Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 41/22 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Kodierung - diabetisches Fußsyndrom - Dekubitus

Verhandlungstermin 20.03.2024 13:00 Uhr

Terminvorschau

Klinikgruppe D. G. GmbH & Co. KG  ./.  AOK Nordost - Die Gesundheitskasse
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. In dessen Herz- und Diabeteszentrum wurde in der Zeit vom 8. Februar bis 2. Mai 2016 ein Versicherter der beklagten Krankenkasse vollstationär wegen eines ausgeprägten Gangräns am linken Fuß bei diabetischem Fußsyndrom mit notfallmäßiger Vorfußamputation behandelt. Wegen einer Angiopathie der verschlossenen distalen Arteria poplitea links (Durchblutungsstörung des Unterschenkels im Sinne einer peripheren arterielIen Verschlusskrankheit <pAVK>) erfolgte anschließend eine Stentimplantation (perkutane transluminale Angioplastie). Die Klägerin berechnete dafür 30 609,43 Euro nach Diagnosis Related Group (DRG) F59A unter Kodierung der Hauptdiagnose ICD-10-GM E11.75 (Diabetes mellitus, Typ 2, Mit multiplen Komplikationen, Mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet,) und unter anderem der (erlösrelevanten) Nebendiagnose ICD-10-GM L89.38 (Dekubitus 4. Grades, Sonstige Lokalisationen der unteren Extremität). Die Beklagte beglich den Rechnungsbetrag zunächst vollständig, verrechnete nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung jedoch 11 842,68 Euro mit anderweitigen, unstreitigen Forderungen der Klägerin: Da kein Dekubitus vorgelegen habe, sei die Nebendiagnose ICD-10-GM L89.38 nicht zu kodieren. Die danach maßgebliche DRG F28C ergebe den verrechneten Differenzbetrag.

Das Sozialgericht hat die Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages abgewiesen. Das Landessozialgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe zwar zutreffend als Hauptdiagnose ICD-10-GM E11.75 verschlüsselt, da ein kausaler Zusammenhang zwischen der pAVK und dem bekannten Diabetes mellitus bestehe. Der Dekubitus könne jedoch nur kodiert werden, wenn er tatsächlich bestehe. Das sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Ein Dekubitus könne nicht deshalb kodiert werden, weil dieser bei dem entstandenen Wundtyp gut passe und in der speziellen Kodierrichtlinie 0401h der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) genannt sei. Für Analogien, Ausdehnungen und Hilfskonstruktionen sei im lernenden DRG-System kein Raum.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 109 Absatz 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz, § 7 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und § 9 Absatz 1 Krankenhausentgeltgesetz und der Fallpauschalenvereinbarung 2016 in Verbindung mit der DRG F59A.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Hamburg, S 48 KR 781/19, 11.02.2021
Landessozialgericht Hamburg, L 1 KR 29/21, 22.09.2022

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 9/24.

Terminbericht

Der Senat hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Landessozialgericht hat zu Recht entschieden, dass hier nach DRG (Diagnosis Related Group) F28C abzurechnen war. Diese Fallpauschale ergibt sich, weil neben der Hauptdiagnose ICD-10-GM E11.75 nicht ICD-10-GM L89.38 als (erlösrelevante) Nebendiagnose zu kodieren ist. Der ICD-Kode L89.38 setzt einen Dekubitus voraus, der hier nicht vorlag. Ein Dekubitus im Sinne dieses Kodes erfordert eine durch Druckbelastung verursachte Gewebeschädigung. Dies folgt aus einer bei Abrechnungsbestimmungen gebotenen eng am Wortlaut orientierten und durch systematische Erwägungen unterstützten Auslegung des ICD-Kodes. Nichts anderes folgt aus der Auslegung von 0401h der Deutschen Kodierrichtlinien. Ob die vorliegende Erkrankung und die durchgeführte Behandlung durch diese Kodierung adäquat abgebildet werden, ist für die Auslegung unerheblich. Denn Abrechnungsbestimmungen dürfen weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 9/24.

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