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DGIV-Positionspapier 2019 zur sektorenübergreifenden Versorgung mydrg.de





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DGIV-Positionspapier 2019 zur sektorenübergreifenden Versorgung

DGIV-Positionspapier 2019 zur sektorenübergreifenden Versorgung (DGIV Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung).



Die in den letzten Wochen verlautbarten Signale aus Bund und Ländern über bestehende Absichten auf dem Gebiet der sektorenübergreifenden Versorgung vermögen noch nicht zu überzeugen. Es wächst die Besorgnis, dass es wieder nicht gelingen könnte, nachhaltige Maßnahmen zum Abbau der Sektorengrenzen zu
treffen.

I.
Bereits 2017 hatte die Gesundheitsministerkonferenz die Bildung einer
Bund-Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung vorgeschlagen. Dem
Vorschlag wurde im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vom 12.03.2018
entsprochen. Hier formulierte man auf Seite 95 ff.:

„Die Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen müssen ausgebaut und
verstärkt werden. Zur Erreichung einer sektorenübergreifenden Versorgung wollen
wir nachhaltige Schritte einleiten… Die Zusammenarbeit und Vernetzung im
Gesundheitswesen müssen ausgebaut und verstärkt werden. Für eine
sektorenübergreifende Versorgung wollen wir weitere nachhaltige Schritte
einleiten, damit sich die Behandlungsverläufe ausschließlich am
medizinisch-pflegerischen Bedarf der Patientinnen und Patienten ausrichten. Wir
werden eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der
Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag einrichten. Diese Arbeitsgruppe
wird Vorschläge für die Weiterentwicklung zu einer sektorenübergreifenden
Versorgung des stationären und ambulanten Systems im Hinblick auf
Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Kodierung, Dokumentation, Kooperation
der Gesundheitsberufe und Qualitätssicherung unter Berücksichtigung der
telematischen Infrastruktur bis 2020 vorlegen. Dabei sollen Spielräume für
regionale Ausgestaltungen ermöglicht werden.“

II.
Das Anliegen stimmte hoffnungsvoll, obwohl sich alle Fachleute über die
Komplexität der Aufgabenstellung und die gesundheitspolitische Schwierigkeit
der Umsetzung des dafür Erforderlichen im Klaren sind. Dennoch: Wenn das
deutsche Gesundheitswesen nicht in wirtschaftlich und medizinisch überlebten
Versorgungsstrukturen verharren will, muss es konsequent über innovative
sektoren- und fächerübergreifende Versorgungslösungen den Weg zum Abbau der
sektoralen Barrieren einschlagen. Diese Erkenntnis ist auch nicht neu;
mindestens seit 10 Jahren sprechen sich maßgebliche Vertreter der
Versorgungsforschung dafür aus.

III.
Die DGIV hat in diesen Jahren den zähen, von vielen Rückschlägen begleiteten
Prozess der Entwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für eine integrierte
sektorenübergreifende Zusammenarbeit mit kritischen, aber immer auch
konstruktiven Beiträgen begleitet. Es entsprach dabei dem Selbstverständnis der
DGIV, nachhaltige, wissenschaftlich begründete Entwicklungsschritte auf diesem
Gebiet einzufordern und – in Auswertung der Erfahrungen aus den letzten 10
Jahren – davor zu warnen, dass diese anspruchsvolle Aufgabenstellung für die
Steigerung der Versorgungseffizienz im wichtigsten Bereich unseres
Gesundheitswesens wieder durch unentschlossenes Handeln und Verschiebetaktiken
auf künftige Entscheidungsperioden versanden könnte.

Die Entwicklung in den Jahren 2018 und bisher 2019 geben keine Veranlassung,
von dieser Position Abstriche zu machen.

IV.
Obwohl von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung immer
noch keine offizielle Ergebnisverlautbarung – und sei es nur zu Teilergebnissen
– vorliegt, kursiert dennoch seit Anfang Mai ein „nicht mit der Leitung des BMG
abgestimmter Arbeitsentwurf für ein Eckpunktepapier der Bund-Länder-AG
‚sektorenübergreifende Versorgung‘ zur Vorbereitung der Sitzung auf
Leitungsebene am 8. Mai 2019“.

Die DGIV hat diesen Arbeitsentwurf mit Enttäuschung und der Hoffnung, dass das
Papier in seiner Endfassung der Aufgabenstellung für die Arbeitsgruppe besser
gerecht wird, zur Kenntnis genommen.

