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Fallpauschalen sorgen systemisch fuer Defizite mydrg.de





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Fallpauschalen sorgen systemisch fuer Defizite

Zwangsrabatte: Fallpauschalen sorgen systemisch für Defizite (Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands).



VKD kritisiert Zwangsrabatte, präferiert Strukturveränderungen mit Augenmaß und plädiert für Neustart der Bund-Länder-AG Berlin, d. 2. Mai 2019. Dreht die Politik an den falschen Stellschrauben? Trotz einer ganzen Reihe von durchaus sinnvollen gesetzlichen
Neuregelungen geht es vielen Krankenhäusern wirtschaftlich immer schlechter. Die Folgen dieses Finanzmangels sind gravierend und betreffen die notwendigen Strukturveränderungen ebenso wie die schleppende Digitalisierung und auch den Fachkräftemangel. „Das ist
sicher für viele eine unbequeme Wahrheit, die aber mit Blick auf die konkreten Zahlen eindeutig belegbar ist“, erklärt der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), Dr. Josef Düllings. Im Vorfeld der am 9. Mai in Berlin beginnenden
Jahrestagung des Verbandes analysiert der Verbandschef wesentliche Gründe für die aktuell schlechte Situation vieler Kliniken.

„Wir agieren derzeit in einem Rechtsgefüge mit diversen Rabattstaffeln“, so Dr.
Düllings. „Die Rabatte werden aber nicht freiwillig von den Krankenhäusern
angeboten, wie es im Wettbewerb üblich ist, sondern vom Gesetzgeber auf Bundes-
und Landesebene, von der Selbstverwaltung auf Bundes- und Landesebene sowie von
den Krankenkassen vor Ort den Krankenhäusern vorgeschrieben oder aufgezwungen.“
Kein Krankenhaus könne ihnen entgehen.

Rabatt Nummer 1: Fallpauschalen sorgen systemisch für Defizite

Der erste Rabatt ist systembedingt in den Fallpauschalen enthalten. Er wird vor
allem von den Krankenhäusern der Grundversorgung unfreiwillig gewährt – das
betrifft rund 700 Kliniken. Die Fallpauschalen beruhen auf einer
Durchschnittskalkulation. Der hier enthaltene durchschnittliche Anteil der
Fixkosten ist niedriger als die tatsächlich von diesen Kliniken zu zahlenden
Kosten. Daraus ergibt sich in jedem abgerechneten Behandlungsfall ein Defizit,
das sich natürlich aufsummiert und schließlich zur Insolvenz führen kann.
Adressaten für diese Schieflage sind der Gesetzgeber und die Selbstverwaltung
auf Bundesebene.

Rabatt Nummer 2: Landesbasisfallwerte vergrößern die Preis-Tarif-Schere


Den zweiten Rabatt zahlen alle Krankenhäuser über den auf Landesebene
festgelegten Landesbasisfallwert. Seit Jahren liegen dadurch die Preise für
Krankenhausleistungen unter den allgemeinen Kosten, vor allem aber unter den
stetig steigenden Personalkosten. Das konnte in der Vergangenheit vielfach
durch Mehrleistungen kompensiert werden. Das Ende der Fahnenstange ist hier
aber erreicht. Diese Rabattierung verhandeln die Partner der Selbstverwaltung
auf Landesebene.

Rabatt Nummer 3: Leistungsfähigkeit wird bestraft


Eine enorme Rabattstaffel, wie sie in dieser Höhe wohl in keiner anderen
Branche üblich ist, trifft vor allem die besonders leistungsfähigen
Krankenhäuser. Sie müssen einen Abschlag von 35 Prozent
(Fixkostendegressionsabschlag) für mit den Krankenkassen vereinbarte
Mehrleistungen hinnehmen. Und nicht nur das: Bei ungeplanten Mehrleistungen
zahlen sie sage und schreibe 65 Prozent an Mehrerlösausgleichen an die
Krankenkassen zurück. Mehr Leistungen – weniger Geld. Von diesen Rabatten
profitieren die Krankenkassen.

Rabatt Nummer 4: Rückholaktion: Geleistet, aber nicht bezahlt


Diese Rabattstaffel hat derzeit Hochkonjunktur. Sie ist für einige
Krankenkassen zu einem neuen Geschäftsmodell geworden. Aktuell werden Studien
zufolge etwa zwei Milliarden Euro in den ohnehin übervollen Geldtopf der Kassen
zurückgeholt, obwohl nachweislich 96 Prozent aller Krankenhausrechnungen
korrekt sind. Es geht also nicht, wie von den Kassen gern behauptet, um
Falschabrechnungen oder falsche Kodierungen. Es geht aus Sicht des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) um falsche Versorgungsformen
oder auch sogenannte Fehlbelegungen. Das sind zum Beispiel Leistungen, bei
denen eine Anschlussversorgung im ambulanten Bereich nicht sofort zur Verfügung
steht. Akuter Pflegepersonalmangel herrscht ja auch dort. Hier leistet das
Krankenhaus dann ersatzweise diese Pflege – und wird dafür nicht bezahlt. Diese
MDK-Zwangsrabattierung nimmt zu und ist inzwischen das größte Risiko für die
Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern.

