L 26 KR 127/23

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11KR 503/20
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 KR 127/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Maßgeblich für die Betrachtung, welche Krankheit i. S.  der Bestimmung D002f (DKR 2019) die Ressourcen des Krankenhauses vorrangig in Anspruch genommen hat und die Hauptdiagnose begründet, ist bei Verlegung der jeweilige einzelne Krankenhausaufenthalt.

 

2. DKR und FPV bilden gleichrangig den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG folgt. Es liegt insoweit ein Zusammenspiel vor.

 

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. März 2023 wird zurückgewiesen.

 

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Leistungen der Krankenhausbehandlung nebst Zinsen.

 

Die Klägerin, eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH), ist Trägerin des E K L, einem Krankenhaus der Grundversorgung. Das Krankenhaus besteht aus fünf Kliniken und verfügt über 143 vollstationäre Betten sowie zehn Plätze in der Tagesklinik Geriatrie (https://www.d.de/-k). Das Krankenhaus ist mit 153 Betten im Krankenhausplan des Landes Brandenburg aufgenommen.

 

Die bei der beklagten Krankenkasse (im Folgenden: die Beklagte) versicherte E L (geboren 1940, im Folgenden: die Versicherte) wurde in der Zeit vom 26. Februar 2019 bis zum 27. Februar 2019 wegen einer pertrochantären Femurfraktur rechts (Knochenbruch des Oberschenkelknochens im Bereich zwischen dem großen und dem kleinen Rollhügel) im Elbe-Elster Klinikum stationär und operativ auf der Chirurgischen Abteilung versorgt. Postoperativ entwickelte sich bei der Versicherten (manifest im Laufe des Tages nach der OP) eine schwere Lungenentzündung mit einer unzureichenden Eigenatmung mit Sauerstoffmangel. Aufgrund eines Kapazitätsmangels auf der Intensivstation des Krankenhauses Elbe-Elster Klinikum („Beatmungstherapie kann wegen vollständiger Besetzung der Beatmungsmaschinen nicht gewährleistet werden“, vgl. dazu die vorläufige Epikrise Elbe-Elster Klinikum vom 27. Februar 2019, Patientenakte) erfolgte am 27. Februar 2019 eine Verlegung der Versicherten in das Krankenhaus der Klägerin im Wege des Rettungstransports unter Beatmungsbedingungen und einer Notaufnahme. Im Krankenhaus der Klägerin wurde die Versicherte auf der Intensivstation (vgl. dazu Intensivtransportprotokoll vom 27. Februar 2019, Abschlussbericht Intensivstation vom 16. März 2019 an die Evangelische Lungenklinik Berlin, Patientenakte) aufgenommen und in ein künstliches Koma versetzt sowie durchgehend invasiv (maschinell) beatmet. Es erfolgte die kontinuierliche Messung von Atmung, Herz und Kreislauf sowie weiterer Vitalfunktionen („Intensivstation – Chirurgie“). Nach einem frustran verlaufenden ersten Versuch einer Entwöhnung von der Beatmung („Weaningversuch“) führte die Klägerin am 9. März 2019 eine temporäre Tracheotomie (Luftröhrenschnitt) bei der Versicherten durch und setzte ihr im Halsbereich eine Atmungskanüle ein und die Beatmung über diese Trachealkanüle fort. Weitere Weaning-Versuche mit Spontanatmung fanden danach für jeweils wenige Stunden statt. Außerdem legte das Krankenhaus am 15. März 2019 der Versicherten zur Ernährung eine Magensonde. Darunter kam es vermutlich zu einer Fehllage der Sonde und Perforation („Durchspießung“) des rechten Lungenunterlappens. Den dadurch entstehenden Pneumothorax versorgte das Krankenhaus der Klägerin mit einer Thoraxdrainage (so Abschlussbericht der Intensivstation des Krankenhauses vom 16. März 2019, Patientenakte). Das Krankenhaus erstellte mehrere radiologische Befunde der Lunge der Versicherten. Am 16. März 2019 wurde die weiter beatmungspflichtige Versicherte in ein anderes Krankenhaus (die Evangelische Lungenklinik Berlin) zur Thoraxchirurgie verlegt (Diagnose T.81.2 „Versehentliche Stich- und Risswunde während eines Eingriffes, anderenorts nicht klassifiziert“). Die Sondenspitze der Magensonde wurde dabei von der Lungenklinik Berlin im Rahmen einer thorakoskopischen Operation geborgen.

 

Die Klägerin stellte der Beklagten für die stationäre Behandlung der Versicherten in ihrem Krankenhaus am 25. März 2019 einen Betrag in Höhe von 60.428,13 Euro in Rechnung (Endrechnung). Sie verschlüsselte als Hauptdiagnose S72.10 (gemäß ICD-10: Pertrochantäre Fraktur des Femurs, Trochantär, nicht näher bezeichnet) und forderte als Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2019 – DRG) die DRG W36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung > 784 / 828 / 828 Aufwandspunkte bei Polytrauma oder Polytrauma mit Beatmung oder Kraniotomie mit endovaskulärer Implantation von Stent-Prothesen an der Aorta).

 

Die Beklagte beglich zunächst den in Rechnung gestellten Betrag zur Gänze und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK, seit dem 1.  Juli 2021: MD) mit der Prüfung der Rechnung, konkret, ob die DRG korrekt und dabei die übermittelten Haupt- und Nebendiagnose sowie die OPS korrekt sind (Prüfanzeige an das Krankenhaus der Klägerin vom 29. März 2019). Der MDK gelangte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 29. November 2019 zu dem Ergebnis, die Abrechnung der DRG W36Z sei medizinisch nicht sachgerecht. Vielmehr hätte die DRG A11H (Beatmung > 249 Stunden, ohne komplexe oder bestimmte OR-Prozedur, ohne IntK > 588 / 828 / 1104 Punkte, ohne komplizierende Konstellation, Alter > 15 Jahre, ohne komplexe Diagnose oder Prozedur, ohne schwerste CC, mit äußerst schweren C) zur Anwendung gelangen müssen. Dies beruhe darauf, dass als Hauptdiagnose J96.90 zu kodieren sei (Respiratorische Insuffizienz, nicht näher bezeichnet : Typ I [hypoxisch]). Die übermittelten Nebendiagnosen und die abgerechnete Anzahl der Beatmungsstunden (332 Stunden bei Beatmung vom 27. Februar 2019 bis zur Verlegung am 16. März 2019) seien bis auf die Diagnose S27.0 (Traumatischer Pneumothorax), die bereits mit J95.80 („Iatrogener Pneumothorax“) abgebildet sei, nicht zu beanstanden.

