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Klinikum Soest: Finanzielle und strukturelle Krise erheblich größr als gedacht

Klinikum Soest: Finanzielle und strukturelle Krise erheblich größr als gedacht (Pressemitteilung).



Der Aufsichtsrat des Klinikum Stadt Soest gGmbH hat am Dienstagabend, 19. Mai 2020, durch ein Sanierungs- und Restrukturierungsgutachten, das bei dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG in Auftrag gegeben worden war, bestätigt bekommen, was sich in den letzten zwei Jahren abgezeichnet hat: Das Haus befindet sich
in einer tiefen wirtschaftlichen Krise, die noch größer ist als bisher angenommen.

Sven Freytag (57), Interim-Geschäftsführer des Klinikums Stadt Soest, hat im
Auftrag der Stadt seit Januar jeden Bereich des Krankenhauses durchleuchtet und
dabei größere finanzielle und strukturelle Lücken entdeckt als bislang
angenommen. Bereits Mitte Januar offenbarte sich eine ernsthafte
Liquiditätskrise mit drohender Zahlungsunfähigkeit, die eine sofortige
Finanzspritze von 2,3 Millionen Euro und weiteren 2,45 Millionen Euro durch die
Stadt Soest im April erforderlich machte.

Das vorliegende Gutachten bestätigt nun die Analyse in allen Punkten und zeigt
fundierte Maßnahmen zu einer Sanierung und Neuausrichtung auf. Im ersten
Schritt geht es um die weitere Stabilisierung der Liquidität in Höhe von bis zu
9 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren durch die Stadt und um dringend
benötigte Verlängerungen von Kreditlinien durch die Banken in Höhe von 6
Millionen Euro. Diese werden als flankierende Liquidität in dem dreijährigen
Restrukturierungsprozess benötigt. Sie sind an ein ausverhandeltes und von der
Politik genehmigtes Sanierungskonzept geknüpft. Die Stadt als Gesellschafter,
die Banken und das Klinikum selbst werden einen substanziellen Beitrag leisten
müssen, um das Krankenhaus wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen.

Das Konzept muss durch mehrere Gremien, bevor der Rat der Stadt Soest darüber
entscheidet. Da das Krankenhaus für die Menschen und die Gesundheitsversorgung
in der Stadt und Region eine überragende Bedeutung hat, appellieren
Geschäftsführung und Bürgermeister an die Politik, mit einer mutigen
Entscheidung zur Stabilisierung und zum dauerhaften Erhalt des Klinikums
beizutragen. Laut Gutachten besitzt das Klinikum nach Umsetzung der
erforderlichen Maßnahmen weiterhin gutes Potenzial, sich in Zukunft als
Generationenkrankenhaus erfolgreich in der Region zu behaupten.

Managementfehler und Rahmenbedingungen sind die Ursache

Der Krankenhausmanager und gelernte Krankenpfleger, Sven Freytag, mit
langjähriger Erfahrung in der Restrukturierung von Krankenhäusern, ist gezielt
für die Aufgabe geholt worden, sämtliche Geschäftsvorgänge mit einem neutralen
Blick von außen unter die Lupe zu nehmen und neu zu bewerten. Im Laufe der
Jahre verloren gegangene Transparenz soll so wiederhergestellt werden. Die nun
ans Tageslicht gekommene Wahrheit schockiert alle Beteiligten.

Freytag ist bei seiner Analyse und den eingeleiteten ersten Maßnahmen ein Punkt
besonders wichtig zu betonen: „Managementfehler, Intransparenz und
Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen haben
das Klinikum in diese Lage gebracht – nicht die Mitarbeiter!“, so der
Geschäftsführer. Ziel müsse es nun sein, die Aufgaben auf Basis des
Sanierungsgutachtens der KPMG möglichst schnell anzupacken und dabei alle
Beteiligten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soweit wie möglich eng
einzubeziehen.

„Das Klinikum muss dauerhaft eine branchenübliche Ertragskraft erreichen, um
wettbewerbsfähig zu werden“, so der Krankenhausmanager und führt weiter aus:
„Um das Krankenhaus mit seinen Arbeitsplätzen in der Medizin und Pflege
langfristig zu erhalten, muss es finanziell eine gewisse Unabhängigkeit vom
Tropf der Stadt erlangen. Gemeinsam müssen wir es schaffen, dass das
Krankenhaus aus eigener Kraft so viel erwirtschaftet, dass es sich neue Pläne
für die Zukunft erlauben kann.“

Erhalt des Klinikums ist Gemeinschaftsaufgabe

Bürgermeister Dr. Eckhard Ruthemeyer, der die Stadt Soest als Gesellschafter
des Klinikums vertritt, teilt die Einschätzung des Geschäftsführers.
Gleichzeitig hofft er darauf, dass die politischen Gremien den komplexen
Sanierungsprozess mit der dringend notwendigen Sachlichkeit beraten.

Für die dringend erforderlichen Maßnahmen sei die aktuell von den Fraktionen
der SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und SO-Partei vorgeschlagene Option, die
Krankenhausimmobilie durch die Stadt zu erwerben, nicht ausreichend, da sie
keine Lösung für das strukturelle Defizit des Klinikums biete. Alle Anregungen
würden im Zusammenhang mit dem Restrukturierungskonzept jedoch sachlich geprüft
und dann abschließend bewertet. Er erläutert, welche Schritte in welcher
Reihenfolge kurzfristig erforderlich seien:

Zügiges Einleiten einer Grundsanierung durch Fachleute wie Sven Freytag, der
KPMG und den Banken, die Erfahrung mit Restrukturierungen haben und das nötige
Know-how bei der Umsetzung.
Verzögerungen unbedingt vermeiden, betriebswirtschaftlich entscheiden und
Diskussionen über Details und nachgelagerte Schritte verschieben.
Nahtlose Aufklärung aller Vorgänge, die zu dem Dilemma geführt haben.

Dr. Ruthemeyer appelliert an die Politik: „Wir müssen jetzt das große Ganze
sehen und strategisch die richtigen Weichen stellen, statt einzelne Vorgänge zu
diskutieren.“ Wichtig sei vor allem, das Klinikum wegen seiner herausragenden
Bedeutung für die Menschen und die Gesundheitsversorgung in der Stadt und
Region weiterhin als Gemeinschaftsaufgabe zu betrachten. Ruthemeyer betont:
„Wir müssen es schaffen, das Klinikum in den kommenden drei Jahren
betriebswirtschaftlich, strukturell, organisatorisch und auch kulturell neu
aufzustellen, um es als kommunales Krankenhaus für den Gesundheitsstandort
Soest zu erhalten.“

Quelle: Pressemitteilung, 20.05.2020

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