S 48 KR 218/18

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
SG Aurich (NSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Aurich (NSB)
Aktenzeichen
S 48 KR 218/18
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
 
Leitsätze

Bei der Abgrenzung von stationärer zu ambulanter Versorgung im Krankenhaus ist neben einem intensiven Einsatz von Personal und Material zu berücksichtigen, ob bei der ambulanten Vergütung der Bewertungsspielraum eingehalten worden ist.

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.020,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.09.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungsleistungen.

Bei der Klägerin handelt es sich um die Trägerin eines nach § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Plankrankenhauses, der G. (im Folgenden Klinikum genannt). Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte und am H. geborene I. (im Folgenden: Patient) befand sich nach einer Alarmierung des Rettungswagens um 13:31 Uhr wegen Übelkeit und Drehschwindel am 28.12.2017 ab 13:45 Uhr im Klinikum in einer Spezialstation zur Akutbehandlung von Schlaganfallpatienten (im Folgenden: stroke unit) in Behandlung.

Der Patient berichtete, am Aufnahmetag erwacht zu sein und kurz darauf starken Schwindel und Übelkeit empfunden zu haben. Zwischen Dreh- und Schwankschwindel könne er nicht differenzieren, zum Erbrechen sei es nicht gekommen. Auf der Fahrt im Rettungswagen mit erhöhtem Oberkörper sei es zur Besserung der Beschwerden gekommen, bei Aufnahme in der zentralen Patientenaufnahme sei die Symptomatik verschwunden und "alles so wie vorher" gewesen. Der Patient gab an, vor etlichen Jahren einen Schlaganfall in einem ihm nicht bekanntem Gefäßterritorium erlitten zu haben. Seitdem sei residuell eine linksseitige, armbetonte Hemiparese vorhanden. Der Arm stehe seitdem in gebeugter Stellung mit Kontrakturen. Ergänzend berichtete der Patient, vor drei bis vier Tagen gestürzt zu sein. Er sei nicht ausgerutscht, der Sturz sei "aus heiterem Himmel" gekommen, es gäbe Niemanden im Haushalt, der das Sturzereignis oder die Zeit nach dem Sturz hätte beobachten können. Außerdem habe er eine Erinnerungslücke für das Sturzereignis selbst. Zuckungen o.ä. habe er selbst bislang noch nie an sich bemerkt.

Als Vorerkrankungen nahm das Klinikum auf: Diabetes mellitus Typ 2, insulinpflichtig, nicht näher bezeichnete Arteriosklerose, arterielle Hypertonie, Z. n. Apoplex (a. a. Media rechts) mit residueller Hemiparese links und Allergie gegen Krankenhausbettwäsche.

Um 14:32 Uhr sandte die Klägerin an die Beklagte eine Aufnahmeanzeige/Kostenübernahmeantrag mit der Aufnahmediagnose S06.5 und einem voraussichtlichen Entlassungstermin am 05.01.2018 (Bl. 15 GA).

Folgenden neurologischen Befund erfasste das Klinikum: „Kein Meningismus. Blickrichtungsnystagmus mit grobschlägigem unerschöpflichem Nystagmus nach re.>li., GF fingerperimetrisch frei, keine Blickparese, Uvula mittig, Zunge -jedoch nicht konstant-leicht nach links abweichend, diskrete Hypakusis rechts. Muskeleigenreflexe der oberen und unteren Extremitäten seitengleich sehr schwach auslösbar, ASR und RPR bds. nicht erhältlich. Keine sicheren Pyramidenbahnzeichen (linker Babinski nicht gut beurteilbar). Linksseitige spastische Hemiparese (bekannt) mit Kontrakturen. Muskeltonus links erhöht. Koordination rechte Extremitäten intakt. Keine Angabe eines seitendifferenten sensiblen Defizits. Keine Aphasie oder Apraxie.“

Um 15 Uhr wurde eine Röntgenuntersuchung des Thorax in zwei Ebenen durchgeführt (Bl. 29 PA), bei der arterielle Sklerosierungen festgestellt sowie Infiltrate und Stauungen ausgeschlossen wurden. Ein MSCT um 15:24 Uhr (Bl. 30 PA) erbrachte den Befund „Hypodensität links temporoparietal mit teilweise randständigen hyperdensen Anteilen. Der maximale axiale Durchmesser der Läsion in Höhe des Daches des dritten Ventrikels beträgt ungefähr 10 mal 2,5 cm. Die Mittellinienstrukturen werden um ungefähr 1,2 cm nach rechts verlagert, der linke Seitenventrikel wird diskret komprimiert, die Sulcuszeichnung links hochparietal ist deutlich verstrichen. Keine Hinweise auf eine Liquorzirkulationsstörung. Kleine ältere Defekte in den Basalganglien beidseits, rechts ausgedehnter als links. Kein Anhalt für einen frischen Infarkt.“ Es erfolgte die Beurteilung: „Sehr ausgedehntes chronisches Subduralhämatom links mit frischen Einblutungen und Zeichen der Raumforderung. Kein Anhalt für Liquorzirkulationsstörungen, derzeit keine Hinweise auf eine Einklemmung.“

Aufgrund dieses Untersuchungsergebnisses wurde der Patient noch am selben Tag um 16:52 Uhr in die neurochirurgische Behandlung in das J. in K. verlegt und dort weiter behandelt.