 

Die Beklagte verrechnete nach der Ankündigung vom 6. Dezember 2019 den gesamten Rechnungsbetrag mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin und zahlte am gleichen Tag, dem 12. Dezember 2019, den Betrag in Höhe von 24.434,74 Euro an die Klägerin aus.

 

Nach Widerspruch der Klägerin (vom 23. Dezember 2019), wonach der stationäre Aufenthalt in ihrem Haus eindeutig durch die Femurfraktur rechts veranlasst und die respiratorische Insuffizienz erst am ersten postoperativen Tag aufgetreten sei, beauftragte die Beklagte erneut den MDK mit einer Prüfung. Dieser blieb in seiner Stellungnahme vom 21. September 2020 bei seiner bisherigen Einschätzung.

 

Die Klägerin hat am 2. Dezember 2020 Klage zum Sozialgericht Cottbus erhoben. Die Behandlung der Versicherten sei auch nach der Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin als einheitlicher Prozess zu betrachten. Die Hauptdiagnose könne sich daher trotz der Verlegung, die aus Kapazitätsgründen erfolgt sei, nicht ändern. Die Verletzung des Oberschenkels (Femurfraktur) habe letztendlich – die Kausalkette betrachtend – zur Intensivpflichtigkeit der Versicherten geführt. Nach den Kodierrichtlinien sei die Diagnose (nach Analyse) als Hauptdiagnose zu wählen, die ursächlich für den Krankenhausaufenthalt gewesen sei. Die Versicherte sei wegen ihrer Schenkelhalsfraktur in die Beatmungspflichtigkeit „gerutscht“. Es komme daher bei der hier erfolgten Verlegung auf die ursprüngliche Krankenhausaufnahmediagnose an. Auch mangele es an einer Aufrechnungserklärung, aus der sich der konkrete Behandlungsfall ergebe.

 

Die Beklagte hat vorgetragen, für die rechtmäßige Abrechnung der DRG W36Z hätte die Klägerin berechtigt sein müssen, die Hauptdiagnose S72.10 (Fraktur des Femurs, d.  h.  des Oberschenkelknochens) zu verschlüsseln. Das sei aber nicht zutreffend, denn hauptsächlich sei die stationäre Aufnahme und Behandlung im Krankenhaus der Klägerin durch das Krankheitsbild der respiratorischen Insuffizienz Typ I (J96.90) bedingt gewesen. Diese Einschätzung werde auch durch die im Klageverfahren neu eingeholte MDK-Stellungnahme vom 29. Oktober 2021 bestätigt, die die Patientenakte, zum Gegenstand gehabt habe.

 

Das Sozialgericht hat ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt, das der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Intensivmedizin, Ärztliches Qualitätsmanagement, Notfallmedizin Dr. A(BG Klinikum Duisburg) am 26.  Oktober 2022 und ergänzend am 20. Januar 2023 erstattet hat. Der Sachverständige hat u.  a.  ausgeführt, dass die Diagnose, die die Behandlung im Krankenhaus der Klägerin notwendig machte, eine respiratorische Insuffizienz auf dem Boden der Lungenentzündung gewesen sei. Die von der Klägerin in Ansatz gebrachte DRG W36Z sei in Bezug auf die Hauptdiagnose auch deshalb nicht zutreffend, weil bei der Versicherten kein Polytrauma (Mehrfachverletzung) vorgelegen habe. Die Lungenverletzung mit Pneumothorax sei eine im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung eingetretene Komplikation, begründe aber keine mehrfache Verletzung. Eine weitere Behandlung des Oberschenkelhalsbruchs im Krankenhaus der Klägerin sei schließlich nicht dokumentiert. Unter Berücksichtigung der Hauptdiagnosen J96.90 (Respiratorische Insuffizienz, nicht näher bezeichnet Typ I [hypoxisch]) und J18.9 (Pneumonie) ergebe sich unter Verwendung des Web-Groupers  2019 die DRG-Ziffer E36Z und ein Endbetrag in Höhe von 30.764,00  Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die gutachterlichen Ausführungen Bezug genommen.

 

Mit Urteil vom 24. März 2023 hat das Sozialgericht im Einverständnis der beiden Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klage der Klägerin abgewiesen. Die Leistungsklage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 35.993,39 Euro, denn der Beklagten habe in dieser Höhe ein Erstattungsanspruch aus der hier streitigen Behandlung zugestanden. Die Beklagte habe aufgrund ihrer zunächst vollständigen Zahlung auf die Rechnung der Klägerin einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erworben. Denn in Höhe von 35.993,39 Euro habe sie ohne Rechtsgrund auf die aus der streitigen Behandlung der Versicherten geltend gemachte Forderung gezahlt. Mit diesem Erstattungsanspruch habe die Beklagte gegen eine (andere) unstreitige Forderung der Klägerin wirksam aufgerechnet.

 

Zwar seien die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf die Vergütung von Krankenhausleistungen dem Grunde nach erfüllt, denn die Beklagte sei verpflichtet, die stationäre Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten im zur Versorgung zugelassenen Krankenhaus der Klägerin zu vergüten. Die Behandlung sei auch erforderlich und wirtschaftlich gewesen, denn die Versicherte habe der vollstationären Krankenhausbehandlung in dem erbrachten und abgerechneten Umfang bedurft. Die Notwendigkeit der stationären Behandlung ergebe sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. N und sei zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die von der Klägerin dafür in Ansatz gebrachte DRG sei aber unrichtig. Die von ihr verschlüsselte Hauptdiagnose sei als Nebendiagnose zu verschlüsseln. Als Hauptdiagnose sei die ICD J96.90 zu kodieren.

