Erfolgreicher Hessischer Krankenhaustag 2024
Hessischer Krankenhaustag 2024: Experten diskutierten über Krankenhausreform und Krankenhausplanung in Hessen (Pressemeldung, PDF, 154 kB).
Unter dem Motto „Krankenhausreform – scheitert die Revolution? “ fand gestern im ausgebuchten KongressCenter Kurhaus in Bad Homburg der Hessische Krankenhaustag 2024 statt. Eröffnet wurde der Kongress durch ein Grußwort von Prof. Dr. Christian Höftberger, Präsident der Hessischen Krankenhausgesellschaft (HKG), der die Teilnehmenden dazu
ermutigte, diesen Tag als Plattform für Austausch und Zusammenarbeit zu nutzen: „Noch nie war der Hessische Krankenhaustag so gut besucht. Sie alle machen diesen Kongress zu einer Bühne, auf der wir große Themen der Gesundheitsversorgung offen diskutieren können.“ Höftberger betonte die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft und die wachsenden finanziellen Belastungen: „Unsere Branche trägt viel zur Wirtschaft bei, doch sie wird oft übersehen. Während die Industrie stabile Energiepreise fordert, sind es bei uns vor allem die steigenden Personalkosten, die zur Belastung werden.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs Ankündigung, die Gesundheitsversorgung von wirtschaftlichen Zwängen zu befreien, sieht Höftberger kritisch: „Wie soll das funktionieren, wenn die notwendigen finanziellen Mechanismen außer Kraft gesetzt werden?“
Im Anschluss eröffnete Gesundheitsministerin Diana Stolz den Hessischen Krankenhaustag offiziell und betonte, dass die Hessische Landesregierung für eine verlässliche, hochwertige und
zukunftsfähige Gesundheitsversorgung eintrete: „Das ist die oberste Richtschnur unseres Handelns.“ Sie sprach sich klar für die Notwendigkeit einer Krankenhausreform aus, mahnte jedoch an, dass die Versorgung vor Ort stets sicher gewährleistet sein müsse. „Die Reform muss
fachlich so ausgestaltet werden, dass die Versorgung vor Ort gesichert bleibt. Wir hätten uns
eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den einstimmig abgegebenen Einwänden der Länder
gewünscht. Insgesamt sehen wir erheblichen Nachbesserungsbedarf am geplanten Bundesgesetz.“
Kritisch sieht Stolz zudem, dass die Reform stark in die Planungskompetenzen der Länder eingreift und viele Rahmenbedingungen, wie notwendige Rechtsverordnungen, weiterhin fehlen.
Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen der Krankenhäuser forderte sie eine kurzfristige Übergangsfinanzierung.
Diana Stolz hob außerdem hervor, dass Hessen an einigen Stellen wichtige Punkte durchsetzen
konnte: „Wir haben stets darauf gedrängt, dass auch Maximalversorger koordinierende Funktionen übernehmen dürfen, wie wir es in Hessen in der Pandemie sehr erfolgreich praktiziert
haben. Die Kooperationsmöglichkeiten wurden gestärkt – das war eine klare Forderung von
uns.“ Sie würdigte die HKG als „zuverlässigen und konstruktiven Partner“ und betonte, dass
der anstehende Wandel im Gesundheitssystem nur gemeinsam mit allen relevanten Akteuren
gestaltet werden könne.
Reformpläne aus Berlin und die regionalen Auswirkungen.
In der Auftaktsession diskutierten Vertreter der Politik und der Krankenhausgesellschaft unter
der Moderation von Florian Albert, Chefredakteur des Verlags Bibliomed sowie ausgewiesener Experte im Gesundheitswesen die Chancen und Risiken der Krankenhausreform 2025. Dr.
Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), zeigte sich
besorgt über den fehlenden Dialog des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit den
Selbstverwaltungspartnern und die komplexe Struktur des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG). „Proteste und Appelle der DKG wurden übergangen, und viele Bundestagsmitglieder haben Mühe, die Gesetzeskomplexität zu durchdringen,“ kritisierte Gaß. Er
warnte, dass ohne umfangreiche Anpassungen kleine Krankenhäuser durch die Reform erheblich benachteiligt würden, während größere Einrichtungen profitieren könnten.
Hessens Staatssekretärin Dr. Sonja Optendrenk und Dr. Susanne Johna, Vizepräsidentin der
Bundesärztekammer, unterstützten die Kritik und betonten die erheblichen Herausforderungen, die durch die Reform für die Versorgungsstruktur und die Weiterbildung entstehen könnten. Optendrenk kritisierte, dass „die Finanzierung nicht mehr die Planung unterstützen, sondern die Planung nur noch rein der Finanzierung folgen würde.“. Das sei, fachlich gesehen,
nicht richtig. Der Gesetzgebungsprozess müsse kooperativ angegangen werden und nicht im
Wege einer „feindlichen Übernahme“. Johna forderte Mut ein, für einen „echten Reset“. Das
Gesundheitssystem sieht sich mit demografisch bedingten Belastungen durch fehlende Fachkräfte, einem gleichzeitigen Zuwachs von Patientinnen und Patienten und einer zunehmenden
Überalterung der Ärzteschaft konfrontiert. Durch eine Reduktion der Krankenhausstandorte
werde die Weiterbildung gefährdet. Die durch das KHVVG zunehmende Bürokratie verschwende Arbeitszeit und sei künftig nicht mehr finanzierbar.