Der Entwurf vermittelt jedenfalls den Eindruck, dass sich die Arbeitsgruppe
nicht den komplexen Anforderungen ihrer Aufgabe gestellt, sondern (vorerst?)
einzelnen Teilbereichen des Schnittstellenbereiches von ambulant und stationär
sowie Medizin und Pflege gewidmet hat.

Würde man hier einmal unterstellen, dass es sich bei der häuslichen
Krankenpflege um einen Versorgungssektor handelt, bieten lediglich die
Ausführungen des Entwurfes zur besseren Koordinierung der Zusammenarbeit von
Ärzten und Pflegepersonal gewisse Ansätze für eine integrierte Zusammenarbeit.

V.
Ansonsten lässt der Arbeitsentwurf überraschenderweise die wissenschaftliche
Erkenntnis, mit Hilfe integrierender Versorgungslösungen die
sektorenübergreifende Versorgung weiter zu entwickeln, völlig vermissen. Die
Überraschung hat nicht nur auf Seiten der DGIV rasch der Enttäuschung Platz
gemacht.

Seit langem wird der Begriff „Integrierte Versorgung“ nicht nur auf die
Selektivversorgungsverträge der Besonderen Versorgung gem. § 140a SGB V
beschränkt. Integrierte Versorgung ist auch ein Versorgungsprinzip, das
gleichermaßen auch in der Regelversorgung wirkt und in der ständigen
Verbesserung der sektorenübergreifenden und interdisziplinär-fachübergreifenden
Kooperation der Leistungserbringer mit dem Ziel einer effizienteren
medizinischen Versorgung und Pflege besteht.

Die Verwirklichung dieses Prinzips ist kein Selbstzweck, sondern sie wird durch
die Erkenntnis der Leistungserbringer und –träger vorangetrieben, dass die
Effizienz der medizinischen Versorgung und Pflege zum Vorteil des Patienten in
erster Linie durch innovative Formen der Zusammenarbeit verbessert werden kann.
Mit dieser Entwicklung muss die Entwicklung der Rahmenbedingungen Schritt
halten – es ist eine der wichtigsten Erwartungen an die Arbeit der
Arbeitsgruppe, dass sie diesem Erfordernis auch gerecht wird.

VI.
Die Integrierte Versorgung hat in ihrem Wirken in der Regelversorgung durchaus
bereits einen unverkennbaren Stand der strukturellen Ausprägung aufzuweisen,
der insgesamt durch eine beachtliche Versorgungsrelevanz gekennzeichnet ist.
Dabei dürfte die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) derzeit noch
die geringste Versorgungsrelevanz aufweisen. Dennoch verfügt diese
Versorgungsform über großes Potenzial für ähnliche, auf deutlich mehr
Indikationen erweiterte Kooperationsgestaltungen durch Krankenhäuser und
Vertragsärzte, insbesondere auf dem Gebiet der stationsersetzenden Versorgung.

Auch die belegärztliche Versorgung und die Zusammenarbeit von Krankenhäusern
mit Kooperations-/Honorarärzten hat einen ausbaufähigen und –notwendigen
Entwicklungsstand erreicht, der nicht ignoriert werden kann.

Auf diesen Gebieten liegen längst Entwicklungsvorschläge auf dem Tisch; im
Zusammenhang mit der immer stärker werdenden Forderung nach einheitlichen
Vergütungsbestimmungen im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär
werden unter dem Begriff „Hybridversorgung“ Vorschläge über die Schaffung
integrierender Versorgungsstrukturen unter Beteiligung von Krankenhäusern und
vertragsärztlichen Leistungserbringern diskutiert, für die unter
Berücksichtigung des Prinzips „ambulant vor stationär“ neue Versorgungsaufträge
mit neuen Vergütungsregelungen in einem einheitlichen Ordnungsrahmen
ausgereicht werden sollten.

Unverständlicherweise widmet sich der Arbeitsentwurf der Arbeitsgruppe weder
den vorgenannten bereits bestehenden integrierenden Versorgungsstrukturen, noch
unterbreitet er Vorschläge für neue integrierende Versorgungslösungen in der
Regelversorgung. Aber auch die sektorenübergreifende Selektivversorgung spielt
hier (noch?) keine Rolle.

VII.
Dagegen konzentriert sich der Entwurf auf Vorschläge zur Stärkung der
ambulanten Versorgung durch den Ausbau dahingehender Versorgungsaufträge für
Krankenhäuser – ein Gedanke, der nicht nur wegen der sich häufenden Forderungen
nach Abbau von Krankenhausstrukturen viele Fragen aufwirft – und die Schaffung
eines sog. „gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereiches“- ein
begrüßenswerter Vorschlag, der jedoch noch nicht ausgereift ist.