 

Gemäß der Deutschen Kodierrichtlinien in der hier maßgeblichen Fassung für das Jahr 2019 (DKR 2019) werde die Hauptdiagnose als die Diagnose definiert, die nach Analyse als diejenige festgestellt werde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Aufenthalts des Patienten verantwortlich sei (so DKR D002f). Ob eine Diagnose als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei, beurteile sich ausschließlich nach objektiven Maßstäben und unterliege der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Die Versicherte sei hier zunächst wegen eines körpernahen Oberschenkelhalsbruchs in das Elbe-Elster  Klinikum aufgenommen worden. Dort sei die Fraktur operativ und belastungsstabil behandelt worden. Wie dem von der Kammer eingeholten Sachverständigengutachten Dr. N zu entnehmen sei, sei die Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin allein aufgrund der postoperativ aufgetretenen respiratorischen Insuffizienz auf dem Boden einer Lungenentzündung erfolgt, da diese wegen fehlender intensivmedizinischer Kapazitäten im Elbe-Elster Klinikum nicht habe behandelt werden können. Im Krankenhaus der Klägerin sei dann eine intensivmedizinische Behandlung mit künstlicher Beatmung, mit einem künstlichen Koma, mit Messung der Vitalfunktionen sowie der zunächst nicht erfolgreiche Versuch einer Entwöhnung und ein Luftröhrenschnitt erfolgt. Bei der Anlegung der Magensonde, sei es durch Komplikationen zum Entstehen eines Pneumothorax gekommen. Es sei in diesem Gesamtzusammenhang zu mehreren Befunderhebungen der Lunge bzw. des gesamten Brustkorbs gekommen. All dies zeige, dass diejenigen Behandlungsmaßnahmen überwögen, die im Zusammenhang mit der respiratorischen Insuffizienz der Versicherten gestanden hätten. Demgegenüber habe die Behandlung des Oberschenkelhalsbruchs im Krankenhaus der Klägerin ersichtlich nicht im Vordergrund gestanden. Der Sachverständige Dr. N weise nachvollziehbar darauf hin, dass auf den Oberschenkelhalsbruch und dessen Versorgung in dem Abschlussbericht des Krankenhauses der Klägerin vom 24. November 2020 überhaupt nicht mehr eingegangen werde. Schließlich habe der gerichtliche Sachverständige auch nicht bestätigt, dass der Oberschenkelhalsbruch für die aufgetretene Lungenentzündung ursächlich gewesen sei.

 

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin könne die Behandlung der Versicherten nicht als „einheitlicher Prozess“ angesehen werden. Vielmehr sei mit dem Aufenthalt der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin zumindest abrechnungstechnisch ein neuer Behandlungsfall eingetreten. Dies ergebe sich aus § 1 Abs. 1 Fallpauschalenvereinbarung (FPV 2019). Diese bestimme, dass die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der voll- oder teilstationären Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet werden. Die genannte Bestimmung gehe zwar davon aus, dass es sich bei jedem zeitlich unterbrochenen vollstationären oder teilstationären Aufenthalt jeweils um einen abzurechnenden Fall handele (Hinweis auf BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 15/11 R), aber hiervon bei Verlegungen in ein anderes Krankenhaus eine Ausnahme gelte (§ 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2019). In diesem (Ausnahme-)Fall rechne jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab, die dann (allenfalls) nach Maßgabe von § 3 FPV gemindert werde. Ausgehend davon komme es nur auf die im Krankenhaus der Klägerin durchgeführte Behandlung an.

 

Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. April 2023 zugestellte Urteil am 5. April 2023 Berufung eingelegt.

 

Es habe sich trotz Verlegung der Versicherten in ein anderes Krankenhaus um einen „einheitlichen Behandlungsfall“ gehandelt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe es sich bei der von der Klägerin kodierten Hauptdiagnose nicht um einen allgemeinen Gesundheitszustand der Versicherten gehandelt, sondern um den vorrangig für den Aufenthalt im Haus der Klägerin maßgeblichen Sachverhalt. §  1 Abs. 1 der FPV (2019) stehe dem nicht entgegen, denn maßgebend seien die Bestimmungen der DKR (2019), wonach nach Analyse festgestellt werden müsse, welche Ursache der Krankenhausaufenthalt habe. Die Ursache habe hier zweifelsfrei im körpernahen Oberschenkelhalsbruch der Versicherten gelegen, in dessen Folge sich dann die respiratorische Insuffizienz auf dem Boden einer Lungenentzündung als klassische Komplikation einer solchen Immobilität entwickelt habe. Bei zutreffender Berücksichtigung der Hauptdiagnose S72.10 ergebe sich die in Rechnung gestellte DRG W36Z. Eine Doppelzahlung seitens der Beklagten dürfte auszuschließen sein, denn das erstaufnehmende Krankenhaus (Elbe-Elster Klinikum) werde wohl kaum die intensivmedizinische Behandlungsprozedur zur Abrechnung gebracht haben. Ein einheitlicher Behandlungsfall ergebe sich schließlich deshalb, weil die klägerische Klinik an die Stelle der Klinik Elbe-Elster getreten sei, welche aus Kapazitätsgründen nicht in der Lage gewesen sei, die intensivmedizinische Behandlung zu gewährleisten. Insgesamt seien die medizinisch relevanten Tatsachen vom Sozialgericht zwar aufgeklärt worden, dessen Schlussfolgerungen seien aber rechtlich fehlerhaft.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. März 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 35.993,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Dezember 2019 zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Für die klägerische Annahme, wonach die Behandlungskette aus Drittkrankenhaus (Elbe-Elster Klinikum) und dem Krankenhaus der Klägerin einheitlich zu bewerten sei, fehle die rechtliche Grundlage. Das Sozialgericht habe zu Recht an die Rechtsprechung des 1. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zu einem Verlegungsfall angeknüpft, welches u.  a.  auf § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der FPV abgestellt habe, wonach im Fall der Verlegung jedes Krankenhaus eine Fallpauschale abrechnen dürfe. Die Diagnose S70.24 (Oberschenkelhalsbruch) habe dabei ersichtlich nicht im Vordergrund der Behandlung im Krankenhaus der Klägerin gestanden und sei auch nicht ursächlich für die intensivmedizinische Behandlung gewesen.

 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichts- und Verwaltungsakte und die Patientenakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen.

 

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung in Höhe von noch 35.993,39 Euro aus der stationären Behandlung der Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 27. Februar 2019 bis zum 16. März 2019.

