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Aktuelle Vorhaben des Bundesgesundheitsministeriums: Viel Aufwand und wenig Erfolg zu erwarten

Falsche Prioritäten und bürokratische Maßnahmen bei aktuellen gesundheitspolitischen Vorhaben (Klinikverbund Hessen).



Das Bundesgesundheitsministerium hatte diese Woche Eckpunkte für die neue Versorgungsform der Tagesbehandlung sowie für die Sicherung der Krankenhausabteilungen Kinderheilkunde und Geburtshilfe vorgelegt. Zudem befindet sich der Entwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz in der Beratung durch den
Gesundheitsausschuss des Bundestages. „Dass sich das Bundesgesundheitsministerium jetzt überhaupt um die
Krankenhausversorgung kümmert, ist an sich ja begrüßenswert, aber alles, was
diese Woche gesagt und veröffentlicht worden ist, bringt gar nichts!“, meint
Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen. Die
Prioritäten seien völlig falsch gesetzt. „Die Krankenhäuser befinden sich akut
in einer schweren wirtschaftlichen Krise und sind existentiell bedroht! Hier
muss die Politik sofort handeln, sonst bricht die Gesundheitsversorgung
vielerorts zusammen“, stellt Maurer klar. Krankenhäuser können die
Preissteigerungen auf der Kostenseite nicht durch die gesetzlich festgelegten
Erlöse aus der Krankenhausbehandlung ausgleichen. Die meisten Krankenhäuser des
Klinikverbunds erwarteten daher Defizite in Millionenhöhe und hätten auch wenig
Spielraum bei der Liquidität. Die Kliniken bräuchten sofort einen Ausgleich für
die gestiegenen Preise und die Inflation, das müsse die höchste Priorität
haben. „Die anstehende Zahlung des Weihnachtsgeldes für die Mitarbeiter bringt
viele Krankenhäuser in eine schwierige Liquiditätslage und wenn nicht sofort
etwas dagegen unternommen wird, dann müssen nicht nur Kinderkliniken und
Geburtshilfen, sondern ganze Krankenhäuser dicht machen,“ ist Maurer
überzeugt.

Dazu komme, dass mit Ende des Jahres auch die verkürzte Zahlungsfrist der
Krankenkassen für Krankenhausleistungen auslaufe. „Für die hessischen
Krankenhäuser bedeutet dies, dass von jetzt auf gleich die Zahlungsfrist von
fünf auf dreißig Tage ansteigt, de facto also ein Monat lang keine Einnahmen
fließen. Das kann kaum ein Krankenhaus durchhalten!“, betont Maurer. Es brauche
dringend eine Weitergeltung der verkürzten Zahlungsfrist sowie ausreichende
Übergangsregelungen bei deren Auslaufen.

Zudem solle mit den derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen
Entwurf des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes die Möglichkeit genommen
werden, die Landesbasisfallwerte als Grundlage der Krankenhausvergütung an
besondere Entwicklungen anzupassen. „Mit den geplanten Streichungen in § 10
Krankenhausentgeltgesetz wird den Krankenhäusern genau die Möglichkeit
genommen, die es jetzt bräuchte, um den Landesbasisfallwert an die einerseits
stark gestiegenen Kosten und andererseits nach wie vor verminderten Fallzahlen
anzupassen“, erläutert Achim Neyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des
Klinikverbunds Hessen.

Auch die im Entwurf vorgesehene Art der Einführung der Pflegepersonalbemessung
PPR 2.0 stößt auf heftige Kritik: „Zu kleinteilig, zu kompliziert und mit dem
ursprünglichen Vorschlag, der ja unter anderem von der Pflege selbst kam und
Konsens war, hat das nichts mehr zu tun“, betont Neyer. Mit der geplanten
gesetzlichen Umsetzung und den darauf beruhenden Vereinbarungen der
Selbstverwaltung werde diese Regelung zu einem Bürokratiemonster und schade der
Pflege mehr, als es nütze.

Beim dritten inhaltlichen Bestandteil des Gesetzentwurfes, der sich auf die
Budgetverhandlungen bezieht, sehe der Klinikverbund Hessen ebenfalls unnötige
Bürokratie ohne Nutzen. Der Versuch, die Prospektivität bei den
Budgetverhandlungen zu erreichen, sei völlig unsinnig, überflüssig und für alle
Beteiligten extrem aufwändig. „Scheinbar meint man in der Politik, die
Verantwortlichen in Krankenhäusern und Krankenkassen sowie die Beteiligten in
den Schiedsstellen hätten gerade in der jetzigen Situation nichts anderes zu
tun als sich ausschließlich mit den Budgetverhandlungen zu beschäftigen“, meint
Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen. Aus seiner Sicht
könne stattdessen auf die Budgetverhandlungen sogar weitgehend verzichtet
werden, da die Begründung für deren Einführung in den 1980er Jahren – die
unkontrollierte Leistungsausweitung – entfallen sei. „Für eine
Leistungsausweitung fehlt inzwischen schlicht das Personal“, meint Schaffert.

In Bezug auf die vom Bundesgesundheitsministerium veröffentlichten Eckpunkte
für die Förderung der Kinderkliniken und Geburtshilfen sei die Frage, ob die
dort genannten Maßnahmen die richtigen Lösungen seien. „In ländlichen Regionen
werden diese Abteilungen nicht nur deshalb geschlossen, weil sie nicht
wirtschaftlich zu betreiben sind, sondern vor allem, weil das notwendige
Fachpersonal sowohl im ärztlichen Bereich als auch bei den Hebammen fehlt“,
sagt Schaffert. Gerade in der Geburtshilfe gebe es aus Qualitätsgründen hohe
Anforderungen an die Personalausstattung, die in ländlichen Regionen oft nicht
mehr zu erfüllen sein.

Die Politik müsse nach Ansicht des Klinikverbunds Hessen die Prioritäten
erkennen. „Krankenhäuser brauchen zuerst und jetzt akut einen echten
Inflationsausgleich, sonst gibt es bald keine Krankenhausstrukturen mehr!“,
betont Schaffert. Danach könne über Strukturen diskutiert werden, aber das
dürfe sich nicht nur auf die Krankenhäuser oder einzelne Bereiche beziehen.
„Stationäre und Ambulante Versorgung sind kommunizierende Röhren, man kann die
stationären Strukturen nicht ohne Auswirkungen auf die ambulante Versorgung
verändern; die ist aber selbst an ihren Grenzen“, erläutert Schaffert. Jetzt
schon wieder neue ‚sektorübergreifender‘ Behandlungsformen wie die
Tagesbehandlungen einzuführen, bringe nur neue Bürokratie und keine Entlastung
oder Verbesserung der Versorgung. Statt dessen müsse endlich die Mauer zwischen
ambulanter und stationärer Versorgung eingerissen werden. „Nur wenn wir es
mittelfristig schaffen, eine durchgängige abgestimmte und abgestufte Versorgung
von ambulant über stationär bis hochspezialisiert einzuführen und bürokratiearm
umzusetzen werden wir mit den demografisch weniger werdenden Fachkräften eine
gute Versorgung aufrecht erhalten können“, ist Schaffert überzeugt.

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Pressemitteilung: Falsche Prioritäten und bürokratische Maßnahmen (docx) 767 KB
Pressemitteilung: Falsche Prioritäten und bürokratische Maßnahmen (PDF) 580 KB

Quelle: Klinikverbund Hessen, 28.10.2022

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