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Noch erheblicher Verbesserungsbedarf bei Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPREG) mydrg.de





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Noch erheblicher Verbesserungsbedarf bei Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPREG)

Noch erheblicher Verbesserungsbedarf bei Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPREG) (Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB)).



Aus Sicht der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für außerklinische Beatmung (DIGAB) e.V. ergibt sich aus der Überarbeitung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Stärkung von Rehabilitation und intensiv-pflegerischer Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Reha- und
Intensivpflege-Stärkungsgesetz – RISG), der jetzt „Entwurf eines Gesetzes zur
Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation
in der gesetzlichen Krankenversicherung (Intensivpflege- und
Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPREG)“ genannt wird, in wesentlichen
Punkten, insbesondere für die außerklinische Patientenversorgung, keine
Verbesserung. Deshalb verweist die unabhängige Fachgesellschaft in weiten
Teilen erneut auf ihre Stellungnahme zum RISG vom 6.09.2019 und benennt am
8.01.2020 die aus ihrer Sicht besonders kritischen Punkte im neuen
Referentenentwurf.

Zwar sollen laut Entwurf Indikationsstellung und Verordnung nur durch Ärzte
erfolgen, die auf diesen Bereich spezialisiert sind, aber letztendlich würden
der Medizinische Dienst (MD) und am Ende die Krankenkassenmitarbeiter*innen
über die weitere Art der Versorgung entscheiden. Die DIGAB bemängelt, dass es
zwar Qualifikationserfordernisse für den ärztlichen Fachexperten gebe, aber
keinerlei Vorgaben für die fachliche und klinische Qualifikation sowie
Erfahrung für die Krankenkassenmitarbeiter*innen und für die ärztlichen
Mitarbeiter*innen des MD. Aktuell sei es so, dass regelmäßig ärztliche
MD-Mitarbeiter*innen mit sehr unterschiedlichen Qualifikationen (z.B. Facharzt
für Gynäkologie, Unfallchirurgie, Allgemeinmedizin, Augenheilkunde) die
Begutachtungen der Betroffenen vor Ort durchführten und dass auch die
Qualifikation der Krankenkassenmitarbeiter*innen, die beratend tätig seien,
nicht festgelegt sei. In anderen Bereichen sei ein solches Vorgehen undenkbar.
Wer würde beispielsweise auf die Neuzulassung von Autos vertrauen, wenn dieses
Verfahren nicht Expert*innen für Kraftfahrzeugtechnik, sondern Ingenieure für
Flugzeug- oder Schifffahrtstechnik durchführten?
Kritisiert wird, dass laut Entwurf, die Beratung und letztendliche Feststellung
der Voraussetzung für die Entscheidung bzgl. der passenden Versorgungsform
nicht in neutraler Hand liege, sondern beim Kostenträger, also bei der Stelle,
die die entstehenden Kosten übernehmen müsse.
Für die „Angemessenheit“ des Versorgungsorts gibt es laut DIGAB im Entwurf
keinerlei Kriterien, nach denen entschieden wird. Dabei müssten gerade hier
alle medizinischen, sozialen, ethisch-moralischen sowie psychischen
Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Bei jeder Entlassung in die
außerklinische Intensivversorgung müsste laut DIGAB mindestens ein neutraler
Fachexperte aus einem Expertenzentrum in die Entscheidung über eine
„angemessene Versorgungsform“ einbezogen werden. Entsprechende Vorgaben für die
Überleitung und Entlassung seien z.B. schon jetzt Teil der
Zertifizierungskriterien für Weaningzentren der Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).
Grundsätzlich begrüßt die DIGAB, dass die Finanzierung einer Versorgung mit
außerklinischer Intensivpflege in einer stationären Pflegeeinrichtung auf eine
gerechtere Ebene gebracht und der Finanzierung der ambulanten Versorgung
angeglichen wird. Sie warnt jedoch vor einer deutlichen Verschlechterung unter
qualitativen und personellen Gesichtspunkten bei der Versorgung in stationären
Einrichtungen, wenn Einsparungen im Wesentlichen aufgrund eines deutlich
niedrigeren Personalschlüssels erfolgen würden.
Zwar seien im neuen Entwurf neben den Fachärzt*innen für Innere Medizin und
Pneumologie, pädiatrische Pneumologie nun auch Fachärzt*innen für
Anästhesiologie und Neurologie sowie Intensivmedizin für die Versorgung
vorgesehen, allerdings werde im Rahmen der Vorgaben für die außerklinische
ärztliche Versorgung nicht auf die eigentlich notwendige spezifische fachliche
Kompetenz eingegangen. Es würde noch immer nicht neben der
Facharztqualifikation, in welchem Fach auch immer, Tätigkeit und Erfahrung in
einem Expertenzentrum mit der Behandlung von einer entsprechend großen Zahl an