 

1. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise im Wege der allgemeinen Leistungsklage, konkret der Zahlungsklage. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch kann sich hier aus einer anderen unstreitigen Vergütungsforderung ergeben, gegen welche die Beklagte nach ihrer Ankündigung vom 6. Dezember 2019 (nach Angaben der Klägerin) am 12. Dezember 2019 mit einem behaupteten Erstattungsanspruch aus der hier streitigen Behandlung der Versicherten aufgerechnet hat. Ein noch offener Zahlungsanspruch aus der unstreitigen Forderung besteht nur dann, wenn die Aufrechnungserklärung der Beklagten (zumindest teilweise) ohne Erfüllungswirkung bleibt. Das ist dann der Fall, wenn der Klägerin die streitige und zuletzt zur Abrechnung gestellte Vergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten (in voller Höhe) zustand. Das ist aber nicht der Fall.

 

Zwar hat die Beklagte zunächst in Höhe des gesamten Rechnungsbetrags aus der Behandlung der Versicherten, nämlich in Höhe von 60.428,13 Euro, die Aufrechnung mit einer behaupteten Erstattungsforderung gegenüber einer unstreitigen weiteren Forderung aus einer anderen Behandlung erklärt; in Höhe der unmittelbar danach erfolgten Zahlung von 24.434,74 Euro auf den Rechnungsbetrag der unstreitigen weiteren Forderung hat die Beklagte aber bereits zugestanden, dass die zuvor erklärte Aufrechnung in dieser Höhe ins Leere ging, weil sie insoweit keinen Erstattungsanspruch hatte und somit die unstreitige (Gegen-)Forderung in dieser Höhe nicht durch Aufrechnung (gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V- i. V. m.  § 387 – 389 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) zum Erlöschen gekommen sein konnte. Denn die Aufrechnungserklärung der Beklagten bleibt dann ohne Erfüllungswirkung, wenn der Klägerin die streitige Vergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten zustand. In Höhe von 24.434,74 Euro ist das jedenfalls der Fall. Insoweit ist erst mit der Zahlung der Beklagten vom Dezember 2019 auf die unstreitige Forderung Erfüllung eingetreten.

 

In Höhe von (weiteren) 35.993,39 Euro hat die Beklagte aber trotz des Widerspruchs der Klägerin im Vorfeld der erhobenen Klage an der Wirksamkeit ihrer erklärten Aufrechnung festgehalten, so dass für die Leistungsklage in dieser Höhe ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

 

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe der mit ihrer Klage geltend gemachten Forderung. Denn die Aufrechnung erfolgte zu Recht, der Beklagten stand in Höhe des streitigen Betrags ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Dieser resultierte aus der rechtsgrundlosen Zahlung in Höhe von 35.993,39 Euro für die stationäre Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 27. Februar 2019 bis zum 16. März 2019. Die Klägerin hat für diese Behandlung nur einen Vergütungsanspruch in Höhe von 24.434,74 Euro erworben. Mit ihrer auf die Endabrechnung erfolgten (höheren) Zahlung in Höhe von 60.428,13 Euro ohne Vorbehalt hat die Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe des Betrags von 35.993,39 Euro erworben. Denn der Klägerin stand ein Vergütungsanspruch in dieser Höhe tatsächlich nicht zu.

 

a. Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung der Versicherten der Beklagten im Krankenhaus der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

 

Das Gesetz regelt – u.  a. in § 109 Abs. 3 SGB V – zwar einen Zahlungsanspruch nicht ausdrücklich, setzt ihn aber in den Bestimmungen über die Höhe des Entgelts als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu gewähren (§ 109 Abs. 3 Satz 2) dem Grunde nach als bestehend und Selbstverständlichkeit voraus (BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 – B  1  KR  26/18  R, Rn. 11; zuletzt, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R, Rn. 11 juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage einer Krankenkasse unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch Versicherte, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V objektiv erforderlich gewesen ist (BSG, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R – Rn. 11, juris).

 

b. Gemessen daran hat die Klägerin dem Grunde nach einen Vergütungsanspruch aus der stationären Behandlung der Versicherten der Beklagten erworben. Denn als in den Landeskrankenhausplan aufgenommen ist das von der Klägerin betriebene Krankenhaus zugelassen, ohne dass es eines Versorgungsvertrages bedarf (sog. Plankrankenhaus, vgl. § 108 Nr. 2 SGB V). Auch steht die (medizinische) Erforderlichkeit der stationären Behandlung der Versicherten, insbesondere die intensivmedizinische Behandlung mit 332 Beatmungsstunden als solche zwischen den Beteiligten außer Streit. An ihr bestehen zur Überzeugung des Senats nach Auswertung der Patientenakte keine Zweifel.

 

c. Allein streitig ist die Höhe des für die Behandlung von der Klägerin in Rechnung gestellten und der Beklagten zu entrichtenden Entgelts, konkret die dafür maßgebliche Kodierung der erbrachten Leistungen.

 

Die Entgelte für die voll- und teilstationären Leistungen des Krankenhauses (§ 2 Nr. 4 Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG) werden überwiegend krankenhausübergreifend durch den auf Bundesebene zu vereinbarenden Fallpauschalenkatalog für DRG-Krankenhäuser und für das Land Brandenburg ergänzend nach dem Brandenburger Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 12 Nr. 1 SGB V) vom 8. Oktober 1996 in der Fassung vom 22. September 1997 geregelt (näher Wahl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 109 SGB V Rn. 144 - Stand: 13.  Juli  2023). Die Entgelte decken nach § 7 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz –KHEntgG) alle allgemeinen Krankenhausleistungen ab. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung haben mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der sog. Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG i.V.m. § 17b KHG). Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach §  17b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein.

 

Der vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung entsprechend ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Aus den Kodierungen ergibt sich nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - B 1 KR 8/11 R, Rn. 17-21, Urteil vom 18. September 2008 - B 3 KR 15/07 R, Rn. 16, juris). Welche der über die Höhe der Vergütung entscheidenden DRG-Positionen abzurechnen ist, ergibt sich damit nicht aus einem abstrakten Tatbestand, sondern steht am Ende des Verarbeitungsprozesses der einzugebenden Daten. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser (FPV) in der hier maßgeblichen Fassung von 2019 sind zur Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer Fallpauschale Programme (sog. Grouper) einzusetzen, die von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifiziert sein müssen. Über die in das Programm einzugebenden Daten bestimmt der ICD-10 in der deutschen Fassung sowie der vom DIMDI herausgegebene Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS). Maßgebend ist jeweils die im Behandlungsjahr geltende Fassung.

