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Der Umgang der Politik mit den Krankenhäusern sei deprimierend

Klinikverbund Hessen: Politische Tatenlosigkeit gefährde die Krankenhausversorgung (Klinikverbund Hessen).



Nach Ansicht des Klinikverbunds Hessen e. V. gefährdet fehlender politischer Handlungswille die Krankenhausversorgung.

21.07.2022 | Wetzlar
„Vielen unserer Kliniken steht das Wasser bis zum Hals, einige sind kurz vor
dem Absaufen, aber das scheint in der Politik niemanden zu interessieren“,
beschreibt Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen die
Wahrnehmung innerhalb seiner Mitgliedskrankenhäuser. Dabei sei die Liste der
Themen mit dem dringlichsten Handlungsbedarf lang:

Nahezu jede bei den Krankenhäusern eingehende Rechnung enthält einen
Inflationsaufschlag, nicht nur für Energie, sondern auch für alle anderen
Sachkosten. Auch langfristige Lieferverträge werden mit dem Hinweis auf die
Inflation gekündigt. Da die Krankenhäuser die Kosten wegen ihrer festgelegten
Preise jedoch selbst nicht weitergeben können, fordern die Kliniken dringend
einen Inflationsausgleich.
Auch bei den Personalkosten sind aufgrund der jüngsten Tarifabschlüsse
beispielsweise im ärztlichen Bereich die Kosten erheblich angestiegen. Für
einen Großteil des Personals stehen die Tarifverhandlungen noch an und es ist
davon auszugehen, dass die Forderungen nach Tarifsteigerungen aufgrund der
Inflation erheblich sein werden.
Dem steht gegenüber, dass in Hessen bisher lediglich 20 der rund 150
betroffenen Krankenhäuser ein Pflegebudget mit den Krankenkassen abschließen
und genehmigen lassen konnten. Mit dem Pflegebudget sollen Personalkosten der
Pflege sowie Entlastungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen vollständig
refinanziert werden. Durch die Verzögerung ist jedoch das Gegenteil der Fall:
Die Krankenhäuser müssen einen Großteil der Pflegepersonalkosten
vorfinanzieren. Dabei liegen zumindest für die zurückliegenden Jahre die von
den Wirtschaftsprüfern testierten tatsächlichen Pflegepersonalkosten bereits
vor. „Wenn die Realität ist, dass das Pflegebudget sowieso erst im Nachhinein
vereinbart wird, dann sollten die testierten Kosten automatisch als
Pflegebudget für das entsprechende Jahr festgesetzt werden – das würde uns viel
Aufwand und den Streit mit den Kassen ersparen“, fordert Schaffert.
Neben dem allgemein bestehenden Fachkräftemangel fällt zunehmend Personal
aufgrund eigener Infektion aus, so dass die Versorgung nicht im vollen Umfang
stattfinden kann und für das verbleibende Personal zusätzliche Belastung
entsteht. Die steigenden Infektionszahlen der Patientinnen und Patienten
verstärken die Belastung zusätzlich.
Der Rückgang der Belegungszahlen bei gleichbleibend hohen Kosten müsse in der
Finanzierung durch die Fallpauschalen berücksichtigt werden, da die Kosten für
den Einzelfall damit ansteigen. Stattdessen würden genau diese Effekte bei der
Kalkulation der DRG-Fallpauschalen teilweise herausgerechnet, was zu einer
strukturellen Unterfinanzierung der Leistungen mit starkem Fallzahlrückgang
führe.

„Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dies nur die dringendsten Themen, die
Krankenhäuser belasten – bis hin zur Zahlungsunfähigkeit“, stellt Schaffert
klar und ist sich sicher, dass noch in diesem Jahr Krankenhausinsolvenzen
deutlich zunehmen würden.

Den meisten Verantwortlichen in den Krankenhäusern und bei ihren Trägern sei
klar, dass schon allein aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels eine
Veränderung der Versorgungsstrukturen und Aufgaben der Krankenhäuser notwendig
sei. Dies müsse jedoch mit Ziel und Plan erfolgen. Die Kliniken einfach ihrem
finanziellen Schicksal zu überlassen, gefährde die Versorgung und treibe
letztlich die Kosten nur nach oben. „Denn dann werden wieder teure
Rettungsboote ausgeschickt, weil man feststellt, dass es auch systemrelevante
Krankenhäuser trifft“, meint Schaffert.

Im Klinikverbund Hessen herrsche allerdings der Eindruck vor, dass im
Bundesgesundheitsministerium die Bedeutung und Rolle der Krankenhäuser für die
Versorgung sowie ihre Probleme ignoriert werde. Vielmehr werde von den
Krankenhäusern in geplanten Gesetzesvorhaben zusätzliche finanzielle Opfer
zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung erwartet.

Es werde so getan, als wäre die Krankenhausversorgung eine materialistische
Industrie, der es in erster Linie um Gewinne ginge, die man abschöpfen könne.
„Zwei Drittel der Krankenhäuser insgesamt und alle Mitglieder im Klinikverbund
Hessen befinden in öffentlicher oder frei-gemeinnütziger Trägerschaft, sie
verstehen Ihre Aufgabe als Daseinsvorsorge und entziehen der
Gesundheitsversorgung keine Gewinne“, stellt Schaffert dagegen klar. Zudem sei
die Krankenhausversorgung kein freier Markt, sondern extrem reguliert und
finanziell gedeckelt. „Mehrkosten verbleiben zu 100% bei den Krankenhäusern und
wenn die Kosten immer weiter steigen, nicht aber die Einnahmen, dann führt das
zwangsläufig ins Defizit und den Ruin“, erläutert Schaffert.

„Wir fordern daher, dass sich das Bundesgesundheitsministerium endlich um die
Krankenhäuser kümmert und Sofortmaßnahmen für die dringendsten Probleme
ergreift“, betont Schaffert. Auch vom Land Hessen erwarte man – neben der
Verpflichtung zur vollständigen Investitionsfinanzierung – eine Unterstützung
für die Belange der hessischen Krankenhäuser.

Quelle: Klinikverbund Hessen, 21.07.2022

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