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Stellungnahme des Vorstandes der KV Hessen zu Vorwürfen aus dem Odenwaldkreis mydrg.de





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Stellungnahme des Vorstandes der KV Hessen zu Vorwürfen aus dem Odenwaldkreis

Grenzwertig: Stellungnahme des Vorstandes der KV Hessen zu Vorwürfen aus dem Odenwaldkreis (Pressemitteilung).



Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) ist am 17. Juli 2020 wiederholten Vorwürfen aus dem Odenwaldkreis entschieden entgegengetreten, die hohe Todeszahl in der Corona-Pandemie dort hänge mit dem fehlenden Testcenter zusammen und die KVH sei dafür verantwortlich. Dazu erklärten die Vorstandsvorsitzenden der KVH, Frank Dastych und Dr. Eckhard
Starke, in Frankfurt:

„Wir leben bedauerlicherweise in Zeiten, in denen sich Gesellschaft und Medien
immer mehr von Fakten entfernen. Und leider gilt dies, wie wir nun zum
wiederholten Mal feststellen, auch für den einen oder anderen hessischen
Landrat und seine Verwaltungsmitarbeitenden. Denn Falschbehauptungen oder
Narrative, wie man sie heute neudeutsch nennt, werden nicht nur im fernen
Washington unabhängig vom Wahrheitsgehalt in die Welt gesetzt, sondern unter
anderem auch im Odenwaldkreis. Auch dort scheint man nach dem Motto zu
verfahren: ,Wiederhole Dinge einfach so oft, dass sie irgendwann als wahr
gelten, denn Dinge, die man immer wieder hört, müssen ja wahr sein’. Und so hat
sich schleichend aber konsequent in den letzten Monaten aus und im
Odenwaldkreis das Narrativ etabliert, die überdurchschnittlich hohe Todeszahl
dort liege daran, dass die KVH im Landkreis kein Testcenter eingerichtet habe.
Nun ist das Schöne an Fakten, dass man sie überprüfen kann. Die Bilanz im
Odenwaldkreis ist, nicht nur im hessischen sondern bundesweiten Vergleich, mit
15,11 Prozent Toten in Bezug auf die Zahl der Infizierten katastrophal. Mit 431
Infizierten pro 100.000 Einwohner liegt der Odenwaldkreis ebenfalls einsam an
der Spitze in Hessen. Zusammen mit dem Schwalm-Eder-Kreis ist der Odenwaldkreis
damit verantwortlich für 20 Prozent der 514 Covid-19-Toten in Hessen. Und das,
wo gerade einmal 4,5 Prozent der Einwohner Hessens in diesen beiden Landkreisen
leben.

Und jetzt soll alles an dem fehlenden Testcenter gelegen haben? Jenseits dieser
Pandemie würden wir das eher als schlechten Scherz und eine wodurch auch immer
ausgelöste Wahrnehmungsstörung bezeichnen und uns dazu nicht weiter äußern.
Hier geht es aber um 63, vielfach ältere Menschen, die für welche Versäumnisse
auch immer mit ihrem Leben bezahlt haben. Und das macht das Ganze zu einer
todernsten Sache.

In Hessen gab es zudem elf Landkreise ohne Testcenter. Darunter die Wetterau,
der Hochtaunuskreis, der Rheingau-Taunus-Kreis oder Darmstadt-Dieburg. Und wie
sehen die Zahlen dort aus? 120 bis 150 Fälle/100.000 Einwohner und 1,69 bis
4,54 Prozent Letalität.

Das sind selbst in Hessen, das bundesweit eine an sich schon sehr gute Bilanz
aufweist, gute, beziehungsweise sogar Spitzenwerte. Eine solche Bilanz hätte im
Odenwald fast 300 Infektionen weniger und über 50 Tote, hauptsächlich ältere
Menschen, hauptsächlich HeimbewohnerInnen, weniger zur Folge gehabt. Diese
Zahlen sind auch umso dramatischer, da in der größten Stadt Hessens, Frankfurt
am Main, mit siebeneinhalb mal mehr Einwohnern, genauso viele Menschen an
Covid-19 verstorben sind, wie im Odenwaldkreis. Insgesamt lebten zudem rund 200
der an Covid-19 in Hessen Verstorbenen in Seniorenheimen. Das sind etwas mehr
als 40 Prozent. Von den im Odenwald verstorbenen Menschen lebten dagegen über
70 Prozent in solchen Einrichtungen.

Noch immer ist das fehlende Testcenter schuld? Ein Blick auf die Hessen-Zahlen
hilft erneut: Ganz unten in Hessen und Deutschland steht da, was die Todesrate
angeht, nur der Odenwald. Aber ein Platz davor steht besagter
Schwalm-Eder-Kreis. Was finden wir hier? 311 Fälle/100.000 Einwohner, 37 Tote,
eine Letalität von 6,6 Prozent und ein Testcenter in Homberg/Efze.

Zudem stand für den Odenwald bei den eher ungünstigen geografischen
Gegebenheiten und einer der niedrigsten Bevölkerungsdichten in Hessen mit 155
Ew/km2 alternativ ein Fahrdienst der KV Hessen zur Verfügung, der aber auf
genau 0 (null) Einsätze gekommen ist. Er wurde also 0 (null) mal vom
Gesundheitsamt oder vom Landkreis angefordert. Dieser Fahrdienst beinhaltete
das gleiche Versorgungs- und Testangebot wie unsere
Covid-19-Koordinierungscenter, somit unsere sogenannten Testcenter.

Übrigens behaupteten die Funktionsträger des Odenwaldkreises zeitweise auch,
die zahlreichen Altenheime im Gebiet seien von Beginn an konsequent auf Corona
getestet worden und jeder darauffolgende Todesfall sei seither im Falle der
Infektion der meist hochbetagten Bewohner als Corona-Todesfall gezählt worden,
auch wenn die eigentliche Sterbeursache oftmals eine ganz andere gewesen sei.
So konnte man es wenigstens auf de-fakt.de nachlesen. Und ganz am Anfang lagen
die Todeszahlen und Infektionen noch an der Beliebtheit österreichischer
Skigebiete im Odenwald und den angeblich intensiven Geschäftsbeziehungen zu
italienischen Firmen und einem angeblich so guten Covid-19-Detektionskonzept
mit angeblich aktiver Fallnachverfolgungsarbeit des Gesundheitsamtes. So las
man es dann jedenfalls in der Lagedarstellung des hessischen Innenministeriums
am 27. April 2020. Die Nähe zu Bayern soll es ja auch mal eine Zeit gewesen
sein. Dabei weisen alle angrenzenden Landkreise in Hessen, Baden-Württemberg
und Bayern, insbesondere die Bergstraße in Hessen, deutlich bessere Bilanzen
auf.

Hoffen wir nun, dass der Versuch, diese drängenden Fragen mit dem tumben
Vorwurf des fehlenden Testcenters zu beantworten, beendet ist und endlich die
Aufklärung anfängt, warum es zu dieser Todeszone in Hessen gekommen ist.

Ein kleines Schmankerl zum Schluss: Die ursprünglichen Pläne der KV, am
Standort des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) in Erbach/Odenwald ein
Testcenter zu errichten, waren aufgrund der bestehenden Infektionslage im
dortigen Krankenhaus leider nicht sinnvoll.“

Quelle: Pressemitteilung, 17.07.2020

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