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Gesundheitswesen

Entsetzen über Aus für Extremfrühchen-Station in Neubrandenburg

Berlin/Schwerin / Lesedauer: 3 min

Die Linke spricht von einem „Schlag ins Gesicht“ der Menschen in der Region. Die Bundesregierung sieht offenbar keinen Änderungsbedarf zum Erhalt der Extremfrühchen-Station.
Veröffentlicht:27.02.2024, 06:06

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Das wohl endgültige Aus für die Station zur Versorgung sogenannter Extremfrühchen am Neubrandenburger Klinikum stößt in der Region auf Unverständnis. Wie aus einer Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ina Latendorf (Die Linke) hervorgeht, hält die Bundesregierung die im Oktober 2023 im Petitionsausschuss vorgetragenen Bedenken für nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des sogenannten Mindestmengenbeschlusses infrage zu stellen.

Dieser war vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt worden und führte Anfang 2023 zur Schließung des Perinatalzentrums Level 1 am Neubrandenburger Klinikum. Frühchen mit einem Geburtsgewicht von über 1250 Gramm werden weiter behandelt. Bundesweit könnte wegen der Mindestmengen jede vier solche Station schließen müssen, fürchten Experten.

110.000 Menschen unterstützten Petition

Eine in Neubrandenburg gestartete Petition „Keine Schließungen von Geburtshilfestationen aufgrund der Hochsetzung der Mindestfallzahl“ war Ende 2022 von mehr als 110.000 Menschen gezeichnet worden. Nach diesem Erfolg wurde das Anliegen der Einreicherin Renate Krajewski, Vorsitzende der Mitarbeitervertretung am Neubrandenburger Klinikum, mit dem höchsten Votum des Bundestags einstimmig an die Bundesregierung verwiesen. Eine offizielle Antwort hat es aber noch nicht gegeben.

Doch darauf hofft die Klinikleitung. „Wir haben nach wie vor keine offizielle Stellungnahme der Bundesregierung auf den Beschluss des Bundestages vom 12. Oktober 2023, die Petition zu den Mindestmengen für Perinatalzentren zu berücksichtigen“, teilte das Klinikum mit. Die Antwort des Gesundheitsministeriums auf die Anfrage im Bundestag zeige, dass die Regierung immer wieder auf die gleichen Studien verweise, die einen Zusammenhang zwischen Qualität und Zahl der Behandlungen herstellten. Neuere Studien, die zu anderen Ergebnissen kämen, würden nicht berücksichtigt.

Linke-Politiker sprechen von „Schlag ins Gesicht“

Der Parlamentarische Geschäftsführer und gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Torsten Koplin, und die Bundestagsabgeordnete Ina Latendorf warfen der Bundesregierung „bodenlose Ignoranz“ vor und sprachen von einem Schlag „ins Gesicht einer ganzen Region“. Ein weiteres Mal setze sich die Ampel-Regierung über den Willen tausender Menschen hinweg und zeige der Petentin und all ihren Unterstützern die „kalte Schulter“. Dabei haben ihren Worten nach in den zurückliegenden Monaten etliche Frühchen in Neubrandenburg im Wege eines Notfalls versorgt werden müssen: „Das dokumentiert doch den Bedarf.“

Klinikum nennt lange Wege eine "Zumutung"

Mit Blick auf die noch ausstehende Stellungnahme bleibt für Neubrandenburgs Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) zu hoffen, dass die Bundesregierung in ihrer Entscheidung die „gravierenden Folgen“ für mehr als 400.000 Menschen im Osten Mecklenburg-Vorpommerns berücksichtige, die sich durch die Stations-Schließung ergeben.

Der für Neubrandenburg direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki (SPD) sprach von einem „Rückschlag“. Der Kampf sei aber noch nicht vorbei, sagte von Malottki dem Nordkurier. Neben der noch ausstehenden Stellungnahme der Bundesregierung werde es bei Ablehnung eine Diskussion im Petitionsausschuss geben. Weitere Möglichkeiten seien die Krankenhausreform sowie eine mögliche Forderung von sogenannten Fachgesellschaften, dass der G-BA sich anders positionieren solle.

Wegen des Behandlungsverbots für Frühchen mit einem Geburtsgewicht von 1250 Gramm am Neubrandenburger Klinikum müssen betroffene Eltern in der Region jetzt nach Berlin, Greifswald, Rostock oder Schwerin ausweichen. Eine Ausnahmegenehmigung für das Neubrandenburger Klinikum lehnten die Kranken- und Ersatzkassen als Kostenträger ab. Die Neubrandenburger Klinikleitung nannte es schade, dass sich „manche Politiker und Mitarbeiter von Krankenkassen nicht in die Lage von Familien im ländlichen Raum hineinversetzen können, für die die langen Wege durch den Wegfall solcher Zentren eine Zumutung sind“.