Die Klägerin stellte der Beklagten für diese Leistungen am 03.01.2018 einen Betrag in Höhe von 1.020,90 € mit der DRG (Diagnosis Related Group) B78B in Rechnung. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 09.01.2018 mit, dass die Voraussetzungen für eine vollstationäre Behandlung nicht erkennbar seien. Ein Behandlungsplan über mindestens einen Tag und eine Nacht sei nicht erkennbar. Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 12.01.2018, dass es sich nicht um eine Aufnahmeuntersuchung, sondern um eine stationäre Aufnahme gehandelt habe. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst.

Auf Antrag der Beklagten vom 16.01.2018 gerichtet auf Überprüfung einer primären Fehlbelegung erstattete der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein Gutachten vom 05.07.2018, in dem der MDK eine primäre Fehlbelegung bejahte, weil der Patient zwar kurz in die Abläufe der stroke unit integriert gewesen sei, aber ein ärztlicher Behandlungsplan für mindestens 24 Stunden nicht vorgelegt worden sei.

Das Ergebnis, dass es sich um eine ambulante Notfallbehandlung handele, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.07.2018 mit und bat um Übersendung einer korrigierten Rechnung und Erstattung. Die Klägerin erwiderte mit Schreiben vom 23.07.2018, dass eine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe.

Die Beklagte nahm am 06.09.2018 eine Aufrechnung mit diesem Betrag gegenüber einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin gegenüber der Beklagten vor.

Die Klägerin hat am 21.09.2018 beim Sozialgericht Aurich Klage erhoben. Sie ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die ursprüngliche Abrechnung rechtmäßig sei. Der streitgegenständliche Sachverhalt sei mit dem Sachverhalt aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.09.2013, Az: B 3 KR 34/12 R, Rn. 13, zit. nach juris) vergleichbar und dementsprechend zu behandeln. Es habe eine vollstationäre Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen. Bei der Behandlung auf einer speziellen Schlaganfallstation handele es sich vergleichbar zur Intensivstation um eine klassische stationäre Behandlungsleistung. Die Entscheidung zur Verlegung sei erst nach der Diagnostik in der stroke unit getroffen worden. Zuvor sei eine Behandlung bis zum 05.01.2018 geplant gewesen. Dies sei bei der akuten Behandlung eines Schlaganfalles üblich.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.020,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.09.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

       die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die Klage unbegründet sei. Der geltend gemachte Anspruch sei wegen Aufrechnung erloschen. Die ursprüngliche Forderung habe mangels Vorliegen eines stationären Aufenthaltes nicht vorgelegen. Eine stationäre Eingliederung sei nicht erfolgt. Die Aufnahme auf der stroke unit sei lediglich zur Überwachung bis zum Transport erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BSG (B 3 KR 34/12 R, Rn. 13) finde eine Aufnahme in das spezifische System Versorgungssystem eines Krankenhauses nicht statt, wenn sich – wie hier – aufgrund der Aufnahmeuntersuchung eine Verlegung als medizinisch sinnvoll, erforderlich und ausreichend erweise. Nach der Entscheidung des SG Augsburg (S 6 KR 347/16) seien selbst Maßnahmen auf der Intensivstation nur als Erstuntersuchungen einzuordnen, wenn im Vordergrund die Überwachung stehe. Sogar die aufwändige Anwendung von Großgeräten sei danach eine Untersuchung. Die Abklärungsuntersuchung auf der stroke unit sei nicht mit einer Behandlung auf einer Intensivstation, sondern mit der Behandlung in einem Schockraum vergleichbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichts- sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte insbesondere auf die näher bezeichneten Schriftstücke verwiesen, die jeweils Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Leistungsklage ist begründet.