Regionale Krankenhausplanung und Zusammenarbeit.
Ein weiterer Schwerpunkt des Hessischen Krankenhaustags lag auf der Krankenhausplanung
in Hessen und der zunehmenden Verzahnung von stationären und ambulanten Versorgungsstrukturen. Ministerialdirigent Stefan Sydow vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) betonte die Bedeutung einer fundierten Bedarfsanalyse und warnte vor blindem Vertrauen in die Datengrundlagen des Bundes. Er hob hervor, dass die Aufgabe darin
bestehe, widersprüchliche Daten abzugleichen und dem Bundesgesundheitsministerium
(BMG) eine realistische Grundlage für Planungen entgegenzuhalten.
Martin Till, Landesgeschäftsführer der Barmer Hessen, unterstrich, dass die Entwicklung hin
zur Ambulantisierung weiter an Bedeutung gewinnen werde. Die Struktur der Krankenhauslandschaft sei über Jahrzehnte gewachsen und müsse nun an aktuelle Anforderungen angepasst werden. Insbesondere die finanziellen Rahmenbedingungen beurteilt er als angespannt.
Er erwarte „mutige Schritte“ von Seiten des Ministeriums. Eine Verzahnung mit dem ambulanten Bereich werde notwendig sein. Frank Dastych, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH), wies darauf hin, dass man um in die Diskussion über eine
Verschiebung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Bereich, erst einmal das
ambulante Potential ermitteln sollte. Die medizinische Versorgung sei im ländlichen Raum de
facto bereits stark ambulant geprägt, fordere jedoch flexiblere Finanzierungsstrukturen. Was
die Ambulantisierung angeht, sei Deutschland „weit zurück“. Daher warf er die Frage auf, warum in Deutschland nicht gehe, was in europäischen Nachbarländern bereits geht.
Prof. Dr. Steffen Gramminger, Geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft e.V. (HKG), unterstrich die Bedeutung einer flexiblen und realitätsnahen Umsetzung
der Krankenhausreform: „Unser Ziel ist es, die Realität der Versorgung mit den Erwartungen
zusammenzuführen und die Planung auf Zahlen, Daten und Fakten zu stützen.“ Im Rahmen
eines Projekts hat die HKG bereits umfangreiche §21-Daten der Krankenhäuser – detaillierte
Abrechnungs- und Leistungsdaten, die zur Analyse von Versorgungsstrukturen dienen – erhalten, die nun zur Verteilung und Clusterung von Leistungsgruppen analysiert und mit dem Ministerium abgestimmt werden sollen. „Wir streben gemeinsame Wege in der Planung an, auch
wenn nicht immer Win-Win-Situationen erreicht werden können.“
Steffen Gramminger hob zudem hervor, dass diese Planungsprozesse durch die Zusammenarbeit in Arbeitsgruppen unterstützt werden sollen, um die regionale Krankenhausstruktur zukunftsfähig und anpassungsfähig zu gestalten.
KHVVG und Herausforderungen für den Rettungsdienst.
Die dritte Session des Hessischen Krankenhaustags widmete sich den Auswirkungen des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) auf den Rettungsdienst und die Notfallversorgung. Die Herausforderungen für den Rettungsdienst, die steigenden Einsatzzahlen und
die zunehmende Komplexität der Notfallversorgung standen im Mittelpunkt der Impulsvorträge, gefolgt von Kurzinterviews mit den Referenten.
Jörg Blau, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst im Main-Taunus-Kreis, verdeutlichte am Beispiel
eines Schlaganfall-Einsatzes die wachsenden Belastungen des Rettungsdienstes. Die „Prähospitalzeit“, also die gesamte Zeitspanne vom Notruf bis zur Übergabe im Krankenhaus, hat sich
in den letzten Jahren insgesamt von durchschnittlich 45 auf etwa 60 Minuten erhöht. Besonders in stark besiedelten Gebieten wird es zunehmend schwierig, die notwendigen Anfahrtszeiten einzuhalten. Auch die steigende Zahl von Sekundärverlegungen führt zu längeren Bindungszeiten der Rettungsdienste.
Prof. Dr. Matthias Münzberg, Ärztlicher Direktor sowie Medizinischer Geschäftsführer der BG
Unfallklinik Frankfurt, hob die Bedeutung einer differenzierten Ressourcensteuerung hervor
und verwies auf internationale Beispiele, wie sie etwa in der Mayo Clinic umgesetzt werden.
