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BWKG-Indikator 2/2022: Krankenhäuser werden mit Risiken allein gelassen

BWKG-Indikator 2/2022: Krankenhäuser werden mit Risiken allein gelassen (Pressenachricht, PDF, 577 kB).



Scheffold: Gute Patientenversorgung braucht sicheren Rahmen - gesetzlich und finanziell. Trotz Corona-Belastungen, Fachkräftemangel und Krankheitswellen ungekannten Ausmaßes stellen die Krankenhäuser mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Versorgung der Menschen im Land sicher – so gut es
geht. Das Mindeste, was sie dafür erwarten, sind eine ausreichende Finanzierung und verlässliche gesetzliche Rahmenbedingungen. Beides ist aktuell nicht gegeben. Das zeigen die
neuesten Ergebnisse des BWKG-Indikators sehr deutlich“ erklärt Heiner
Scheffold, Vorstandsvorsitzender der Baden-Württembergischen
Krankenhausgesellschaft (BWKG). Die Befragung der Geschäftsführenden der
BWKG-Mitgliedseinrichtungen lief bis Anfang November 2022. Danach erwarten 74%
der Klinikverantwortlichen für 2022 rote Zahlen in ihren Gewinn- und
Verlustrechnungen. 79% bezeichnen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als
schlecht und 84% erwarten eine weitere Verschlechterung in den kommenden 12
Monaten. Nicht berücksichtigt wurden in der Befragung die Energiehilfen, da
diese erst nach Abschluss der Umfrage beschlossen wurden.

„Die wirtschaftliche Lage der Kliniken ist extrem angespannt. Da sind die
Hilfen für die steigenden Energiepreise und die dadurch verursachte Inflation
wichtig. Die finanzielle Situation der Krankenhäuser werden sie aber nicht
grundlegend verbessern, weil die Hilfen nicht zielgenau sind“, so der
BWKG-Vorstandsvorsitzende, der auch Landrat des Alb-Donau-Kreises ist. Die
Hilfen beziehen sich in erster Linie auf die Energiekosten und in deutlich
geringerem Umfang auf die so genannten indirekten Kostensteigerungen. Dies
seien durch die Energiekostensteigerung mittelbar ausgelöste Preissteigerungen,
etwa bei Lebensmitteln, Dienstleistungen und medizinischen Produkten. Denn
praktisch alle Lieferanten und Vertragspartner der Krankenhäuser hätten in den
vergangenen Wochen und Monaten die Preise erhöht. „Die Inflationsrisiken
abseits der Energiekosten drohen zum großen Teil bei den Krankenhäusern hängen
zu bleiben“, befürchtet Scheffold.

„Verschärft wird die finanzielle Situation der Kliniken durch die auslaufenden
Corona-Schutzschirme“, macht der BWKG-Vorstandsvorsitzende deutlich. Die nach
wie vor spürbaren Folgen der Coronapandemie seien durch die aktuelle Krise in
den Hintergrund geraten. Vergessen seien die Versprechen der Bundespolitik,
dass kein Krankenhaus durch Corona in Schwierigkeiten geraten soll. Eine
Absicherung gegen sinkende Fallzahlen durch die Pandemie gebe es für das Jahr
2023 nicht mehr. Die Krankenhäuser müssten das Risiko schwankender
Behandlungszahlen tragen, wenn etwa durch krankheitsbedingten Ausfall des
Personals nicht so viele Patientinnen und Patienten wie erwartet behandelt
werden können.

„Theoretisch will die Regierungskoalition die Abhängigkeit der
Krankenhausvergütung von der Zahl ihrer Patientinnen und Patienten reduzieren.
Faktisch tut sie aber das Gegenteil. Im soeben beschlossenen
Krankenhauspflegeentlastungsgesetz wird diese Abhängigkeit sogar noch weiter
erhöht. Damit hat Minister Lauterbach die Geschwindigkeit in dem von ihm so
kritisierten wirtschaftlichen Hamsterrad noch einmal heraufgesetzt“, so
Scheffold. Grund seien die vorgenommenen Änderungen im Berechnungsmechanismus
des Landesbasisfallwertes, dem Grundpreis der Krankenhäuser. Folge ist, dass
bei rückläufigen Patientenzahlen die Fixkosten der Krankenhäuser nicht mehr
gedeckt werden könnten.