 

3. Die Klägerin hat ihre Rechnung grundsätzlich nach diesen Vorgaben erstellt. Sie hat aber zu Unrecht die DRG W36Z abgerechnet, weil die gemäß den obigen Bestimmungen zu erfolgenden Verschlüsselungen und Kodierungen nicht zu dieser DRG führen.

 

Konkret war die zu kodierende Hauptdiagnose nach dem ICD 10 im streitigen Fall J96.90 (Respiratorische Insuffizienz, nicht näher bezeichnet: Typ I [hypoxisch]) und nicht, wie die Klägerin vertritt, S72.10 (Femurfraktur: Trochantär, nicht näher bezeichnet). Der Auffassung der Klägerin, es sei im Fall der Versicherten von einem einheitlichen Behandlungsfall auszugehen und bei kausaler Betrachtung sei die Diagnose der Femurfraktur auch verantwortlich für die stationäre Behandlung im Krankenhaus der Klägerin und damit die für die Abrechnung maßgebliche Hauptdiagnose, ist gemäß den oben genannten Abrechnungsregelungen nicht zu folgen.

 

a. Die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) in der hier maßgeblichen für das Jahr 2019 geltenden Fassung definieren unter D002f Satz 1 die maßgebliche Hauptdiagnose. Diese ist „die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist“.

 

Die Erläuterung der D002f führt ergänzend aus, dass der in Satz 1 verwendete Begriff „nach Analyse” die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes bezeichnet, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. Die dabei evaluierten Befunde können Informationen enthalten, die aus der medizinischen und pflegerischen Anamnese, einer psychiatrischen Untersuchung, Konsultationen von Spezialisten, einer körperlichen Untersuchung, diagnostischen Tests oder Prozeduren, chirurgischen Eingriffen und pathologischen oder radiologischen Untersuchungen gewonnen wurden. Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss schließlich nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen (D002f Sätze 2 – 4).

 

Abrechnungsbestimmungen wie die DKR 002f sind wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und allenfalls unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Dabei bleiben Bewertungen und Bewertungsrelationen außer Betracht (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, zuletzt Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R, Rn. 16, juris).

 

b. Ausgehend von diesen Vorgaben ist die im streitigen Behandlungsfall maßgebliche Hauptdiagnose nicht die von der Klägerin berücksichtigte S72.10. Bereits mit Blick darauf ist die von der Klägerin ihrer Kodierung zugrunde gelegte Hauptdiagnose und damit auch die dadurch angesteuerte DRG (W36Z) unrichtig. Zwischen den Beteiligten ist insoweit nicht streitig, dass die in der Endabrechnung angesteuerte DRG die von der Klägerin für zutreffend gehaltene Hauptdiagnose (zwingend) erfordert.

 

Die in D002f genannten Kriterien für die Hauptdiagnose zeichnen sich dadurch aus, die Krankheit herauszufiltern, die vorrangig im Krankenhaus behandelt wurde und so die meisten Ressourcen verbraucht hat. Liegen z.  B.  – ex post betrachtet – bereits zum Zeitpunkt der Aufnahme in ein Krankenhaus mehrere Leiden objektiv vor, die jeweils stationär behandlungsbedürftig sind, so sind sie allein nach dem Grad ihres Ressourcenverbrauchs zu gewichten und daraus ist die Hauptdiagnose zu bestimmen. Dabei ist die „Veranlassung des stationären Aufenthalts“ nicht subjektiv ex ante, sondern objektiv ex post zu verstehen. Das ergibt sich aus dem verwendeten Begriff „nach Analyse“ (zuletzt deutlich, BSG, Urteil vom 29. August 2023 – B 1 KR 25/22 R, Terminbericht 32/23 zur im Text unveränderten Kodierregel D002f DKR 2013). Daraus folgt: Eine bei Versicherten bestehende Gesundheitsstörung wird nicht als Hauptdiagnose kodiert, wenn sie während des Krankenhausaufenthaltes nicht behandelt wird. Die Fokussierung auf die behandelte Erkrankung wird anhand der ebenfalls unter D002f bestehenden Regelung über die Zuweisung eines „Symptoms“ als Hauptdiagnose deutlich, wonach das Symptom als Hauptdiagnose und die ihm zugrunde liegende Krankheit nur als Nebendiagnose zu kodieren ist, wenn sich Patienten mit dem Symptom im Krankenhaus vorstellen, die zugrundeliegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist, jedoch nur das Symptom behandelt wird (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juni 2020 – L 1 KR 111/18, Rn. 22 zur insoweit unveränderten Bestimmung in der DKR Version 2010 – in DKR 2019 auf S. 5 unten).

 

Maßgebend für die Kodierung der Hauptdiagnose ist damit nur die im Krankenhaus der Klägerin vorgenommene Behandlung, nicht diejenige im Elbe-Elster Klinikum, in welchem die Versicherten zuvor war. Denn maßgeblich für die Betrachtung, welche Krankheit i. S.  der Bestimmung die Ressourcen des Krankenhauses vorrangig in Anspruch genommen hat und die Hauptdiagnose begründet, ist grundsätzlich der jeweilige Krankenhausaufenthalt. Im Fall einer (nahtlosen) Verlegung von Versicherten von einem Krankenhaus in ein anderes ist jeweils der Aufenthalt maßgebend, dagegen grundsätzlich keine einheitliche (Gesamt-)Betrachtung der Behandlung vorzunehmen (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2019 – L 1 KR 326/18, Rn. 25, juris). Das gilt selbst in dem Fall, in welchem mit der Verlegung eine medizinische Behandlung nur fortgesetzt wird.