1.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Bezahlung einer Krankenhausleistung nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) i. V. m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i. V. m. dem Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs. 2 Ziff. 1, 2, 4 und 5 SGB V zwischen der NL. und der M. (N.), dem O., dem P., der Q., der R., dem S., dem T. (U.) (im Folgenden Sicherstellungsvertrag genannt) ist nicht durch Aufrechnung nach § 389 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i. V. m. § 69 SGB V wirksam erloschen.

a)

Die hierfür erforderliche Aufrechnungslage nach § 387 BGB ist zwischen den Beteiligten unstreitig, als sich dem von der Beklagten geltend gemachten Erstattungsanspruch eine gleichartige Forderung auf Bezahlung anderer Krankenhausleistungen gegenüberstand. Die Kammer hat unter Berücksichtigung der gängigen Rechtsprechung auf eine nähere Feststellung dieser Forderung der Klägerin verzichtet.

b)

Der Beklagten stand aber kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 1.020,90 € gegenüber der Klägerin zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten durfte die Klägerin für die Behandlung des Patienten am 28.12.2017 einen Betrag in Höhe von 1.020,90 € mit der DRG B78B abrechnen.

aa)

Der Klägerin steht eine Fallpauschalenvergütung nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i. V. m. § 17b KHG, § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und § 9 Abs. 1 S. 1 KHEntgG und der Fallpauschalenvereinbarung 2017 zunächst dem Grunde nach zu, als der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse bei einer vollstationären Krankenhausbehandlung unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch Versicherte entsteht, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V) erfolgt, also abgesehen von Notfällen von dessen Versorgungsauftrag umfasst wird, und im Einzelfall i. S. von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (vgl.: BSG, Urt. v. 09.04.2019, Az: B 1 KR 2/18 R, Rn. 9 mwN, zit. nach juris). Das zugelassene Klinikum führte hier nicht nur eine Aufnahmeuntersuchung durch. Es behandelte den Versicherten - wie abgerechnet – vollstationär und nicht ambulant als Notfall im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen seines Versorgungsauftrages.

(1)

Bei dem Klinikum handelt es sich um ein zugelassenes Krankenhaus.

(2)

Der Patient hat die Leistungen des Klinikums auch in Anspruch genommen. Er wurde untersucht und stationär behandelt.

(3)

Es ist auch eine notwendige stationäre Behandlung erfolgt.

(a)

Die Abgrenzung der vollstationären von der ambulanten Versorgung erfolgt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe hierzu und im Folgenden: BSG, Urt. v. 18.05.2021, Az: B 1 KR 11/20 R, Rn. 11mwN, zit. nach juris) zunächst durch die Aufnahme in das Krankenhaus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V sowie den Gesetzesmaterialien zu § 39 SGB V (vgl.: BT-Drucks. 12/3608, S. 82). Als Aufnahme wird die organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses verstanden. Von einer vollstationären Krankenhausbehandlung ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Patient nach der Entscheidung des Krankenhausarztes mindestens einen Tag und eine Nacht ununterbrochen im Krankenhaus versorgt werden soll. Maßgeblich ist hierbei nicht die tatsächliche Behandlungsdauer im Krankenhaus, sondern die zur Zeit der Aufnahmeentscheidung auf Grundlage des hierbei getroffenen Behandlungsplans prognostizierte. Denn eine einmal auf Grundlage der Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes erfolgte physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Krankenhausversorgungssystem kann grundsätzlich nicht rückwirkend entfallen, etwa indem ein Versicherter gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag wieder verlässt. Gleiches gilt für den Fall, dass die Prognose zur stationären Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der bei der Aufnahme erkennbaren Umstände objektiv zutreffend war, sich jedoch aufgrund erst später erkennbarer Umstände rückblickend als unzutreffend erweist.

Dies ist vorliegend der Fall. Die bei der Aufnahme objektiv erkennbaren Umstände ließen prognostisch auf die Notwendigkeit einer Versorgung in der stroke unit des Klinikums schließen. Aufgrund des Berichtes des Patienten über ein Sturzereignis, Schwindel und Übelkeit, einen stattgehabten Schlaganfall und einer daraus resultierenden Hemiparese durften nicht nur der Rettungsdienst, sondern auch die aufnehmenden Krankenhausärzte von der Gefahr eines erneuten ischämischen Schlaganfalles und der damit einhergehenden notwendigen zeitnahen, umfassenden und spezialisierten Versorgung auf der stroke unit des Klinikums ausgehen. Der ischämische Schlaganfall kann nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft (vgl. hierzu die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, Kapitel 6.2.1, S. 44ff., https://dgn.org/leitlinie/akuttherapie-des-ischamischen-schlaganfalls) zur Verringerung des Sterbe- und Behinderungsrisikos bestmöglich auf einer stroke unit versorgt werden. Das Klinikum hielt vorliegend die vom Wohnort des Patienten nächst erreichbare stroke unit bereit.

