihren Augen nicht: 1,6 Millionen Euro hatte sich ihr Kollege Daniel S. (31) aufs eigene Konto überwiesen – Verhaftung! Jetzt kommt raus: Der charmante Karrierist war offenbar ein Hochstapler.

Ausgestattet mit einem übersteigerten Selbstbewusstsein und einer blühenden Fantasie soll sich Daniel S., Leiter der IT-Abteilung der DRK-Kliniken, durchs Leben gelogen, systematisch und mit hoher krimineller Energie Menschen ausgenommen haben. So lauten Aussagen aus seinem Umfeld.

Der blonde Senkrechtstarter aus dem Alten Land an der Elbe westlich von Hamburg kam stets vergnügt mit vielen Ideen und einem Lächeln auf den Lippen daher. Probleme? Gab es für den Strahlemann nicht!

Mit Freundlichkeit und verständnisvollen Blick soll er schnell große Nähe hergestellt und sich Vertrauen erschlichen haben. Dann soll er losgelegt haben mit seinen Geschichten ….

Eine ging so: Er sei adoptiert worden von einem reichen Ehepaar, der Mann liege im Sterben. Er sei der Erbe des Vermögens von 2,7 Millionen Euro. Dafür müsse er im Voraus Erbschaftssteuer an das Finanzamt zahlen: Für diesen Liquiditätsengpass brauche er Geld.

Das DRK-Klinikum am Spandauer Damm (Charlottenburg). Hier sitzt auch die Geschäftsführung. Insgesamt betreiben die gemeinnützen DRK-Kliniken vier Krankenhäuser in Berlin, haben fast 4000 Beschäftigte
Das DRK-Klinikum am Spandauer Damm (Charlottenburg). Hier sitzt auch die Geschäftsführung. Insgesamt betreiben die gemeinnützen DRK-Kliniken vier Krankenhäuser in Berlin, haben fast 4000 Beschäftigte Foto: picture alliance

Dann hieß es wieder, er benötige kurzfristig Anschub für ein Projekt. Er sei mit einem Investor im Gespräch, der Millionen zur Verfügung stellen wollte.

Ein anderes Mal waren die Ämter schuld an der Lücke auf seinem Konto …

Freunde, Nachbarn, Kollegen und sogar Anwälte glaubten ihm wegen seines vertrauenswürdigen Auftretens und seiner blumigen Darstellungen. So soll er sich immer wieder Geldbeträge in fünf- und sechsstelliger Höhe geliehen haben.

Tatsächlich soll er das Geld an der Börse verzockt haben. B.Z. erfuhr: Er setzte auf Ölkurse.

Im Oktober 2023 geriet sein Lügenkonstrukt ins Wanken: Ein Freund wollte seine rund 600.000 Euro zurückhaben! Denn er musste sie fristgerecht für einen Hauskauf zahlen.

Auch dafür fand Daniel S. eine Lösung, tischte diese Story auf: Sein Chef bei den DRK-Kliniken sei so nett und hätte sich bereiterklärt, als Bürge einzutreten und ihm aus dem Klinik-Vermögen die 600.000 Euro vorzustrecken. Weil er sogar einen Gehaltsnachweis über 330.000 Jahresverdienst vorzeigte, soll der Freund nicht stutzig geworden sein.

Am 3. November, einem Freitag, als die beiden verantwortlichen Kassenwarte der DRK-Kliniken im Homeoffice arbeiteten, kam es laut Ermittlungen der Polizei plötzlich in der Klinik zu einem Computersystem-Ausfall …

IT-Experte Daniel S. soll sich Zugang zu den Passwörtern der Mitarbeiter verschafft haben. Dann machte er im elektronischen „Vier-Augen-Verfahren“ die Summe von 1,6 Millionen Euro frei und transferierte sie per Echtzeitüberweisung (kann man nicht zurückholen) auf sein Konto! Das beweisen Auszüge, die das LKA sicherte.

Sechsmal 100.000 Euro gingen unter dem Verwendungszweck „Rückzahlung“ an den Freund, der sie an den Haus-Verkäufer überwies, die restliche Million an weitere Gläubiger.

Gegen Daniel S. läuft ein Strafverfahren wegen Ausspähens von Daten und Computerbetrugs. Aus der U-Haft wurde er inzwischen entlassen. Gegen seinen Freund wird wegen Geldwäsche ermittelt. Die Beute wurde auf den Empfängerkonten eingefroren.

Karriere-Ende eines netten jungen Mannes, der zum Millionen-Betrüger wurde.

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