 

Zwar definiert die Kodierregel D002f in ihrem Text, konkret ihrem Wortlaut, nicht explizit, auf welches Krankenhaus es für die Bestimmung des Ressourcenverbrauchs ankommt. Dabei stellt sich die Frage stets dann, wenn Versicherte nicht nur in einem Krankenhaus allein behandelt werden, sondern nach Beginn eines stationären Aufenthaltes in einem Krankenhaus nahtlos in ein weiteres, anderes Krankenhaus zur stationären (Weiter-)Behandlung verlegt werden. Sowohl die einzelnen Fallgestaltungen, die unter D002f zur Bestimmung der Hauptdiagnose beschrieben werden, wie auch systematische Erwägungen im Übrigen belegen, dass die Kodierregel D002f selbst davon ausgeht, dass es für den die Hauptdiagnose bestimmenden Ressourcenverbrauch und die maßgebliche Behandlung (grundsätzlich) auch im Fall der Verlegung auf das einzelne Krankenhaus ankommt (aa.). Diese Festlegung wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Fallpauschale und das Zusammenspiel der Kodierrichtlinien mit den Regelungen zu den Fallpauschalen (FPV, dazu unter bb.).

 

aa. Die Kodierregel D002f selbst trifft für den Fall einer Wiederaufnahme in dasselbe Krankenaus wie auch den Fall der Rückverlegung von Patienten aus anderen Krankenhäusern in dasselbe Krankenhaus, in dem bereits eine stationäre Behandlung erfolgte, spezielle Bestimmungen konkret zu der Frage, wann in solchen Fällen eine Abrechnung mittels nur einer Fallpauschale und damit eine gemeinsame Betrachtung zur Ermittlung der maßgeblichen Hauptdiagnose angezeigt ist (S. 7 und 8 DKR 2019 – zu D002f). Dieser Sonderregelungen hätte es nicht bedurft, wenn bei einer Behandlung in mehreren Krankenhäusern mit zwischenzeitlicher Verlegung bereits kraft der allgemeinen Grundbestimmung stets eine gesamthafte Betrachtung des Ressourcenverbrauchs anzustellen wäre.

 

bb. Die o.  g.  DKR-Kodierrungsregel bestimmt schließlich deshalb nur Sonderfälle einer einheitlichen Betrachtung explizit, weil sie – bereits strukturell – im notwendigen Zusammenhang mit der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) steht. Letztere ordnet – worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat – die getrennte Abrechnung bei Verlegungsfällen explizit an. Konkret ergibt sich das aus § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 FPV (2019). Dort wird bestimmt, dass die Fallpauschalen jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus abgerechnet werden (dazu BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 15/11 R, Rn. 19, juris). Im Fall der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet also jedes beteiligte Krankenhaus eine (eigene) Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 FPV 2019 im Fall der Verlegung, die § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2019 begrifflich definiert, gemindert. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV (2019) ist im Falle einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus von dem verlegenden Krankenhaus ein Abschlag vorzunehmen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten wird. Selbiges gilt, wenn durch die Verlegung im aufnehmenden Krankenhaus die mittlere Verweildauer unterschritten wird. Auch dieses (aufnehmende) Krankenhaus hat dann einen entsprechenden (Verlegungs-)Abschlag zu berücksichtigen (so § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2019)

 

Die Verlegung setzt lediglich voraus, dass Patienten innerhalb von 24 Stunden aus einem Krankenhaus entlassen und in ein anderes Krankenhaus aufgenommen wurden. Von weiteren Voraussetzungen machen die vorgenannten Regelungen der FPV die getrennte Abrechnung eines Verlegungsfalles durch das verlegende und das aufnehmende Krankenhaus nicht abhängig (vgl. BSG, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R, Rn. 18, juris). Bereits daraus ergibt sich, dass im Fall der Verlegung jede Fallpauschale für sich zu kodieren ist, das bedingt, dass für jeden Aufenthalt separat eine ressourcenbezogene Hauptdiagnose zu bilden ist (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2019 – L 1 KR 326/18, Rn. 25, juris).

 

§ 1 Abs. 1 Satz 2 FPV (2019) folgt damit bewusst nicht dem abweichenden früheren System von § 14 Abs. 5 und Abs. 11 BPflV, wonach bei Verlegungen im Rahmen einer (dauerhaften) Zusammenarbeit von Krankenhäusern einheitliche Fallpauschalen abzurechnen waren, die zwischen den beteiligten Krankenhäusern aufzuteilen waren (dies betont zuletzt BSG, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R – zur Verlegung von Uniklinik in wohnortnahes Krankenhaus; bereits zuvor, BSG, Urteil vom 19. September 2007 – B 1 KR 39/06 R Rn. 19 ff., juris, noch zur Situation der Fallpauschale nach § 14 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 7 BPflV in der Fassung vom 9. Dezember 1997). Diese getrennte Abrechnung gilt auch dann, wenn es sich medizinisch um einen Behandlungsfall handelt, dessen Leistungen nach der Verlegung z.  B.  aus Kapazitätsgründen in zwei Krankenhäusern erbracht werden.

 

Die Regelungen der FPV und der DKR greifen als vereinbarte Abrechnungsbestimmungen (Normenverträge) ineinander und binden sowohl die Kostenträger (Krankenkassen) wie auch die zur Leistungserbringung verpflichteten Träger der Krankenhäuser (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R, Rn. 17 und 18, juris). Entgegen der Auffassung der Klägerin gibt es dabei gerade keinen Vorrang der Regelungen der DKR im Verhältnis zu den Regelungen der Fallpauschalenvereinbarung. Vielmehr bilden DKR und FPV den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG folgt (so zutreffend: Lungstras/Bockholdt, NZS 2021, 1, 6) und liegt ein Zusammenspiel vor. Auch die Kodierregel in D002f Satz 6, wonach „bei der Festlegung der Hauptdiagnose die vorliegenden Kodierrichtlinien Vorrang vor allen anderen Richtlinien“ haben (D002f DKR 2019, S. 5 oben), steht dazu nicht im Widerspruch, denn sie verhält sich bereits nach ihrem Wortlaut nicht zur Fallpauschalenvereinbarung, sondern zu konkurrierenden Richtlinien, wohl auch medizinischer Natur.

 

Vor diesem normativ-vertraglichen Hintergrund erhellt, dass die DKR D002f für die Verlegung selbst keine weiteren Ausführungen zur Frage enthält, auf welches Krankenhaus für die Bestimmung der Hauptdiagnose abzustellen ist, sondern nur die Ausnahmen von dem Grundsatz der getrennten Abrechnung und Betrachtung explizit regelt. Das Schweigen der DKR im Übrigen ist insoweit ein mit Blick auf die oben beschriebenen Regelungen der FPV beredtes.