Die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans wird nach außen regelmäßig durch die Einweisung auf eine bestimmte Station, die Zuweisung eines Bettes oder das Erstellen entsprechender Aufnahmeunterlagen und Ähnliches dokumentiert. Vorliegend ist anhand der/des um 14:32 Uhr an die Beklagte übersandten Aufnahmeanzeige/Kostenübernahmeantrages mit der Aufnahmediagnose S06.5 und einem voraussichtlichen Entlassungstermin am 05.01.2018 (Bl. 15 GA) ersichtlich, dass die Klägerin eine über mehrere Tage und Nächte für erforderliche stationäre Behandlung prognostiziert hatte. Es erfolgte auch ausweislich der Patientenakte eine Aufnahme auf der Station „B 22 STU“, also der „stroke unit“. Anhand der Pflegedokumentation lässt sich nachvollziehen, dass ab 15:15 Uhr (bis 15:34 Uhr) eine Überwachung der Medikamenteneinnahme, eine Teilwaschung, eine Bettlägrigkeit, eine Kontrolle der Punktionsstelle für den venösen Zugang und die Unterstützung des Patienten bei der Benutzung des Steckbeckens dokumentiert wurden. Anhand der Dokumentation ist auch ein Monitoring der Vitalparameter nachvollziehbar, welches nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft (vgl. hierzu die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, Kapitel 6.3.4, S. 56ff., https://dgn.org/leitlinie/akuttherapie-des-ischamischen-schlaganfalls) zur lückenlosen Erfassung von Komplikationen notwendig ist, weil insbesondere die Überwachung durch Ärzte und Pflegepersonal nicht gleich geeignet ist. Die Verlegung des Patienten erfolgte erst anschließend aufgrund der Ergebnisse der MSCT-Untersuchung.

(b)

Der Anspruch auf Vergütung ist vorliegend auch nicht wegen einer erkennbar fehlenden Behandlungsbedürftigkeit ausgeschlossen (vgl. auch zur maßgeblichen ex-ante-Sicht: BSG, Urt. v. 16.05.2013, Az: B 3 KR 32/12 R, SozR 4-2500 § 275 Nr 13, SozR 4-7610 § 242 Nr 5, Rn. 13mwN, zit. nach juris). Soweit im vorliegenden Fall die für den Schlaganfall vorgesehene Diagnostik den Befund einer neurochirurgisch zu versorgenden Hirnblutung erbracht hat, handelt es sich auch nicht um einen atypischen Fall, der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft aus ex ante Sicht bereits anders hätte erkannt oder versorgt werden müssen, als aufgrund der Aufnahmeanamnese – wie aufgezeigt – von einem ischämischem Schlaganfall auszugehen war und u. a. insbesondere eine (neurochirurgisch zu versorgende) Hirnblutung für die eigentlich im Rahmen der Behandlung des Schlaganfalls vorgesehene Fibrinolysebehandlung ausgeschlossen werden muss (vgl. hierzu die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, Kapitel 6.3.1, S. 50ff., https://dgn.org/leitlinie/akuttherapie-des-ischamischen-schlaganfalls), weil die sog. Lysebehandlung im Falle einer solchen Hirnblutung kontraindiziert gewesen wäre. Aufgrund der Aufnahmeanamnese durften und mussten die aufnehmenden Ärzte von einer Behandlungsbedürftigkeit durch die stroke unit ausgehen. Die Diagnostik mit dem MSCT, die eine neurochirurgische Behandlungsbedürftigkeit zu Tage treten ließ, gehört bereits zu dieser Behandlung. (Einen hinsichtlich der Unterscheidung von Aufnahmeanamnese und Diagnostik im Rahmen der stationären Versorgung vergleichbaren Fall einer Schlaganfalldiagnostik mit anschließender Verlegung zu einer neurochirurgischen Behandlung hatte das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28. Mai 2020 – L 6 KR 52/16 –, Rn. 22ff., juris, im hiesigen Sinne entschieden, konnte sich aber aufgrund der zeitlich früheren Entscheidung noch nicht mit der noch darzustellenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, s.u., auseinandersetzen. Problematisch ist insbesondere die Feststellung einer ausschließlichen Behandlung im Schockraum der Notaufnahme.) Auch der Umstand, dass eine traumatische Hirnblutung bereits in der Aufnahmediagnose festgehalten worden war, begründet keine aus ex ante-Sicht fehlende Behandlungsbedürftigkeit bei der Beklagten. Ein Schlaganfall kann einen ischämischen (Durchblutungsstörung) oder hämorrhagischen (intrazerebrale Blutung) Hintergrund haben (vgl. die Definition in: Pschyrembel, https://www.pschyrembel.de/Schlaganfall/K0PSS/doc/, Stand: 30.01.2024). Eine intrazerebrale Blutung muss nicht immer (neurochirurgisch) operativ behandelt werden. Vielmehr bestand eine solche Indikation insbesondere aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Patienten (>60 Jahre) erst nachdem mit Hilfe des MSCT die Größe der Blutung festgestellt worden war (zur medizinischen Indikation unter Berücksichtigung von Alter und Größe des Hämatoms vgl. die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, Kapitel 8.3, S. 130ff., https://dgn.org/leitlinie/akuttherapie-des-ischamischen-schlaganfalls).