Rabatt Nummer 5: Investitionsförderung sträflich niedrig


Negativ auf die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser wirkt sich nach wie vor
die sträflich niedrige Investitionsförderung durch die Länder aus. Anfang der
neunziger Jahre noch bei neun Prozent, ist sie aktuell bei drei Prozent – ein
von Jahr zu Jahr negatives Delta von sechs Prozent, das nicht kompensierbar
ist. Die Krankenhäuser geben hier also den Ländern einen Zwangsrabatt und
vergrößern damit die Gefahr, notwendige Investitionen nicht vornehmen zu
können.

„Wer glaubt, dass die Herausforderungen, die heute und in der Zukunft vor uns
stehen, mit wirtschaftlich geschwächten Krankenhäusern bewältigt werden können,
ist naiv. Wer glaubt, wir müssten nur die Strukturen verändern – vor allem wohl
Kliniken schließen – und irgendwie die Digitalisierung vorantreiben, dann lösen
sich alle Probleme von selbst, der ignoriert, dass dies alles viel Geld
kostet“, so Dr. Düllings.

Wie könnten Lösungen aussehen?


Wesentliche Gründe für den aktuellen Finanz- und Personalmangel sind die
historisch gewachsene dezentrale Krankenhausstruktur, die Unwilligkeit der
Krankenkassen, die notwendige Personalausstattung zu finanzieren, sowie die
Unwilligkeit der Länder, die nötigen Investitionen zur Strukturkonzentration
bereitzustellen. Hier gilt es anzusetzen.

Die historisch gewachsene dezentrale Struktur der Krankenhausbranche muss auch
aus Sicht des VKD aufgebrochen werden – jedoch mit Augenmaß, immer mit Blick
auf die Versorgungssicherheit und unter Einbeziehung der Praktiker im
Krankenhausmanagement. Ein solcher Prozess muss moderiert und natürlich auch
finanziert werden. Davon kann derzeit keine Rede sein. Auf der Bundesebene
werden Vorgaben gemacht, die zur Qualitätsverbesserung die Konzentration von
Strukturen erfordern. Die Länder, die damit zwar offiziell konform gehen,
verweigern dann aber die nötigen Fördermittel, die für die Gestaltung dieses
Wandels notwendig sind – obwohl das Gesetz sie dazu verpflichtet.

Notwendig ist aus Sicht des VKD eine sorgsam geplante, moderierte und
ausreichend finanzierte neue Struktur der Gesundheitsversorgung, deren Kerne
die Krankenhäuser sind und in die alle Sektoren einbezogen werden. Diese
Strukturen müssen regional und flexibel entsprechend den
Versorgungsnotwendigkeiten gesteuert werden.

Hier kommen als dritte Ebene neben Bund und Ländern die Landkreise und Kommunen
mit Bürgermeistern und Landräten vor Ort hinzu. Sie machen es den
Krankenhäusern nicht immer leicht, zum Teil sogar unmöglich, sinnvolle
Strukturveränderungen umzusetzen, selbst wenn genügend Geld da ist.

Die Forderung des VKD an Bundes-, Landes- und Ortsebene: Zieht endlich an einem
Strang und stellt Euch proaktiv dem notwendigen Strukturwandel. Die
Wiederaufnahme der Bund-Länder-Arbeitsgruppe wäre in diesem Zusammenhang aus
Sicht des VKD eine gute Idee.

Die derzeit gültige Mehr-Ebenen-Rabattmechanik als ein System organisierter
Unverantwortlichkeit dagegen gehört abgeschafft. Sie führt zu einem
Strukturwandel über Pleiten und löst keines der aktuellen Probleme. Im
Gegenteil: Sie werden verschärft.


Mit den Pflegestärkungsmaßnahmen wiederum hat der Bundesgesetzgeber erstmals
für eine Dienstart eingegriffen. Ob das ein Modell für die Zukunft ist, lässt
sich noch nicht einschätzen. Die Festlegung von Personaluntergrenzen, wie die
Politik sie plant, wird vom VKD allerdings abgelehnt. Sie schränkt einen
flexiblen Personaleinsatz entsprechend der Versorgungsnotwendigkeiten vor Ort
durch das Management ein und sollte in der Mottenkiste der Misstrauenskultur
versenkt werden. Der VKD plädiert hier, ebenso wie die Deutsche
Krankenhausgesellschaft (DKG), für einen Ganzhausansatz mit Definition eines
notwendigen Pflegebedarfs.

Einer der größten Zeitfresser in unseren Krankenhäusern ist die mit jeder neuen
Regelung, jedem neuen Gesetz weiter anwachsende Bürokratie. Sie bindet
Fachpersonal, frustriert Ärzte und Pflegende enorm und verschärft damit den
Personalmangel immer weiter. Die überbordenden Dokumentationspflichten schaffen
weder mehr Transparenz noch ermöglichen sie bessere Qualität. Den
Geschäftsführungen ist klar, dass die Reduzierung von Komplexität und damit
auch von Bürokratie eine enorme Aufgabe ist. Sie muss aber ebenfalls dringend
angepackt werden.

Quelle: Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands, 02.05.2019

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