 

Die getrennte Betrachtung des Ressourcenverbrauchs begründet ihrerseits im Fall der Verlegung Pflichten der daran beteiligten Krankenhäuser aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Gerade wegen der getrennten Abrechnung nach Fallpauschalen im Fall einer Verlegung, die trotz der Verlegungsabschläge sowohl für das verlegende wie für das aufnehmende Krankenhaus regelmäßig zu höheren Gesamtbehandlungskosten für die Krankenkassen führt, hat das Bundessozialgericht zuletzt betont, aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot und aus § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V ergebe sich die Verpflichtung für zugelassene Krankenhäuser, Versicherte grundsätzlich nicht ohne sachlichen (medizinischen) Grund in ein anderes Krankenhaus zu verlegen. Verletzt ein Krankenhaus diese (Neben-)Pflicht, kann daraus ein Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegen das verlegende Krankenhaus nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.  V.  m.  § 280 Abs. 1 BGB erwachsen (näher BSG, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 4/22 R , Rn. 24 ff., Rn. 29, 39, juris).

 

c. Ausgehend von diesen zwingenden Vorgaben musste die Klägerin als Hauptdiagnose – wie das Sozialgericht völlig zutreffend ausgeführt hat – die ICD-10 J96.90 (Respiratorische Insuffizienz, nicht näher bezeichnet Typ I [hypoxisch]) der Kodierung zugrunde legen. Denn die damit umschriebene Krankheit bildete den Schwerpunkt des Ressourcenverbrauchs während des stationären Aufenthaltes der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin ab dem 27. Februar 2019 bis zu ihrer (weiteren) Verlegung in die Evangelische Lungenklinik Berlin am 16. März 2019. Das ergibt sich sowohl aus der Patientenakte als auch den Feststellungen des Gutachters Dr. N. Die Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin aus dem Elbe-Elster Klinikum erfolgte allein wegen einer notwendigen invasiven Beatmungspflicht auf dem Boden einer respiratorischen Insuffizienz bei gesicherter schwerer Lungenentzündung (ICD-10 J18.9), die sich am Tag nach der OP der Femurfraktur manifestierte. Die in der vorliegenden Patientenakte dokumentierten Behandlungsmaßnahmen des Krankenhauses der Klägerin sind im Schwerpunkt solche der Behandlung der respiratorischen Insuffizienz. In der Patientenakte dokumentierte Maßnahmen sind solche der Überwachung bei (invasiver) Beatmung (u.  a.  des Kreislaufs), Pflege nach Extubation (z.  B.  am 3. März 2019), so z.B. Absaugen von Sekret über die Nase, da die Patientin nicht selbständig abhusten konnte sowie des mehrfachen Versuchs eines Weanings, u.  a.  mit Re-Intubation bei Erschöpfung und Tracheotomie.

 

Behandlungsmaßnahmen und pflegerische Maßnahmen hinsichtlich der bereits zuvor operativ versorgten Femurfraktur erfolgten nur am Rande (z.  B.  Wundversorgung und Physiotherapie), so z.  B.  am 4. und 5. März 2019: „Passive Krankengymnastik, sitz Bettrand, Vibrax (= Vibrax Massage-Handgerät Senator Standard 3 D, Flächen-Massagegerät), Vitalleistung Knie, Sitzen.“ Diese aus der Dokumentation erkennbare Hauptleistung bestätigt der Gutachter Dr. N in seinem medizinischen Gutachten, gegen welches die Klägerin keine substantiierten Einwände erhoben hat. So verweist der Gutachter auch auf den Abschlussbericht des Krankenhauses der Klägerin vom 24. November 2020 (Patientenakte), der keine Behandlungsmaßnahmen hinsichtlich der operierten Femurfraktur erwähnt. Gegenteiliges zum Ressourcenverbrauch hat die Klägerin bis zuletzt auch nicht vorgetragen. Auf einen von der Klägerin behaupteten Kausalzusammenhang zwischen der Femur-OP und der zeitlich danach auftretenden Lungenentzündung (infolge der hier nach der OP nur kurzen Immobilität) kommt es dagegen für den Ressourcenverbrauch im Krankenhaus der Klägerin nicht an.

 

Gemäß D003l DKR 2019 war die Femurfraktur damit lediglich als Nebendiagnose zu kodieren, denn nach dieser Regelung ist sie definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthalts entwickelt, wenn sie entweder therapeutische Maßnahmen, diagnostische Maßnahmen oder einen erhöhten Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand hervorruft. Davon ist hier nach der Patientenakte auszugehen.

 

4. Auf der Grundlage der Hauptdiagnose J96.90 ergibt sich unter Heranziehung des zertifizierten Groupers sowie unter Berücksichtigung der Nebendiagnosen und OPS-Prozeduren die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 14. November 2023 zuletzt noch einmal dem Senat gegenüber überzeugend begründete DRG A11H. Mit Blick auf diese zutreffende Hauptdiagnose wird im Verarbeitungsvorgang des Groupers schon deshalb nicht die von der Klägerin genannte DRG W36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung > 784 / 828 / 828 Aufwandspunkte bei Polytrauma oder Polytrauma mit Beatmung oder Kraniotomie mit endovaskulärer Implantation von Stent-Prothesen an der Aorta) angesteuert. Auf die Frage, ob die von der Beklagten stattdessen ermittelte DRG auch deshalb unzutreffend ist, weil es bei der Versicherten am notwendigen Merkmal eines Polytraumas fehlt, kommt es im Ergebnis nicht an. Es lag insoweit zwar ein Oberschenkelhalsbruch vor, die Lungenverletzung mit Pneumothorax sollte nach der begründeten Auffassung des Gutachters Dr. Nohl aber als Komplikation im Rahmen der intensiv-medizinischen Betreuung und nicht als weiteres Trauma gesehen werden (S. 4 des Gutachtens Dr. Nohl vom 26. Oktober 2022).

