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Faktencheck zu Aussagen hinsichtlich unnötiger Beatmung, Sectiones und OP-Häufigkeit aus Gewinnstreben

Faktencheck zu Aussagen hinsichtlich unnötiger Beatmung, Sectiones und OP-Häufigkeit aus Gewinnstreben (Deutsche Krankenhausgesellschaft).



In der Maischberger-Sendung vom 11. September kursierten einige Behauptungen, die dringend der Überprüfung bedürfen. Wir stellen hier einen kleinen Faktencheck zur Verfügung. Die Sendung kann hier online anschauen. Werden Patienten aus Profitgründen unnötigerweise beatmet? Krankenhäusern wird immer wieder vorgeworfen, Patienten länger zu beatmen als
es notwendig wäre. Grund sei der Sprung in der Vergütungshöhe ab einer
Beatmungszeit von mehr als 95 Stunden. Krankenhäuser würden deswegen alles
dafür tun, ihre Patienten mehr als 95 Stunden zu beatmen, auch wenn das gar
nicht nötig wäre. Was ist daran richtig, was falsch?

Richtig ist, dass die Behandlung von Patienten, die mehr als 95 Stunden beatmet
werden, in bestimmten Fällen höher vergütet wird, als kürzere Beatmungsdauern.
Allerdings werden im Fallpauschalensystem nicht einfach nur Beatmungsstunden
vergütet. Vielmehr ist die Beatmung nur ein Teil der sehr komplexen Leistungen
in Verbindung mit aufwendig zu behandelnden Patienten. Ein Patient, für den das
Fallpauschalensystem eine längere Beatmungsdauer vorsieht, leidet also in der
Regel auch unter einer schwereren Erkrankung, die einer komplizierteren und
damit kostenaufwendigeren Behandlung bedarf. So erklären sich die
Vergütungsunterschiede. Die Beatmung ist also nur Teil eines Gesamtpakets, das
am Ende auch als Gesamtes vergütet wird.

Vor allem aber ein Blick in die Statistik widerlegt die immer wieder getätigte
Behauptung, Krankenhäuser würden des Geldes wegen Patienten länger als nötig
beatmen. In diesem Fall müsste die Zahl der Patienten, die mindestens 96
Stunden beatmet wurden im Vergleich zu denen mit 95 Stunden drastisch
ansteigen. Die Beatmungsstatistik zeigt aber, dass die Fallzahlen der
jeweiligen Beatmungsdauern ausgeglichen sind. (In der Grafik rechts oben werden
die Fallzahlen im Bereich zwischen 80 und 100 Beatmungsstunden dargestellt.)


Fallzahlen im Bereich zwischen 80 und 100 Beatmungsstunden
Werden medizinisch unnötige Kaiserschnitte durchgeführt?
In einem weiteren Vorwurf wurde in der Maischberger-Sendung behauptet,
Krankenhäuser würden unnötigerweise Kaiserschnitte vornehmen. Grund:
Kaiserschnittgeburten werden höher vergütet als natürliche. Zudem benötigen
Kaiserschnittgeburten im Durchschnitt weniger Zeit.

Auch diese Behauptung wird durch Fakten widerlegt. Weltweit steigt der Anteil
der Kaiserschnittgeburten. Die wichtigsten Gründe sind das zunehmende Alter der
Schwangeren und die zunehmende Größe der Neugeborenen. In Deutschland aber, wo
diese Umstände ebenfalls zu finden sind, sinkt der Anteil der Kaiserschnitte
seit einigen Jahren sogar – von 31,8 Prozent im Jahr 2014 auf 30,5 im Jahr
2017!

Zudem stellt sich die Frage, ob Ärzte werdende Mütter tatsächlich zu einem
Kaiserschnitt überreden können, wenn es dazu keinen medizinischen Grund gibt.
Tatsächlich dürfte es kaum besser informierte Patientinnen als Schwangere
geben. Anders als bei akut Erkrankten können sich Schwangere monatelang auf
ihren Besuch im Kreißsaal vorbereiten, im Vorfeld werden sie von Gynäkologen
und Hebammen betreut. Mit der eigenen Mutter, Freundinnen, Verwandten steht ein
großer Erfahrungsschatz bereit, zudem können Schwangere Gebrauch von
Beratungsangeboten machen.

Hinzu kommt, dass ein Krankenhaus einen medizinisch nicht begründeten
Kaiserschnitt bei den Krankenkassen überhaupt nicht abrechnen kann. Ob ein
Eingriff medizinisch begründet war, wird von den Kassen streng kontrolliert.

Anteil der Kaiserschnitte im OECD-Vergleich, 1990 bis 2017:
https://data.oecd.org/healthcare/caesarean-sections.htm?context=OECD


Werden Menschen aus Gewinnstreben häufiger operiert als früher?
Der Stern-Journalist Bernhard Albrecht hat in der Sendung behauptet, es würden
vermehrt Menschen aus Gewinngründen unnötigerweise stationär behandelt.
DKG-Präsident Gerald Gaß wies darauf hin, dass ein vor einigen Jahren
beauftragtes Gutachten dies nicht nachweisen konnte. Albrecht bestritt dies.

Wir haben uns das Gutachten noch einmal angeschaut und dort folgende Aussage
gefunden:

„Zusammenfassend zeigt die Ursachenforschung, dass die Erhöhung der stationären
Fallzahlen der letzten Jahre auf ein komplexes Geflecht von nachfrage- und
angebotsseitigen Ursachen zurückzuführen ist. Aufgrund dieser hohen Komplexität
und der bisherigen Evidenz, ist es nicht möglich, mit einer einfachen
Prozentzahl den jeweiligen Einfluss von Angebot oder Nachfrage auf die
Fallzahlentwicklung zu quantifizieren.“ (S. 15)

Wer möchte, kann das gesamte Gutachten hier nachlesen. Außerdem gibt es hier
unsere damalige Pressemitteilung.

Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft, 12.09.2019

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