Münzberg sieht in der Telemedizin und in ergänzenden Rollen wie Gemeindeschwestern wichtige Elemente, um die Notfallversorgung zu stärken und das System resilient gegen Großschadensereignisse zu machen.
Oliver Meermann, Landesvorstand und Geschäftsführer der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
HE/RLP/Saarland, berichtete über die stark gestiegenen Einsatzzahlen und den erweiterten
Aufgabenbereich des Rettungsdienstes. Die dreijährige Ausbildung der Notfallsanitäter bereitet sie auf komplexe Aufgaben vor, jedoch zeigt sich, dass sie häufig für Tätigkeiten eingesetzt
werden, die nicht ihrem Qualifikationsniveau entsprechen. Dies führt nicht selten zu Unzufriedenheit und Abgängen aus dem Berufsfeld, da die Erwartungen der Mitarbeitenden nicht erfüllt werden.
KHVVG und rechtliche Aspekte
Prof. Dr. Thomas Vollmöller von Seufert Rechtsanwälte informierte die Teilnehmenden über
die näheren rechtlichen Einzelheiten zu dem nach dem KHVVG angedachten Planverfahren
sowie damit einhergehenden Rechtsschutzmöglichkeiten.
Internationale Fachkräftegewinnung
In der letzten Session des diesjährigen Hessischen Krankenhaustages ging es um das Thema
der internationalen Fachkräftegewinnung in der Pflege.
Fachkräftesicherung ohne Migration wird nicht gelingen – darin waren sich alle Podiumsteilnehmer einig. Dr. Andreas Westerfellhaus (Steinecke & Westerfellhaus GmbH) unterstrich die
Notwendigkeit der politischen Unterstützung und dass eine positive Empfangenskultur ganz
wesentliche Voraussetzung für eine gute Integration sind. Dies unterstrich auch Benjamin
Nabert (Truecare), der bei den ausländischen Bewerbern wahrnimmt, dass Deutschland im
internationalen Wettbewerb insbesondere hinter die anglosphärischen Ländern zurückfällt.
Dies ist u.a. auch auf die enorme Bürokratie und langen Wartezeiten zurückzuführen. Lukas
Elias Best (Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege) betont, dass sich auf Basis des
Pflegeberufegesetzes bereits einige Verbesserungen ergeben haben und die Anerkennungsverfahren insbesondere in Hessen beschleunigt werden konnten. Allerdings seien noch immer
große Unterschiede in den Bundesländern feststellbar. Antje Gade, Leiterin des Pflegequalifizierungszentrums Hessen (PQZ), die sich mit Ihrem Team von der Kontaktaufnahme der Bewerbenden über die Abholung am Flughafen bis zur Unterstützung bei der Suche eines KitaPlatzes der ausländischen Fachkräfte kümmert, betonte die Notwendigkeit der Integration vor
Ort.
Ausblick.
Mit spannenden Vorträgen und intensiven Diskussionen war der Hessische Krankenhaustag
2024 ein wertvoller Austausch zwischen Politik, Medizin und Krankenhausmanagement über
die Zukunft der Gesundheitsversorgung in Hessen.
Prof. Dr. Steffen Gramminger, betonte im Abschlusswort die klare Zielsetzung der HKG, sich
weiterhin intensiv für eine fundierte und praxisnahe Gesundheitsreform einzusetzen. Dabei
hob er hervor, dass eine Reform notwendig sei, jedoch mit Nachbesserungen an den Sektorengrenzen und einer stärkeren Einbindung des Rettungsdienstes. Die Zunahme von Sekundärtransporten und die längeren Wege im Rahmen der Primäreinsätzen werde künftig mehr
Ressourcen und Koordination erfordern.
Ein besonderer Dank gilt den Ausstellern und Sponsoren, die den Hessischen Krankenhaustag
2024 mit ihrer Präsenz unterstützt haben: apoBank, Evangelische Bank, EKKplus (Dienstleistungs- und Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser), Soobr, IMC clinicon, MEDAL
(Medizinische Abrechnung GmbH), Solidaris, Siemens Healthineers, Ecclesia Gruppe, DECOCLEAN, PflegebildungHoch3, Apetito, CURATIS, CURACON und HFBP Rechtsanwälte und
Notar.
Über die HKG:
Die Hessische Krankenhausgesellschaft e.V. (HKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger
in Hessen. Sie ist Interessenvertretung der Krankenhäuser in der gesundheitspolitischen Diskussion, nimmt gesetzlich übertragene Aufgaben im Gesundheitswesen wahr und unterstützt
ihre Mitglieder durch individuelle Beratung. Des Weiteren nimmt sie die durch Satzung oder
Vertrag übernommenen Aufgaben wahr. Die Hessische Krankenhausgesellschaft unterstützt
ihre Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und pflegt und fördert den Erfahrungsaustausch der Mitglieder untereinander.
Quelle: Pressemeldung, 31.10.2024