(c)

Ausgeschlossen ist eine vergütungswirksame stationäre Aufnahme in das Krankenhaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. hierzu und im Folgenden: BSG, Urt. v. 18.05.2021, Az: B 1 KR 11/20 R, BSGE 132, 137-143, SozR 4-2500 § 109 Nr 85, SozR 4-2500 § 39 Nr 33, Rn. 17, zit. nach juris) indes grundsätzlich, wenn die Aufnahmeuntersuchung ergibt, dass eine Weiterverweisung an ein anderes Krankenhaus medizinisch erforderlich ist. Die nachfolgende stationäre Behandlung ist hiernach von der vorausgehenden Aufnahmeuntersuchung zu unterscheiden, die je nach Lage des Einzelfalls sehr kurz, aber auch sehr intensiv sein kann. Erfolgt eine Aufnahme, wird die Aufnahmeuntersuchung Teil der stationären Behandlung und ist durch die Fallpauschale mitvergütet (vgl.: BSG, Urt. v. 11.09.2019, Az: B 6 KA 6/18 R, Rn. 25, zit. nach juris).

Ambulante Notfallbehandlung auf der einen und Aufnahmeuntersuchung auf der anderen Seite lassen sich nicht trennscharf voneinander abgrenzen. Denn neben der akuten Erstversorgung hat der behandelnde Krankenhausarzt im Rahmen der Notfallbehandlung - wie bei jeder Aufnahmeuntersuchung - zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich ist und in seinem Krankenhaus überhaupt durchgeführt werden kann. Die erforderliche Untersuchung kann nicht in Bestandteile zerlegt werden, die entweder allein der Abklärung der dringenden ambulanten Behandlungsbedürftigkeit oder aber der Abklärung der Frage der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit dienen (vgl.: BSG, Urt. v. 11.09.2019, Az: B 6 KA 6/18 R, Rn. 25, zit. nach juris). Zu einer Weiterverweisung kann es daher auch in den Fällen kommen, in denen Versicherte als Notfall mit einem Rettungswagen durch einen Notarzt in ein Krankenhaus eingeliefert werden, das aufgrund der Aufnahmeuntersuchung zu dem Ergebnis gelangt, dass es über keinen Versorgungsauftrag für die medizinisch erforderliche stationäre Behandlung verfügt (siehe hierzu und im Folgenden: BSG, Urt. v. 18.05.2021, Az: B 1 KR 11/20 R, Rn. 13ff., zit. nach juris). Das Krankenhaus ist insoweit Teil einer Rettungskette. Das Krankenhaus muss den Patienten umgehend einem anderen geeigneten Krankenhaus zur stationären Behandlung zuweisen, wenn sein eigener Versorgungsauftrag die erforderliche Behandlung des Patienten nicht umfasst oder es trotz Versorgungsauftrags tatsächlich nicht dazu in der Lage und ein geeignetes Krankenhaus in zumutbarer Zeit erreichbar ist. In einem Notfall darf ein Krankenhaus außerhalb seines Versorgungsauftrags stationär nur dann behandeln, wenn eine Weiterverweisung des Patienten in ein Krankenhaus, das über den erforderlichen Versorgungsauftrag verfügt, medizinisch kontraindiziert ist oder aus anderen Gründen ein solcher Transfer in zumutbarer Zeit nicht möglich ist.

Auch bei einer Notfallbehandlung im Schockraum dient die einer Aufnahme in die stationäre Behandlung vorausgehende Aufnahmeuntersuchung zunächst der Klärung, ob eine (voll-)stationäre Behandlung des Versicherten erforderlich und vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst ist. Die hierzu im Schockraum vorgenommenen medizinischen Maßnahmen und Untersuchungen begründen nicht bereits selbst die Aufnahme in das Krankenhaus.

Der Schockraum ist ein zentraler Raum der Notfallaufnahme eines Krankenhauses mit spezieller Ausstattung und räumlicher Anordnung zur bestmöglichen primären, interdisziplinären sowie intensiven Diagnose und Therapie lebensbedrohlich Erkrankter. Die Behandlung dort ist regelmäßig Teil der Notfallbehandlung und der Aufnahme des Patienten in die vollstationäre Versorgung vorgeschaltet. Mit der Behandlung in einem Schockraum ist regelmäßig noch keine spezifische Einbindung in das Versorgungssystem eines Krankenhauses verbunden. In einem Schockraum werden eine zeitlich und örtlich konzentrierte Versorgung und Diagnostik angeboten. Sie erst ermöglichen die im Rahmen einer akuten ambulanten Notfallbehandlung erforderliche Entscheidung über die weitere Behandlung, insbesondere über die Aufnahme des Patienten in die stationäre Versorgung. Bis zu dieser Entscheidung handelt es sich ungeachtet des Umfangs des Mitteleinsatzes um eine ambulante Behandlung. Kommt es nicht zur stationären Aufnahme in dem notfallbehandelnden Krankenhaus, verbleibt es beim ambulanten Charakter der Notfallbehandlung. Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 24. März 2021 – L 11 KR 542/18 –, Rn. 76, juris, anhängig beim Bundessozialgericht zum Aktenzeichen B 1 KR 15/22 R) hat die Versorgung und Diagnostik auf einer stroke unit mit Lysebehandlung als Abklärungsuntersuchung und damit ambulante Versorgung eingestuft, dies mit einer Auslegung des einschlägigen Landesvertrages unter Heranziehung des Pflegemanuals und der durchgeführten Versorgung begründet, sich aber nicht mit den Ausnahmen in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auseinandergesetzt. Ausgenommen von dem aufgezeigten Grundsatz hat das Bundessozialgericht (BSG, Urt. v. 18.05.2021, Az: B 1 KR 11/20 R, Rn. 17, zit. nach juris) bislang eine Notoperation zur Herstellung der Transportfähigkeit oder eine rund zehnstündige Aufnahme auf einer Intensivstation.