 

Die zutreffende DRG A11H ergibt sich, weil allein die Hauptdiagnose der J96.90 (Respiratorische Insuffizienz, nicht näher bezeichnet Typ I [hypoxisch]) und keine weitere Hauptdiagnose in den Abrechnungsvorgang einzuspeisen ist. Soweit der Gutachter Dr. N dagegen auf der Basis einer von ihm vorgenommenen und dokumentierten Verwendung des nicht zertifizierten Web-Groupers die abweichende DRG E36Z ermittelte, entspricht dieses Ergebnis nicht den Vorgaben der DKR 2019. Es beruht auf der Eingabe von zwei parallelen Hauptdiagnosen in das Verarbeitungsprogramm. So hat der Gutachter nach dem seinem Gutachten beigefügten Web-Grouper-Ausdruck neben der Diagnose J96.90 auch die weitere Diagnose J18.9 (Pneumonie, nicht näher bezeichnet) gleichrangig als Hauptdiagnose in den Grouper, damit den Berechnungsvorgang, eingegeben. Dieses Vorgehen entspricht aber nicht den Bestimmungen der DKR 2019. Denn gemäß D002f ist, wenn mehrere Diagnosen als Hauptdiagnosen in Betracht kommen, nur eine unter ihnen für die Kodierung als (maßgebende) Hauptdiagnose auszuwählen. Die gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer Hauptdiagnosen nebeneinander ist dagegen schon mit Blick auf die Formulierung der DKR D002f nicht zulässig. Das zeigt sich u.  a.  daran, dass die DKR D002f eine besondere Regelung für den Fall enthält, in dem nach der Grundregel, die in D002f Satz 1 und den folgenden Sätzen nebst Anmerkung beschrieben ist, mehrere Diagnosen als Hauptdiagnosen in Betracht kommen (vgl. die spezifische Regelung zu „Zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der Hauptdiagnosen entsprechen“ in D002f, 2019, Seite 6). Allein die vom Gutachter vorgenommene nicht zulässige Berücksichtigung der oben genannten beiden Hauptdiagnosen nebeneinander im Rahmen des Grouper-Vorganges führt im vorliegenden Fall zur (unrichtigen) DRG E36Z.

 

5. Entgegen den Berechnungen des Gutachters Dr. war im Rahmen der Eingaben in den Grouper zu berücksichtigen, dass die Versicherte aus einem Krankenhaus (Elbe-Elster Klinikum) nahtlos in das Krankenhaus der Klägerin verlegt und auch von dort aus unmittelbar in ein weiteres Krankenhaus (Evangelische Lungenklinik Berlin) weiter verlegt wurde. Daraus folgt zum einen eine berücksichtigungsfähige Verweildauer von (lediglich) 17 Tagen, zum anderen führt dies zur Berücksichtigung von Abschlägen. Beides hat der Gutachter nicht beachtet und ist auch deshalb in seinem Web-Grouper-Ausdruck zu einem der Höhe nach unzutreffenden DRG-Erlös gelangt.

 

a. § 1 Abs. 7 Satz 1 FPV 2019 bestimmt insoweit, dass maßgeblich für die Ermittlung der Verweildauer die Zahl der Belegungstage ist. Belegungstage sind der Aufnahmetag sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts ohne den Verlegungs- oder Entlassungstag aus dem Krankenhaus (Satz 2). Ausgehend davon liegt zwar ein tatsächlicher Krankenhausaufenthalt der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin von 18 Tagen vor. Wird der Verlegungs- wie auch der Entlassungstag aber nach der FPV nicht berücksichtigt, beträgt in ihrem Fall die Verweildauer 17 Tage. Daraus ergibt sich ein DRG-Erlös (ohne Zu-/Abschläge) in Höhe von 31.851,19 Euro.

b. Die Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin sowie aus dem Krankenhaus der Klägerin in ein weiteres Krankenhaus führt zwingend zur Berücksichtigung eines Verlegungsabschlages gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 FPV 2019. Dieser ist vorgesehen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten wird. Die mittlere Verweildauer beträgt – ausgehend von der DRG A11H – im Fall der Versicherten 23.2 Tage (Fallpauschalen-Katalog G-DRG-Version 2019). Die hier berücksichtigungsfähige Verweildauer von nur 17 Tagen unterschreitet diese mittlere Verweildauer. Daraus ermittelt sich ein Abschlag in Höhe von 7.645,98 Euro, bei dessen Berücksichtigung sich ein effektiver DRG-Erlös in Höhe von 24.205,21 Euro errechnet. Für die Behandlung der Versicherten ist zusätzlich ein Zusatzentgelt in Höhe von 106,06 Euro zu berücksichtigen und wegen eines erhöhten Pflegeaufwandes bei pflegebedürftigen Personen ein weiteres Zusatzentgelt (ZE 162) in Höhe von 106,06 Euro gemäß DRG-Tabelle 1 (Anhang 1 zum Fallpauschalenkatalog 2019). Werden diese Zuschläge zum effektiven DRG-Erlös addiert, ermittelt sich ein Vergütungsanspruch in Höhe von insgesamt 24.434,74 Euro. Die Klägerin hat dagegen keine Einwände erhoben. Allein in Höhe dieses Rechnungsbetrags entstand mit der stationären Behandlung der Versicherten ein Vergütungsanspruch der Klägerin.

 

In Höhe des darüber hinausgehenden Betrags, den die Klägerin mit 35.993,39 Euro beziffert, hat sie dagegen aus der obigen Behandlung keinen Vergütungsanspruch erworben. Für die Beklagte entstand mit der (vorbehaltlosen) Zahlung auf die Endrechnung in Höhe von 60.428,13 Euro ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe.

 

6. Die Beklagte hat mit dieser Erstattungsforderung wirksam aufgerechnet. Zwar hat sie nicht ausdrücklich formuliert, dass sie gegen eine bestimmte Forderung der Klägerin aufrechnet. Die Erklärung der Aufrechnung braucht indes nicht ausdrücklich zu erfolgen, es genügt vielmehr eine klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens auf Seiten des Aufrechnenden (grundlegend: BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 – B 3 KR 21/03 R, Rn. 33, juris). Diese lag hier vor.

 

Die Aufrechnung führte zum Erlöschen einer unstreitigen anderen Forderung in Höhe von 35.993,39 Euro. Der Klägerin steht mithin kein (weiterer) Vergütungsanspruch gegen die Beklagte zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m.  § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und berücksichtigt, dass das Rechtsmittel der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

 

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

 

 

Rechtskraft
Aus
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