Die berechtigte Frage, ob angesichts der äußerst geringen Inanspruchnahme von
bereits bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zur Übernahme von ambulanten
Versorgungsaufträgen in unterversorgten oder entsprechend gefährdeten
Versorgungsbereichen die Krankenhäuser in Deutschland überhaupt Willens und in
der Lage sind, solchen ambulanten Versorgungsherausforderungen zu entsprechen,
muss hier mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch
unbeantwortet bleiben.

Die Ausweitung von Versorgungsaufträgen für Krankenhäuser und vertragsärztliche
Leistungserbringer in den anderen als dem ursprünglich „angestammten“ Sektor
stellt eine denkbare, aber zunächst nicht integrierte Versorgungslösung auf dem
Weg zur Überwindung sektoraler Schranken dar. Ohne die Weiterentwicklung
integrierender Versorgungsstrukturen können die sektoralen Schranken jedoch
nicht überwunden werden. Hier liegt noch viel Arbeit vor der Arbeitsgruppe.

VIII.
Wenn die Arbeitsgruppe auf den weiteren Ausbau des Zugangs von Krankenhäusern
zur ambulanten Versorgung besonderes Augenmerk legt, sollte das gleichermaßen
auch für den Zugang von für die stationäre Versorgung geeigneten
vertragsärztlichen Leistungserbringern (z. B. Praxiskliniken und
spezialisierten Facharztzentren) zum stationären Sektor gelten. Es ist
keinesfalls so, dass es dafür keine ausreichenden fachärztlichen Expertisen auf
Vertragsarztseite und keine medizinischen Notwendigkeiten im stationären Sektor
geben würde.

Diese Maßnahmen sollten nicht mit dem Argument, die Krankenhäuser bräuchten
keine „Unterstützung“ von Seiten der niedergelassenen Ärzte bei der Erbringung
stationärer Leistungen, zurückgewiesen werden. Hochqualifizierte
niedergelassene Fachärzte bieten heute schon in der Qualität der stationären
Leistungserbringung mindestens die gleiche Behandlungsqualität wie ihre
Facharztkollegen aus den Krankenhäusern, in nicht wenigen Fällen werden sie
wegen ihrer besonderen Expertise für die Erbringung allgemeiner stationärer
Krankenhausbehandlungen beworben. Vielfach bringen auch niedergelassene Ärzte
die im vertragsärztlichen Bereich vorzufindende hohe Effizienz der Versorgung
mit in die Behandlung stationärer Patienten ein.

IX.
Weitgehend im Unklaren lässt der Arbeitsentwurf den Leser bezüglich der
bestehenden Absichten im sog. „gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereich“.

Zunächst ist perspektivisch der Anspruch richtig, unabhängig von der
„sektoralen Herkunft“ der handelnden Ärzte einen Versorgungsrahmen zu
definieren, in dem sowohl Krankenhäuser als auch vertragsärztliche
Leistungserbringer fachärztlich tätig sein dürfen. Das gilt insbesondere für
den Schnittstellenbereich von ambulant und stationär, der heute noch durch
relativ scharf gezeichnete Grenzlinien gekennzeichnet ist.

Die DGIV begrüßt deshalb grundsätzlich ein solches Vorhaben.

Allerdings soll es sich hier nach der Diktion des Arbeitsentwurfes wohl
einschränkend nur um einen „gemeinsamen ambulanten fachärztlichen
Versorgungsbereich“ handeln, denn das Papier formuliert: „Dazu sollten alle
gemeinsamen fachärztlichen Leistungen bzw. Diagnosen dann sowohl von ambulanten
als auch von stationären Leistungserbringern ambulant erbracht und einheitlich
vergütet werden, wobei der Schweregrad der Fälle zu berücksichtigen ist, etwa
durch Zuschläge für bestimmte vulnerable Patientengruppen oder
Versorgungssituationen.“

Unabhängig von der Frage zur Terminologie, ob ein stationärer
Leistungserbringer, der (auch) ambulante Leistungen erbringt, dann noch ein
stationärer Leistungserbringer ist, behandelt die Arbeitsgruppe (jedenfalls
nach diesem Papier) gar nicht erst die den nicht unerheblichen Bereich der
Erbringung stationärer Leistungen durch Vertrags- und Krankenhausärzte im
Rahmen des sog. „gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereichs“. Als hätte es
die §§ 121 (Belegärztliche Leistungen), 122 (Behandlung in Praxisklinken), SGB
V und § 2 KHEntgG / analog § 2 BPflV (zu Krankenhausleistungen durch nicht fest
angestellte Ärzte) nie gegeben.