(d)

Ob der vorliegende Fall mit diesen Ausnahmefällen vergleichbar ist, kann die Kammer zunächst dahingestellt lassen, weil das Bundessozialgericht (Urt. v. 29.08.2023, Az: B 1 KR 15/22 R, derzeit noch nicht veröffentlicht, vgl. hierzu: SGb 2023, S. 683-684) von diesen Grundsätzen eine weitere Ausnahme statuiert hat. Abweichend von den zuvor aufgezeigten Maßstäben lässt das Bundessozialgericht nunmehr für eine konkludente stationäre Aufnahme regelhaft und nicht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen eine kurzzeitige Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus bei zeitnaher Verlegung in ein anderes Krankenhaus ausreichen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Einsatz der besonderen Mittel im erstangegangenen Krankenhaus eine hohe Intensität aufweist. Eine stationäre Notfallbehandlung im erstangegangenen Krankenhaus liegt schon dann vor, wenn die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen den intensiven Einsatz von sächlichen und personellen Ressourcen erfordern, wie sie regelmäßig bei der Behandlung in einem Schockraum oder auf einer Schlaganfallstation (stroke unit) zum Einsatz kommen. Die hohe Intensität kann sich schon aus dem Einsatz verschiedener und in ihrem engen zeitlichen und örtlichen Verbund nur stationär verfügbarer diagnostischer Maßnahmen ergeben, die ambulant nicht in gleicher Weise regelhaft verfügbar sind. Die Abrechnung einer Fallpauschale setzt aber im einzelnen Behandlungsfall die Feststellung des Einsatzes solch personeller und sächlicher Ressourcen voraus. Unerheblich ist dabei, dass die Diagnostik auch der Feststellung dient, dass das Krankenhaus in der Lage ist, selbst die kurative Behandlung einzuleiten oder fortzusetzen. Nach diesen Maßstäben erfolgte mit der sofortigen Verbringung des Patienten auf die zertifizierte Schlaganfallstation des Klinikums und der Einleitung einer schnell aufeinander folgenden umfangreichen Untersuchung eine konkludente Aufnahme in die stationäre Behandlung. Denn auch im vorliegenden Fall sind umfangreiche Untersuchungsmethoden auf der stroke unit wie das MSCT, Röntgen des Thorax und eine Blutuntersuchung in die Wege geleitet worden. Beim Patienten wurden auch – wie aufgezeigt – das erforderliche Monitoring und Pflegemaßnahmen durchgeführt.

(e)

Da die Entscheidungsgründe der jüngeren Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 29.08.2023, Az: B 1 KR 15/22 R) noch nicht veröffentlicht sind und Teile der verlautbarten Entscheidung („hohe Intensität der eingesetzten Mittel“) in einem (scheinbaren) Widerspruch zur vorangegangenen Rechtsprechung (BSG, Urt. v. 18.05.2021, Az: B 1 KR 11/20 R, BSGE 132, 137-143, SozR 4-2500 § 109 Nr 85, SozR 4-2500 § 39 Nr 33, Rn. 17, zit. nach juris) mit der Aussage, dass es auf den Mitteleinsatz nicht ankäme („ungeachtet der eingesetzten Mittel“) steht oder zumindest stehen kann, sind weitere Ansätze zur aufgezeigten Abgrenzung von stationärer zu ambulanter Behandlung ergänzend heranzuziehen.

