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Finanzentwicklung der GKV im 1. Halbjahr 2022

Finanzentwicklung der GKV im 1. Halbjahr 2022 (Pressenachricht).



Die 97 gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr 2022 rund 287 Mio. Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen Ende Juni 9,6 Mrd. Euro bzw. rund 0,4 Monatsausgaben und entsprachen damit dem Zweifachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.
Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:
„Die gesetzlichen Krankenkassen werden dieses Jahr in den schwarzen Zahlen
bleiben. Grund dafür sind größere Rücklagen und ein zusätzlicher Steuerzuschuss
von 14 Mrd. Euro. Der entfällt allerdings im kommenden Jahr. Um die
Beitragszahlerinnen und Beitragszahler vor zu hohen Belastungen zu schützen,
hat die Bundesregierung den Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes
beschlossen. Mit diesem Gesetz werden wir die GKV-Finanzen für 2023
konsolidieren und die Lasten fair auf alle Schultern verteilen.“

Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 143,5 Mrd. Euro
standen Ausgaben in Höhe von 143,8 Mrd. Euro gegenüber. Die Ausgaben für
Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der
Versichertenzahlen von 0,1 Prozent einen Zuwachs von 5,4 Prozent. Der
durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz zum
Quartalsende lag mit 1,36 Prozent leicht oberhalb des Ende Oktober 2021 für das
Jahr 2022 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,3
Prozent.

Unterschiedliche Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Die Knappschaft erzielte einen Überschuss von 37 Mio. Euro, die
Innungskrankenkassen und die nicht am Risikostrukturausgleich teilnehmende
Landwirtschaftliche Krankenkasse einen Überschuss von jeweils 32 Mio. Euro. Die
Ersatzkassen (-235 Mio. Euro), die Allgemeinen Ortskrankenkassen (-98 Mio.
Euro) und Betriebskrankenkassen (-56 Mio. Euro) erzielten hingegen Defizite.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 17. Januar 2022 über eine
Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 7,9 Mrd. Euro verfügte,
verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 ein Defizit von 2,1 Mrd. Euro. Dieses ist
saisonüblich und lässt keinen Rückschluss auf die Entwicklung im weiteren
Jahresverlauf zu. So fließen die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatliche
Zuweisungen in konstanter Höhe an die Krankenkassen, während die Einnahmen
unterjährig erheblich schwanken und insbesondere im letzten Quartal aufgrund
der Verbeitragung von Jahressonderzahlungen wie beispielsweise dem
Weihnachtsgeld höher ausfallen.

Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum
Vorjahreszeitraum um 4,1 Prozent. Vor dem Hintergrund der aktuell erheblichen
wirtschaftlichen Risiken bleibt die Gesamtjahresentwicklung abzuwarten.

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie trägt der Bund weiterhin einen Großteil der
Ausgaben für pandemiebedingte Zahlungsverfahren, die aus der Liquiditätsreserve
des Gesundheitsfonds vorfinanziert werden. Hierunter fallen unter anderem
Aufwendungen für Corona-Testungen und für Impfungen gegen COVID-19 sowie
Ausgleichszahlungen für Krankenhäuser. Insgesamt wurden rund 16,8 Mrd. Euro aus
der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt und vom Bund
refinanziert.

Entwicklungen bei den Ausgaben

Die Krankenkassen verzeichneten im ersten Halbjahr 2022 einen Zuwachs für
Leistungsausgaben und Verwaltungskosten von 5,4 Prozent. Die Leistungsausgaben
stiegen dabei um 5,2 Prozent, die Verwaltungskosten um 11,3 Prozent. Zu
berücksichtigen ist, dass die Rate bei den Leistungsausgaben auf einer
Corona-bedingt niedrigen Basis aufsetzt und daher mit Blick auf die Entwicklung
im weiteren Jahresverlauf mit Vorsicht zu interpretieren ist. Der sehr
deutliche Anstieg der Verwaltungskosten ist weiterhin maßgeblich auf die
Bildung von hohen Altersrückstellungen einer einzelnen Krankenkasse im ersten
Quartal zurückzuführen und dürfte sich im weiteren Jahresverlauf deutlich
abflachen.

