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Katalysator Corona - für ein besseres Gesundheitswesen in Deutschland

Katalysator Corona - für ein besseres Gesundheitswesen in Deutschland (Deutsche Gesellschaft für Medizincontrolling, PDF, 81 kB).



Gelernt haben wir von Corona: Gute Versorgung funktioniert nur ohne Sektorengrenzen. Vergütungssysteme, die Grenzen ziehen, sind überholt. Für die Zukunft müssen vor allem Anreize und Fehlanreize, die aus Abrechnungssituationen entstehen, im Fokus der Zukunftsplanung stehen. Das Jahr 2020 – innerhalb von wenigen Wochen sind viele Planungen und
Gewohnheiten Schnee von gestern. Überall da, wo Menschen im direkten Austausch
stehen kommt es zu massiven Veränderungen. Krankenhäuser reagieren in
Rekordgeschwindigkeit: Patientenströme werden umgelenkt, elektive Eingriffe
verschoben, Intensivkapazitäten hochgefahren. Mehr noch: Die Zahl der
Intensivbetten und deren Belegungsgrad mit Covid19-Patienten werden zum
zentralen Faktor dafür, inwiefern Menschen ihr normales Leben wieder leben
können.

Die Entwicklungen haben uns einiges gezeigt. Plötzlich werden die Gesellschaft
und ihre Unternehmen pragmatisch. Homeoffice, Videokonferenzen, digitale
Kongresse – es funktioniert. Gesundheit wird zum zentralen Gut – alle ziehen an
einem Strang, und: es klappt in einigen Punkten plötzlich richtig gut!

Intersektorale Zusammenarbeit
Was Corona in der Krankenhauslandschaft zu Tage fördert: Große wie kleine
Krankenhäuser schaffen es in kürzester Zeit, an der Schnittstelle zwischen
ambulant und stationär pragmatische Strategien zu entwickeln, um leistungsfähig
und nachhaltig die adäquate Versorgung sicherzustellen. Die Einsatzbereitschaft
und Flexibilität des Personals ist immens. Ein Beispiel aus Hessen: Als die
Nachfrage in einer Drive-In-Teststation steigt, springen die Chirurgen und
Anästhesisten der Klinik dem Ärzteteam des MVZ bei. Wochenendeinsätze im
Drive-In und die neue Fiebersprechstunde werden individuell nach den
Anmeldungszahlen innerhalb weniger Tage mit zusätzlichem Personal besetzt.

Nachdem die Nachfrage im Drive-In sinkt und die Welle stationärer Aufnahmen
beginnt, verstärken wiederum fachgebietsübergreifend die Chirurgen das
Notfallteam, während die Anästhesie im Backup die Intensivstation unterstützt.

Die Mitarbeiter der Verwaltung lassen sich in Hilfstätigkeiten wie
Bettenaufbereitung und Reinigung schulen, um bei Bedarf zur Verfügung zu
stehen. Intersektorale Gemeinschaftszonen haben die Fallsteuerung so verändert,
dass frühzeitig ein abgestimmtes Verfahren zur Erstbehandlung und
Risikominimierung zwischen den Sektoren möglich ist. Eine Umrüstung eines
Lieferwagens als ärztlicher Fahrdienst zur Testung und Untersuchung in
Pflegeheimen und bei Hausbesuchen, der Pizza-Pager als Aufrufmöglichkeit für
vor Kliniken im Auto wartende Patienten – wenn über bestehende Grenzen hinaus
gedacht und gehandelt wird, ergibt sich eine ungeheure Menge an Möglichkeiten.

Telemedizin: Chancen werden genutzt
Die Pandemie hat gezeigt, wie geeignet Videosprechstunden für
Quarantänepatienten sind. Leistungen, die bisher nur bei einem physischen
Treffen in der Arztpraxis möglich waren, werden teilweise ohne weitere
Überprüfung durch den GBA unbürokratisch auch für eine telefonische Übertragung
erlaubt. Telemedizin wird nun als funktionierende Methode akzeptiert,
notwendige Arztbesuche bei gleichbleibender medizinischer Qualität zu
reduzieren.