Hintergrund der hier einschlägigen Streitigkeiten ist im Kern die wesentlich geringere Vergütung für ambulante Leistungen, die die Klägerin hier über § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V nur in Notfällen gegenüber der V. alternativ geltend machen könnte (zur Kritik einer fehlenden sachgerechten Vergütung vgl. auch: Hommel, Notfallbehandlung im Schockraum, in: KH 2022, S. 308-310). Die zuvor dargestellte Ausnahme der „hohen Intensität“ entspricht auch den zuvor aufgezeigten Fallbeispielen einer Notoperation oder Behandlung auf einer intensivmedizinischen Abteilung, die nicht in der Höhe der dadurch verursachten Kosten als Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgebildet sind. Auch wenn die Krankenhäuser im Allgemeinen und die Klägerin im Speziellen kein subjektives öffentliches Recht auf eine jeweils kostendeckende Höhe einer Vergütung oder eines Entgeltanspruchs haben (vgl. zum Anspruch auf angemessene Vergütung im stationären Bereich: OVG Lüneburg, Urt. v. 25.01.2001, Az: 11 L 2984/00, Rn. 44ff.mwN, zit. nach juris), weil die Abrechnung der Fälle in Form von Pauschalen vereinbart werden, sind diese Überlegungen dennoch bei der Auslegung und Anwendung der hier einschlägigen Abgrenzung von ambulanter zu stationärer Behandlung aufgrund der zu beachtenden Gesamtsystematik zu berücksichtigen.

Die Klägerin und andere Krankenhausträger können insofern nur auf eine ambulante Vergütung verwiesen werden, wenn diese wiederum rechtmäßig ist. Diesbezüglich ist auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. v. 28.05.2008, Az: B 6 KA 9/07 R, BSGE 100, 254-282, SozR 4-2500 § 85 Nr 42, SozR 4-5532 Nr 870 Nr 1, Rn. 17, zit. nach juris) zur angemessenen (ambulanten) Vergütung zurückzugreifen. Hiernach beschränkt sich die richterliche Kontrolle untergesetzlicher Normen darauf, ob die äußersten rechtlichen Grenzen der Rechtssetzungsbefugnis durch den Normgeber überschritten wurden. Dies ist erst dann der Fall, wenn die getroffene Regelung in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken steht (BVerfGE 108, 1, 19), d. h. in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (so BVerwGE 125, 384 Rn. 16; vgl. auch: BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 34 Rn. 15). Die gerichtliche Kontrolle von Entscheidungen des Bewertungsausschusses ist somit im Wesentlichen auf die Prüfung beschränkt, ob sich die untergesetzliche Norm auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und ob die Grenzen des Gestaltungsspielraums eingehalten sind. Der Bewertungsausschuss überschreitet den ihm eröffneten Gestaltungsspielraum, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass seine Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind - etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird - oder dass es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BVerfG <Kammer> SozR 4-2500 § 87 Nr 6 RdNr 19, 21; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 86 mwN; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 39 RdNr 17). Bei Heranziehung dieser Maßstäbe ist zumindest hinsichtlich der hier einschlägigen Leistungen in einer stroke unit von einer Überschreitung des Gestaltungsspielraums in Form einer Unterschreitung (oder einem Ausfall) auszugehen, als die Leistungen nicht (vollständig) geregelt sind. Vorliegend können zunächst die dokumentierten pflegerischen Leistungen und das für die Versorgung von Schlaganfallpatienten notwendige Monitoring nicht über den EBM oder anderweitige Vergütungsregelungen abgerechnet werden.

Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Krankenhäuser über die Vereinbarung über Zu- und Abschläge für eine Teilnahme oder Nichtteilnahme von Krankenhäusern an der Notfallversorgung gemäß § 9 Absatz 1a Nummer 5 KHEntgG i. V. m. § 136c Absatz 4 SGB V (Notfallstufenvergütungsvereinbarung) zwischen dem GKV-Spitzenverband, Berlin, dem Verband der Privaten Krankenversicherung, Köln, – gemeinsam – und der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Berlin, vom 10.12.2018 Zuschläge für die Notfallversorgung im Allgemeinen und Zuschläge für die Schlaganfallversorgung im Speziellen erhalten können. Nach § 6 Notfallstufenvergütungsvereinbarung werden die vollstationären Fälle, die in einer stroke unit behandelt wurden, zur Ermittlung der Höhe herangezogen. Eine ambulante Abrechnung führt insofern zu einer fehlenden Finanzierung der Vorhaltung der Mittel. Für den Bereich W. und Umgebung ist festzustellen, dass die Versorgung von Schlaganfallpatienten stationär beim Klinikum organisiert ist. Die hochspezialisierte und mit der Vorhaltung von entsprechendem Personal und Material erforderliche Versorgung an 24 Stunden pro Tag und jedem Tag im Jahr wird auch durch die ambulante Versorgung bereits nicht gewährleistet. Eine solche Vorhaltung wird auch durch den EBM oder anderweitige Vergütungsregelungen (bislang) nicht abgebildet.