Überproportional stark gestiegen sind die Ausgaben im Bereich der
Schutzimpfungen (16,5 Prozent), bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen
(15,9 Prozent) sowie im Bereich der Heilmittel (12,5 Prozent). Der Anstieg bei
den Schutzimpfungen ist vorrangig auf die Gruppe der Herpes-Zoster-Impfstoffe
(Impfungen gegen Gürtelrose) zurückzuführen. Die Kosten für Corona-Impfstoffe
fallen nicht darunter; diese werden vom Bund und nicht von den Krankenkassen
finanziert. Bei den Heilmitteln wirken neben Vergütungsanpassungen zum Beginn
dieses Jahres auch weiterhin die hohen unterjährigen Preisabschlüsse des
Vorjahres, die vor allem im ersten Halbjahr zur Dynamik der Ausgaben beitragen.
Im Bereich der Rehabilitation und Vorsorge liegt die Entwicklung in den starken
Corona-bedingten Einbrüchen des Jahres 2020 und des 1. Quartals 2021
begründet.

Die Ausgaben für Arzneimittel wuchsen mit 6,7 Prozent weiterhin
überproportional stark und weisen im Vergleich mit den zwei anderen großen
Ausgabenbereichen der GKV (Krankenhaus und Ärzte) weiterhin die höchste Dynamik
auf.

Die Ausgaben für ambulant-ärztliche Behandlungen sind im 1. Halbjahr um 2,3
Prozent gestiegen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gesetzliche
Korrekturmaßnahmen derzeit ausgabendämpfend wirken, um ungewollte
Doppelfinanzierungen für besondere ärztliche Leistungen nach dem Terminservice-
und Versorgungsgesetz zu korrigieren.

Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen sind um 4,0 Prozent gestiegen. Im Jahr
2020 wurden die Pflegepersonalkosten aus den DRG-Pauschalen ausgegliedert.
Diese Ausgaben wuchsen im ersten Halbjahr um 10 Prozent, nachdem die
Krankenkassen bereits im Jahr 2021 14 Prozent höhere Ausgaben für
Pflegepersonalkosten als noch 2020 verbuchten.

Die Krankengeldausgaben stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 7,4
Prozent und entwickelten sich damit nach einer schwächeren Dynamik im Jahr 2021
wieder auf hohem Niveau fort. Auch die Aufwendungen für Kinderkrankengeld
steigen weiterhin (2,2 Prozent).

Bei der Interpretation der Daten des 1. Halbjahres ist grundsätzlich zu
berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, insbesondere
bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten
für den betrachteten Zeitraum häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen.

Weitere Entwicklung

Für das Jahr 2022 konnte der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV
durch die Zahlung eines ergänzenden Bundeszuschusses von 14 Mrd. Euro
weitestgehend stabilisiert werden. Dieser Zuschuss entfällt jedoch im Jahr 2023
vollständig. Mit dem am 27. Juli 2022 im Bundeskabinett beschlossenen
Gesetzentwurf für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat die Bundesregierung
verschiedene Maßnahmen ergriffen, um auch im kommenden Jahr eine stabile und
verlässliche Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sicherzustellen.
Die Belastungen werden auf verschiedene Schultern verteilt: Neben höheren
Bundesmitteln werden Reserven des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen
herangezogen sowie Effizienzreserven insbesondere im Arzneimittelbereich
gehoben, um den Anstieg der Zusatzbeiträge im kommenden Jahr zu begrenzen.

Der GKV-Schätzerkreis, der Mitte Oktober zusammenkommt, hat die Aufgabe, die
Ausgaben und Einnahmen der GKV für das laufende und das kommende Jahr auf Basis
dann vorliegender aktuellster Erkenntnisse – auch unter Berücksichtigung des
Gesetzentwurfs für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – zu prognostizieren.
Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse gibt das BMG im Anschluss den
durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2023
bekannt.

Quelle: Pressenachricht, 07.09.2022

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