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„Gewaltige Verschwendung von Steuermitteln“: Betreiber des Frankfurter Markuskrankenhauses verklagt die Stadt

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Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender der Agaplesion, vor dem Markuskrankenhaus.
Markus Horneber, Vorstandsvorsitzender der Agaplesion, vor dem Markuskrankenhaus. © Rolf Oeser

Agaplesion sieht in Subventionen des Klinikums Höchst Wettbewerbsverzerrung. Ein Urteil hätte bundesweite Auswirkungen.

Frankfurt -Die Agaplesion Frankfurter Diakonie-Kliniken haben beim Frankfurter Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt Frankfurt eingereicht. Der Vorwurf: Die Subventionen ans Klinikum Höchst seien mittlerweile so hoch, dass sie den Wettbewerb der Frankfurter Krankenhäuser untereinander verzerrten. Das sei „unzulässig“, „unfair“ - und eine „gewaltige Verschwendung von Steuermitteln“, sagt Agaplesion Vorstandsvorsitzender Markus Horneber.

Eines seiner Hauptargumente findet sich in der Tischvorlage zur Rettung des Höchster Klinikums mit 47 Millionen Euro bis Ende des Jahres, der die Frankfurter Stadtverordneten Mitte Juli vergangenen Jahres zugestimmt haben: 30 Prozent aller Krankenhäuser seien in ihrer Existenz bedroht, steht dort. Und: „Gerade für die kommunalen Krankenhäuser mit ihrem Versorgungsauftrag und den wichtigen medizinischen Leistungen für einen breiten Teil der Bevölkerung muss [die Insolvenz] verhindert werden.“

Einen Versorgungsauftrag habe die gleichgroßen Frankfurter Diakonie-Kliniken, zu denen das Markus- und das Bethanienkrankenhaus gehören, aber auch, sagt Horneber. Und „wichtige medizinische Leistungen“ erbringe es ebenfalls. „Wir behandeln über 40 Prozent der Herzinfarkte in Frankfurt, haben eine große Geriatrie, die Psychiatrie und ein zertifiziertes Brustkrebszentrum mit rund 600 Mamma-Primärkarzinom-Behandlungen pro Jahr. Das kann keine andere Klinik so einfach kompensieren.“ Wenn das Klinikum Höchst auf dieser Basis Zuschüsse bekomme, müssten die Diakonie-Kliniken ebenfalls welche bekommen - oder beide keine. Ansonsten werde sich verschärfen, was bereits begonnen habe: Über zwei Drittel der 33 Krankenhäuser, die im Jahr 2023 Insolvenz angemeldet haben, seien in freigemeinnütziger Trägerschaft gewesen. „Und fehlender Wettbewerb geht irgendwann zulasten der Patienten.“

Dezernent sieht keinen Gesprächsbedarf

Natürlich könne auch andersherum kein anderes Haus die Leistungen des Höchster Klinikums ersetzen, es pleitegehen zu lassen, sei auch mit Hinblick auf den Neubau unsinnig, räumt Horneber ein. „Aber man könnte zum Beispiel über eine Kooperation reden.“ Das klappe etwa im niedersächsischen Schaumburg, wo 2017 zwei Kreis- und ein evangelisches Krankenhaus unter dem Dach von Agaplesion zusammengelegt wurden, sehr gut. „Wenn es uns gemeinsam gelänge, aus dem Defizit rauszukommen, könnten die städtischen Gelder stattdessen für Kindergärten, Schulen oder die Jugendsozialarbeit genutzt werden.“

Hornebers Klage ist nicht neu. Bereits im September hatte er Klinikdezernent Bastian Bergerhoff (Grüne) um ein Gespräch gebeten, um genau solche Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. „Es hat bis dato nicht stattgefunden“, sagt Horneber. Und tatsächlich sieht Bergerhoff auch keinen Gesprächsbedarf: „Natürlich haben wir das vorher beihilferechtlich geprüft“, sagt er. Und das Rechtsamt der Stadt sei zum Ergebnis gekommen, dass die Subventionen rechtmäßig seien.

Da half es auch nichts, dass Horneber dem Klinikdezernenten die 63-seitige Klageschrift im Vorfeld zukommen ließ. Zurück kam lediglich ein Schreiben, in dem Bergerhoff ihm noch einmal mitgeteilt habe, dass die Stadt eine andere Rechtsauffassung vertrete. „Die Klage einzureichen war der konsequente Schritt“, sagt Horneber.

Gleichzeitig betont er, dass nicht Frankfurt direkt gemeint ist: „Wir haben ja nichts gegen die Stadt und sind auch gute Partner.“ Aber Frankfurt stehe beispielhaft für die allgemein verbreitete Praxis, kommunale Krankenhäuser mit teils enorm hohen Beträgen zu bezuschussen, Kliniken in freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft aber nicht. Da das Klinikum Höchst, das von der Stadt Frankfurt und dem Main-Taunus-Kreis getragen wird, und die Diakonie-Kliniken, die zur evangelischen Agaplesion gAG gehören, in etwa gleich groß sind, eigneten sie sich besonders gut für einen Vergleich. „Es geht hier um die Klärung eines bedeutungsvollen Sachverhalts, der je nach Urteil große Flächeneffekte haben könnte“, sagt Horneber. Er sei gespannt auf den Austausch der Argumente.

Die Klage gegen die Stadt Frankfurt ist nicht die erste zu diesem Thema, seit die Corona-Pandemie die Schwierigkeiten der deutschen Krankenhäuser noch einmal deutlich verschärft hat. Bereits im Herbst vergangenen Jahres haben die DRK-Kliniken Berlin Köpenick, unterstützt von 29 weiteren nicht-kommunalen Krankenhäusern Klage gegen das Land Berlin eingereicht. Trotz mehrmaliger Aufforderungen hat das dortige Verwaltungsgericht aber bisher noch nicht einmal Antwort vom Land bekommen. „Ich hoffe, dass es in Frankfurt schneller geht“, sagt Horneber.

Dennoch rechnet er mit einer langen Verfahrensdauer. „Aber wenn dadurch das Bewusstsein dafür steigt, wie ungleich Krankenhäuser behandelt werden, obwohl wir im Moment alle mit den gleichen existenzbedrohenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ist es mir das wert.“

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