X.
Nicht befriedigen kann auch die Absicht der Arbeitsgruppe, wesentliche Inhalte
der Ausgestaltung des „gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereiches“ auf die
gemeinsame Selbstverwaltung delegieren zu wollen. Das Papier formuliert dazu:
„KBV, GKV-SV und DKG werden verpflichtet, für den durch Rechtsverordnung
festzulegenden gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereich einheitliche
Vorgaben zur Qualität, Struktur, Dokumentation, Mindestmengen, Vergütung und
zur informationstechnischen Ausstattung zu vereinbaren.“

Die hier von der Arbeitsgruppe zur Beantwortung durch die Selbstverwaltung
vorgesehenen Punkte sind im Großen und Ganzen auch Gegenstand der vom
Koalitionsvertrag formulierten Aufgabenstellung für die Arbeitsgruppe. Diese
Verantwortung sollte jetzt nicht noch auf die Selbstverwaltung, die bekanntlich
bei der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe außen vorgelassen wurde, abgeschoben
werden.

Auch hat die Arbeitsgruppe einen Arbeitsauftrag, dessen Ergebnisse bis 2020
vorzulegen sind (s. o.). Man muss kein Prophet sein, um zu erkennen, dass sich
die o. g. Aufgabenstellung in diesem Bereich nicht termingerecht erledigen
lässt, wenn so gut wie alle von der Arbeitsgruppe dafür zu erledigenden
Grundlagenaufgaben zunächst zur Selbstverwaltung weitergereicht werden. Das
nährt die Besorgnis, dass diese gleichermaßen wichtige wie dringliche Arbeit
erneut auf die lange Bank geschoben werden könnte.

XI.
Das im Gesetz verankerte Versorgungsprinzip „ambulant vor stationär“ prägt die
Arbeit der Arbeitsgruppe wesentlich. Das ist anzuerkennen.

Dennoch gibt es hier bereits Unterschiede zu Gesetzesinitiativen aus dem BMG.
So sieht der Kabinettsentwurf vom 17.07.2019 über das „MDK-Reformgesetz“ eine
Änderung von § 115b SGB V (Ambulantes Operieren im Krankenhaus) mit u. a.
folgendem Inhalt vor:

Die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung geben bis zum 31. März 2020 ein
gemeinsames Gutachten in Auftrag, in dem der Stand der medizinischen
Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen, stationsersetzenden
Eingriffen und stationsersetzenden Behandlungen untersucht wird. Das Gutachten
hat ambulant durchführbare Operationen, stationsersetzende Eingriffe und
stationsersetzende Behandlungen konkret zu benennen und in Verbindung damit
verschiedene Maßnahmen zur Differenzierung der Fälle nach dem Schweregrad zu
analysieren.

Wird das Gutachten nicht bis zum 31. März 2020 in Auftrag gegeben, legt das
sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a den Inhalt des
Gutachtensauftrags innerhalb von sechs Wochen fest. Im Gutachtensauftrag ist
vorzusehen, dass das Gutachten spätestens innerhalb eines Jahres, nach dem das
Gutachten in Auftrag gegeben worden ist, fertigzustellen ist.

Die Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung vereinbaren auf der Grundlage des
Gutachtens bis zum 30. Juni 2021 einen Katalog ambulant durchführbarer
Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und stationsersetzender
Behandlungen, einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte. In
die Vereinbarung sind die in dem Gutachten benannten ambulant durchführbaren
Operationen, stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen
aufzunehmen, die in der Regel ambulant durchgeführt werden können, sowie darin
allgemeine Tatbestände zu bestimmen, bei deren Vorliegen eine stationäre
Durchführung erforderlich sein kann. Die Vergütung … ist nach dem Schweregrad
der Fälle zu differenzieren und erfolgt auf betriebswirtschaftlicher Grundlage
ausgehend vom einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter
ergänzender Berücksichtigung der nichtärztlichen Leistungen, der Sachkosten
sowie der spezifischen Investitionsbedingungen.

XII.
Die vom vorgenannten Gutachten erfassten „ambulant durchführbaren Operationen,
stationsersetzenden Eingriffe und stationsersetzenden Behandlungen“ sollen also
nach der Absicht des BMG bis zum 30. Juni 2021 nach gutachterlicher
Untersuchung des diesbezüglichen Standes der medizinischen Erkenntnisse neu
vereinbart werden. Mit der Aufgabenstellung des Koalitionsvertrages für die
Arbeitsgruppe („bis 2020“) kollidiert allerdings diese Vorgabe bereits
erheblich.