„Diese dauernde Unterfinanzierung und die instabilen Rahmenbedingungen haben
Folgen für die Patientenversorgung. Für uns ist es ein deutliches Alarmsignal,
dass geplante Operationen oder Behandlungen immer wieder verschoben werden
müssen. 66 % der Krankenhausgeschäftsführer geben an, dass die Wartelisten für
planbare Eingriffe im Vergleich zum Jahr 2019 länger geworden sind“, so der
BWKG-Vorstandvorsitzende. Schon vor Beginn der Pandemie konnten die
Krankenhäuser 10-15 % ihrer Betten wegen des Personalmangels nicht belegen. In
der Pandemie mussten immer wieder Kapazitäten für schwerkranke
Covid-19-Patientinnen und -Patienten freigehalten werden. Jetzt sind es vor
allem Ausfälle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die selbst krank sind
oder sich um erkrankte Kinder kümmern. „Die Verschiebung eines fest geplanten
OP-Termins ist für den Betroffenen eine große Belastung“, so Scheffold weiter.
Besonders schwierig sei, dass aktuell keine Entspannung in Sicht ist. Denn der
Personalmangel bestehe weiter. So geben beim BWKG-Indikator 74,8 % der
Krankenhaus-Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer an, dass es schwierig oder
eher schwierig ist, freie Stellen im ärztlichen Dienst neu zu besetzen, im
Pflegedienst sind dies sogar 90,8 %. Angesetzt werden müsse beispielsweise bei
der nach wie vor überbordenden Bürokratie.

Reformvorschläge der Regierungskommission

Anfang Dezember 2022 hat nun die Regierungskommission ihren Vorschlag zur
grundlegenden Reform der Krankenhauslandschaft vorgelegt.

„Die BWKG unterstützt die Reformziele, die wirtschaftliche Sicherung der
Krankenhäuser mit einem geringeren Leistungsbezug zu gewährleisten und den
Strukturwandel zu gestalten“, so Scheffold. Die Reformvorschläge seien bisher
allerdings nur theoretische Überlegungen. Sie böten die Chance einer
Verbesserung, könnten sich aber in der weiteren Ausgestaltung auch ins
Gegenteil verkehren. Vor diesem Hintergrund könne die Bewertung der jetzt
vorgelegten Reformvorschläge der Regierungskommission noch nicht abschließend
sein. Notwendig sei in jedem Falle, im weiteren Prozess eine Folgenabschätzung
der Reform vorzunehmen, damit transparent werde, wie sich die Maßnahmen
auswirken.

„Es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die von den Menschen im Land
gewählten demokratischen Institutionen nach wie vor die Letztverantwortung für
die Krankenhausplanung und die flächendeckende Versorgung der Menschen
behalten“, macht der BWKG-Vorstandsvorsitzende deutlich. Wenn die Reform sich
auf die Anzahl und die Struktur der Krankenhäuser auswirkt, darf sie nur im
Einvernehmen mit den Ländern umgesetzt werden. Bedenklich sei aus seiner Sicht,
dass die Regierungskommission sich bisher ausschließlich auf die Wissenschaft
berufe und den Sachverstand der Krankenhäuser und Krankenkassen genauso außen
vorlasse wie die Expertise der Länder, die die Verantwortung für die stationäre
Versorgung ihrer Bürger tragen. Die Krankenhausversorgung sei Ländersache und
könne und dürfe nicht von Berlin aus zentral gesteuert werden. Entscheidend für
die Bewertung der Reform werde auch sein, inwieweit die Landesspezifika in
Baden-Württemberg in dem reformierten Vergütungssystem berücksichtigt würden.
Die Kliniken im Land litten seit Jahren darunter, dass das
überdurchschnittliche Lohnniveau in Baden-Württemberg nicht finanziert werde.
Außerdem sei es eine Grundvoraussetzung für eine gelungene Reform, dass die
Investitionen – wie es der gesetzlichen Verpflichtung entspricht – in vollem
Umfang finanziert werden.

„Dass die Umgestaltung der Krankenhausstruktur – wie vom
Bundesgesundheitsminister behauptet – finanzneutral erfolgen kann, ist schlicht
unrealistisch“ sagt Scheffold. Voraussetzung für eine grundlegende Reform sei,
dass die Finanzierung der jetzigen Strukturen sichergestellt wird. Außerdem
müsse sichergestellt werden, dass Baden-Württemberg nicht dafür bestraft wird,
dass der Strukturwandel hier schon weit fortgeschritten ist. Darauf aufbauend
könne dann eine Reform erfolgen, die aber nicht kostenneutral umgesetzt werden
könne. Dies zeigten aktuelle Beispiele sehr deutlich, etwa der Kohleausstieg,
die Digitalisierung oder die Energiewende.

Wichtig sei jetzt, dass der Diskurs über die Reformvorschläge zügig unter
Beteiligung aller Betroffenen geführt werde. „Eine Hängepartie in der
Reformdiskussion würde zu weiteren Unsicherheiten für die Kliniken führen. Die
Krankenhäuser brauchen aber schnell stabile und verlässliche
Rahmenbedingungen“, ergänzt der BWKG-Vorstandsvorsitzende.

Die Ergebnisse des BWKG-Indikators (2/2022) für Krankenhäuser sind beigefügt.

Quelle: Pressenachricht, 20.12.2022

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