Da für stationäre Leistungen ein Vergütungssystem vorhanden ist, welches diesen Aspekten Rechnung trägt und dementsprechend nicht von einer Überschreitung des Gestaltungsspielraums betroffen ist, kann und muss solange im Wege der Auslegung auf dieses Vergütungssystem zurückgegriffen werden. Bis zu einer den vorgenannten Maßstäben entsprechenden Regelung im EBM ist die Abgrenzung von ambulanten und stationären Leistungen nach der Abbildung der Leistungen im EBM ohne die Berücksichtigung von Vorhaltekosten und anderweitigen abgedeckten Kosten vorzunehmen, soweit die Leistungen – wie hier – mangels Ausübung des Gestaltungsspielraums nicht (vollständig) geregelt sind. Eine marginal fehlende Berücksichtigung kann im Ausnahmefall hiervon nicht betroffen sein. Wenn allerdings – wie hier – wesentliche und medizinisch notwendige Leistungen im größeren Umfang wie die Vorhaltung einer hochspezialisierten (stationären) Schlaganfallversorgung inklusive u. a. der nicht im EBM abgebildeten Leistungen wie Pflege und Monitoring nicht geregelt sind, kann nicht vom Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles ausgegangen werden.

Die Klägerin kann nicht auf die Geltendmachung eines (höheren) Vergütungsanspruchs gegenüber der V. verwiesen werden. Die X. ist an die Vorgaben des EBM und die anderweitigen Vergütungsregelungen gebunden. Aufgrund des Gestaltungsspielraums des Bewertungsausschusses können auch die Gerichte dem Bewertungsausschuss nur eine Neuregelung aufgeben, die wiederum aufgrund der jeweils für das Quartal vorzunehmenden Honorarverteilung (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 18.03.1998, Az: B 6 KA 16/97 R, BSGE 82, 50-55, SozR 3-1300 § 44 Nr. 23, Rn. 19, zit. nach juris) grundsätzlich nur für die Zukunft gefasst werden kann. Allenfalls aufgrund von bekannten Problemen können Y. zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet sein. Die X. ist im hiesigen Rechtsstreit und auch im Übrigen in die seit Jahren bestehende Problematik zumindest dieser Verlegungsfälle von einer stroke unit in ein anderes Krankenhaus nicht involviert worden und konnte dementsprechend auch keine entsprechenden Rücklagen bilden.

bb)

Die geltend gemachte Forderung ist auch der Höhe nach begründet. Die Höhe der Forderung ist von der Beklagten nicht moniert worden. Auch für die Kammer waren Fehler hinsichtlich der Höhe nicht ersichtlich. Krankenhausleistungen werden insofern gem. § 17b KHG auf der Grundlage eines nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG vereinbarten Fallpauschalenkatalogs im Sinne eines nach § 17b Abs. 1 Satz 1 KHEntgG geforderten durchgängigen, leistungsorientierten und pauschalierenden Vergütungssystems, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert (§ 17b Abs. 2 Satz 1 KHEntgG), abgerechnet (vgl. hierzu und zum gesamten Vergütungssystem sowie der rechtlichen Grundlagen: BSG, Urt. v. 21.04.2015, Az: B 1 KR 9/15 R, Rn. 13ff., zit. nach juris). Die DRG werden mit Hilfe von internationalen Diagnosen und Prozeduren ermittelt. Nach § 1 Abs. 6 der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2016 sind zur Einstufung in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen, die vom DRG-Institut der Selbstverwaltungspartner nach § 17b Abs. 2 KHG zertifiziert sind. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung haben ursprünglich in Anlehnung an bestehende australische Kodierregeln (ICD-10-AM, Australian Coding Standards, 1st Edition) die erste Gesamtfassung der „Allgemeinen und Speziellen Kodierrichtlinien“ erstellt und diese fortentwickelt (Einleitung zu den Deutschen Kodierrichtlinien). Diese sind bei der Verschlüsselung von Krankenhausfällen zu beachten. Maßgeblich für den von den Beteiligten geführten Streit sind insofern die Kodierrichtlinien des Jahres 2017 (DKR).

Die Kodierung der DRG B78B (Intrakranielle Verletzung, Alter > 0 Jahre, ohne komplizierende Diagnose) aufgrund der Hauptdiagnose S06.5 (traumatische subdurale Blutung) ist von der Beklagten bereits nicht beanstandet worden. Die DKR D002f für das Jahr 2017 definiert die Hauptdiagnose wie folgt (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 1 KR 40/15 R –, SozR 4-2500 § 109 Nr 58, Rn. 15 - 16): "Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist." Auch wenn das subdurale Hämatom nicht im Klinikum, sondern erst im J. in K. aufgrund einer neurochirurgischen Operation erfolgreich behandelt werden konnte, war es für die Aufnahme im Klinikum hauptsächlich verantwortlich für die stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit.

2.

Der Zinsanspruch beruht auf § 69 SGB V i. V. m. § 291 Satz 1 BGB i. V. m. § 13 Abs. 6 und 7 des Sicherstellungsvertrages und wird auch von der Beklagten weder dem Grunde noch der Höhe nach in Abrede gestellt.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Rechtskraft
Aus
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