XIII.
So wichtig es auch ist, ambulante Operationen und stationsersetzende Leistungen
einer neuen grundhaften Untersuchung zu unterziehen, so wichtig wäre es auch,
das in der Vertragsärzteschaft zweifellos vorhandene Potenzial für die
Erbringung von voll-, kurz- und teilstationären Leistungen gleichermaßen zu
untersuchen und zu überprüfen. Das hat auch Bedeutung für die bisher
vernachlässigten Gestaltungen auf dem Gebiet der Hybridversorgung
einschließlich der Herausbildung neuer Strukturen in Form von intersektoralen
Leistungszentren, die von Krankenhäusern und niedergelassenen Fachärzten
getragen werden.

In jedem Fall stellen die dafür jetzt beizubringenden gutachterlichen
Untersuchungen eine große Herausforderung und Bewährungsprobe für Staat und
Selbstverwaltung dar. Das beginnt schon bei der Auswahl der Aufgabenstellung
für die auszuwählenden unabhängigen Gutachter. Eine Möglichkeit ist, diese
Aufgabe einem unabhängigen Institut zu übertragen, wie es die BARMER in ihrem
viel beachteten 10-Punkte-Papier vorschlägt.

Die DGIV spricht sich dazu für ein ausgewogenes Verhältnis von Experten für die
stationäre und für die ambulant/praxisklinische Versorgung aus. Bisher wurden
hier die Schnittstellen maßgeblich von Experten für die stationäre Versorgung
bestimmt, von denen in der Regel auch die Fachgesellschaften der Berufsträger
getragen werden. Nicht unwesentlich sollten für die Entscheidungsfindung in
dieser Angelegenheit auch die Fragen sein, wie man zu einer objektiven
Einschätzung der qualitätsgesicherten Leistungsfähigkeiten niedergelassener
Fachärzte in diesem Bereich kommt und – damit im Zusammenhang – welche
Leistungen nunmehr zusätzlich als ambulant/stationsersetzend anerkannt werden
müssen. Hier sollten man auch die Erfahrungen der Krankenkassen aus der
integrierten Selektivversorgung mit nutzen.

Es bleibt zu hoffen, dass bei alldem die Latte nicht zu niedrig gelegt wird und
man sich am Ende nicht nur mit geringfügigen Ergänzungen der bestehenden
Kataloge und Rahmenbedingungen begnügt. Das wäre eine vertane Chance mehr.

XIV.
Auch die bisherigen Erkenntnisse über die sog. „ambulant-sensitiven
Krankenhausfälle (ASK)“ reichen bei weitem nicht aus, um heute bereits den
Nachweis führen zu können, welche ambulant/stationsersetzenden Leistungen in
konsequenter Umsetzung des Prinzips ambulant vor stationär konkret neu
anerkannt werden müssen. Es geht hier auch nicht nur um „vermeidbare
Krankenhausfälle“, sondern um die Ablösung stationärer Eingriffe und
Behandlungen durch ambulant/stationsersetzende. Das Denken „Krankenhaus =
stationär“ und „Vertragsarzt/MVZ = ambulant“ muss aus den Köpfen, auch der
Interessenvertreter und Politiker.

XV.
Folgt man den derzeit verlautbarten Intentionen auf staatlicher Seite,
verstärkt sich der Eindruck, dass zur Ausschöpfung bestehender
Effizienzreserven im Schnittstellenbereich von ambulant und stationär zunehmend
nicht mehr auf das Instrument des Wettbewerbs gesetzt wird, weder für die
Kassen- noch für die Leistungserbringerseite. Entsprechend verzichtet man auch
derzeit auf wettbewerbsfördernde Maßnahmen in den Rahmenbedingungen.

Die Integrierte Versorgung setzt sowohl als Selektivversorgungsform als auch
als Versorgungsprinzip der Regelversorgung auf die ständig zu verbessernde
Kooperation der Leistungserbringer in einem wettbewerblichen Umfeld mit
einheitlichem Ordnungsrahmen. Ein Verharren in alten Strukturen steht einer
solchen Entwicklung deutlich entgegen.

Bund und Länder werden sich entscheiden müssen, ob hier eine Abkehr von der
bisher von Regierungsseiten propagierten wettbewerblichen Orientierung erfolgen
soll. Vieles von den jetzt bekanntwerdenden Absichten geht jedenfalls mit
diesen ursprünglichen Zielen nicht mehr zusammen.

Quelle: DGIV Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung, 06.08.2019

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