Patienten mit außerklinischer Intensivversorgung und deren Begleitung im
außerklinischen Krankheitsverlauf gefordert. Warum, so fragt die DIGAB, wird
der Nachweis dieser Expertise ausgerechnet bei der Versorgung schwerst- und
komplexkranker Menschen nicht verlangt, wo solche Anforderungen ansonsten für
jegliche Qualifikation zum Facharzt- oder zur Zusatzweiterbildung in jedem
anderen Bereich der klinischen Medizin gestellt werden?
Erneut fragt die DIGAB, warum man nicht ein sektorenübergreifendes Modell
äquivalent zur speziellen ambulanten Palliativversorgung (SAPV) mit Teams aus
ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Expert*innen vorsieht, obwohl
dies schon mehrfach angeregt wurde.
Unverständlich und nicht nachvollziehbar sei auch die Tatsache, dass im neuen
Entwurf keine Rede mehr von der therapeutischen Versorgung sei. Dabei müsse ein
so wichtiger Gesetzentwurf zur Versorgung von Betroffenen mit außerklinischer
Intensivpflege auch die Grundlagen für eine ausreichende therapeutische
Versorgung in Qualität und Umfang mit allen seinen dringenden Bedarfen regeln.
Dies gelte insbesondere für diejenigen, die eine Chance auf eine spätere
Dekanülierung hätten, aber auch in gleichem Maße für alle anderen betroffenen
Menschen, deren Lebensqualität sowie Möglichkeiten der Teilhabe und
Selbstbestimmtheit durch gezielte therapeutische Behandlungen erhöht werden
können.
Außerdem müsste eine Gruppe Betroffener mit außerklinischer Beatmung
berücksichtigt werden, die seit einigen Jahren kontinuierlich zunehme. Es
handle sich um Patient*innen, die nach der Entwöhnung von der invasiven
Langzeitbeatmung auf eine nichtinvasive Beatmung umgestellt werden können. Ein
Teil dieser Patientengruppe benötige im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt
noch erhebliche Hilfe und/oder Überwachung, insbesondere in der Anwendung der
nichtinvasiven Beatmung. Die DIGAB schlägt die Schaffung einer eigenen
Versorgungsstufe vor, wie dies z.B. in der neuen Leitlinie „Prolongiertes
Weaning“ (Schönhofer et al.; S2k-Leitlinie „Prolongiertes Weaning“ 2019) in
Form einer eigenen Weaninguntergruppe (3bII) bereits der Fall sei. Dieser
Entwicklung sollte durch eine Regelung der pflegerischen Versorgung dieser
Patient*innen in spezialisierten stationären Pflegeeinrichtungen Rechnung
getragen werden. Eine Regelung in diesem Bereich sollte gesetzliche,
finanzielle und qualitative Aspekte bundeseinheitlich umfassen.
Als Variante der Versorgung müssen laut DIGAB in die gesetzliche Regelung das
Assistenzmodell, Laienpflege sowie eine Kombination aus Fach- und Laienpflege
aufgenommen werden. Solche Modelle hätten sich bewährt und es wäre fatal, wenn
diese in Zukunft nicht mehr möglich wären. Die Möglichkeit, ein
selbstbestimmtes Leben zu führen, sei nicht an körperliche, insbesondere
motorische Fähigkeiten gebunden.
Schwierige, aber für die Betroffenen immens wichtige Punkte hinsichtlich
Selbstbestimmung und Teilhabe, insbesondere auch bei Menschen, die sich nicht
mitteilen können, würden in dem Entwurf nicht definiert und die letztendliche
Auslegung im Einzelfall den Kostenträgern und dem MD überlassen. Ergebnis sei
keine Verbesserung der Versorgung, sondern eine Auslieferung der Betroffenen an
die genannten Institutionen. Hier sei der Gesetzgeber in der Pflicht, zum
Schutz der Betroffenen, aber auch im Sinne des Gesundheitssystems sowie
letztendlich des gesamtgesellschaftlichen Wohls, für eine klarere Eingrenzung
und Festlegung der Entscheidungskriterien zu sorgen. „Es muss ein
gesellschaftlicher Konsens gefunden werden, nach welchen Kriterien die
Versorgung bei der bestehenden Indikation für eine außerklinische
Intensivpflege am sinnvollsten erfolgt, ohne dass das Recht auf
Selbstbestimmtheit und Teilhabe verletzt wird“, betont Dr. Martin Bachmann,
Präsident der DIGAB e.V., der fordert, dass abgestufte Versorgungskonzepte
geschaffen werden, „die den Bedürfnissen der unterschiedlichen Patientengruppen
gerecht werden.“
Insgesamt wird nach Auffassung der interdisziplinären Fachgesellschaft die neue
Version des Referentenentwurfs seinen, im Ansatz positiven Ansprüchen und
Zielen, bei Weitem nicht gerecht. Es besteht noch ein erheblicher
Verbesserungsbedarf, um eine, unter medizinischen, ethisch-moralischen,
sozialen und psychischen Aspekten, angemessenen Versorgung außerklinische
beatmeter Menschen flächendeckend sowie ausreichend sicherstellen zu können.
Die DIGAB hat deshalb Kontakt mit der Politik aufgenommen und wird darauf
drängen, dass ihre Argumente berücksichtigt werden.

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB), 13.01.2020

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