Hier bleibt zu hoffen, dass Krankenkassen ihre Blockadehaltung aufgeben und
weitere Maßnahmen in die Regelversorgung überführt werden.

Notwendigkeit von Behandlungen
Durch den fast vollständigen Stopp im ambulanten und stationären Sektor bei
sogenannten „nicht notwendigen“ Behandlungen ist eine bizarre Situation
entstanden. Krankenhäuser sind nur noch zu einem Bruchteil belegt, die
Notaufnahmen berichten von einer deutlich gesunkenen Patientenzahl, in Praxen
von niedergelassenen Kollegen (auch Allgemeinmediziner) wird über Kurzarbeit
nachgedacht. Was ist der Grund dafür? Angst vor einer Infektion? Die falsche
Annahme der Patienten, dass nur noch Corona-Fälle behandelt werden? Eine neue
Bescheidenheit, nicht mit allen „Wehwehchen“ zum Arzt zu gehen? Noch wissen wir
natürlich nicht, wie groß der Rebound-Effekt für nicht durchgeführte
Behandlungen ist.

Was sich jedoch gezeigt hat: die Auslegung der Frage, was notwendig und was planbar
ist, birgt auf Seiten der Leistungserbringer durchaus Spielraum. Dem gegenüber steht
jedoch ein zum Teil hoher Leidensdruck der Leistungsempfänger, geplante Eingriffe
nicht zu erhalten.

Bedarfsorientierte Strukturen
Versorgungsengpässe darf es natürlich nicht geben. Es zeigt sich aber, dass die
Gesamtzahl der stationären Behandlungsmöglichkeiten auch in Krisenzeiten
ausreicht. Situativ braucht es jedoch mehr intensivmedizinische
Behandlungsmöglichkeiten. Müsste dafür die Krankhauslandschaft umstrukturiert
werden? Zum Beispiel in einer Form von Zentralisierung und der Schaffung von
Pufferkapazitäten für sich spontan verschlechternde Patienten, welche häufig
nur eine kurze Phase der Stabilisierung und/oder nicht-invasive Beatmung
benötigen? Evtl. wären weniger Krankenhäuser besser, die jedoch anders
ausgestattet sind? Vielleicht sollten bundesweit Zentrumskliniken benannt
werden, die eine koordinierende Funktion für die stationäre
Gesundheitsversorgung in ihrer Region haben. Diese könnten Personal und
Patienten für umliegende Kliniken (Allrounder und Fachkliniken),
Rehabilitationseinrichtungen und Senioren- und Pflegeheime und Hospize
bedarfsadaptiert einplanen. Die Wege für die Mitarbeiter könnten sich dadurch
zwar verlängern, die Arbeitsdichte jedoch dadurch deutlich abnehmen, was
spürbare Effekte auf die Versorgungsqualität und die Arbeitszufriedenheit hat.

Und: Patienten könnten zunehmend auch aus der Ferne betreut werden – dank
Telemedizin. Vielleicht sollte man auch endlich klären, was ein Krankenhaus
tatsächlich ausmacht, im Vergleich zu MVZs oder Polikliniken.

Corona-Zeichen richtig deuten
Nutzen wir die Zeichen der Zeit, um Altes neu zu deuten. Corona hat gezeigt:
Intersektorale Versorgung ist möglich und nötig. Zum Beispiel auch, wenn es um
die adäquate poststationäre Versorgung von Pflegeheimpatienten, soziale
Indikationsstellungen und Obdachlose geht. Gerade dieser Bereich
kristallisierte sich als besonders systemrelevant heraus.
Stellt sich schließlich die Frage nach dem richtigen Anreizsystem. Weder
scheint die Leerprämie das richtige Mittel der Wahl zu sein, noch die Tatsache,
dass Krankenhaus nur funktioniert, wenn OP-Kapazitäten und Betten um jeden
Preis ausgelastet sind. Behandlungsart und Behandlungsinhalt eines Patienten
scheinen maßgeblich von der bestehenden Abrechnungsmöglichkeit beeinflusst zu
sein. Diese Situation umzukehren muss die zentrale Lehre aus der Coronakrise
sein.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Medizincontrolling, 22.06.2020

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