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Gerichtsurteil bedroht vorbildliche Akutversorgung des Schlaganfalls weiterhin

Gerichtsurteil bedroht vorbildliche Akutversorgung des Schlaganfalls weiterhin (Deutsche Schlaganfallgesellschaft).



Jährlich erleiden rund 260.000 Menschen hierzulande einen Schlaganfall. Aufgrund der qualitativ hochwertigen Versorgung in Deutschland haben sie aber gute Chancen, keine oder nur
geringe dauerhafte Schäden davonzutragen. Anlässlich des Tages gegen den Schlaganfall am Freitag, den 10. Mai 2019, bekräftigt die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), wie
wichtig für schwer betroffene Patienten eine zeitnahe Versorgung in exzellenten Spezialkliniken – den sogenannten Stroke Units – ist. Die Experten warnen jedoch davor, dass
dieser hohe Qualitätsstandard nun durch mögliche Veränderungen in der Vergütung
gefährdet ist und Patienten sich eventuell wieder auf Versorgungslücken
einstellen müssen.

Bei einem Schlaganfall heißt es „Time is brain“, denn schnelle und
qualifizierte Hilfe bewahrt Patienten vor Behinderung, Pflegebedürftigkeit und
dem Tod. „Die Versorgung von Schlaganfallpatienten hierzulande ist
international vorbildlich, da regionale Schlaganfallzentren (sogenannte Stroke
Units) eng mit überregionalen Stroke Units vernetzt sind“, erklärt Professor
Dr. med. Armin Grau, 1. Vorsitzender der DSG. Alle Schlaganfallpatienten sollen
in einer der 328 zertifizierten Stroke Units in Deutschland behandelt werden,
dann bestehen gute Behandlungschancen.

Meistens handelt es sich um einen ischämischen Schlaganfall, das heißt ein
Gefäß im Gehirn wird durch ein Gerinnsel verschlossen und Blut und Sauerstoff
können bestimmte Gehirnbereiche nicht mehr erreichen. In leichteren Fällen
lösen die Ärzte das Gerinnsel rein medikamentös auf. Dieses Verfahren wird als
Lysetherapie bezeichnet. Bei schweren Fällen werden die Patienten in eine
Stroke Unit mit Katheter-Option verlegt. „Für den Therapieerfolg ist es hier
entscheidend, dass Spezialisten aus verschiedenen Disziplinen – also vor allem
Neurologen und Neuroradiologen– innerhalb kurzer Zeit die optimale Therapie
einleiten“, sagt Professor Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der
DSG. Bei schwer betroffenen Patienten kann dann, in der Regel in einer der
überregionalen Stroke Units, von denen es in Deutschland aktuell 117 durch die
DSG zertifizierte gibt, eine sogenannte Thrombektomie durchgeführt werden: Die
Spezialisten führen dabei einen Katheter über ein Beingefäß bis in das Gehirn
und entfernen das Gerinnsel. Die Thrombektomie gilt seit einigen Jahren als die
bestwirksamste Therapie bei schwerem Hirninfarkt. „Bis zu 90 Prozent der
verschlossenen Schlagadern können so wieder geöffnet werden, was häufig zu
einer deutlichen Verbesserung der Schlaganfallsymptome führt. “, berichtet
Schäbitz. Um der gestiegenen Behandlungskomplexität Rechnung zu tragen,
konstituieren sich gerade in Deutschland überregionale Neurovaskuläre
Netzwerke, von denen kürzlich fünf durch die DSG zertifiziert wurden, weitere
zehn befinden sich im Zertifizierungsverfahren. Zu einem neurovaskulären
Netzwerk schließen sich große Einrichtungen mit Spezialabteilungen wie
Neurochirurgie, Neurointensivstation, Neuroradiologie und Gefäßchirurgie mit
kleineren, regionalen Zentren zusammen. „Auf diese Weise ist es möglich,
komplizierte und spezielle Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten täglich rund
um die Uhr stabil anzubieten“, erläutert Schäbitz. „Für eine gute Qualität
erscheint uns eine Bündelung der Kompetenzen geboten. Dies muss allerdings auf
die regionalen Bedürfnisse angepasst werden und erfordert daher individuelle
Lösungen“, erläutert Schäbitz.

Diagnose und Therapie in einer spezialisierten, multidisziplinären Stroke Unit
unterliegen höchsten Qualitätsstandards. Bislang zahlten die Krankenkassen eine
gesonderte Vergütung für diesen apparativen und personellen Aufwand. Doch ein
Urteil des Bundessozialgerichts vom Juni 2018 gefährdet die exzellente
Versorgung in Deutschland: Zukünftig soll eine gesonderte Vergütung nur noch an
Krankenhäuser entrichtet werden, die den Transport eines Patienten innerhalb
von 30 Minuten ab der Entscheidung für eine Verlegung in eine Spezialeinheit
garantieren können; bisher galt eine reine Transportzeit von 30 Minuten. Wenn
diese Regelung umgesetzt werden muss, ist die wirtschaftliche Existenz vieler
entlegenerer Stroke Units bedroht, weil sie dann für keinen ihrer
Schlaganfallpatienten – auch wenn sie ihn gar nicht verlegen müssen– die
gesonderte Vergütung mehr erhalten. Aufgrund des genannten Urteils ist
weiterhin eine hohe Zahl an Klagen von Krankenkassen gegen Krankenhäuser
anhängig. „Die DSG erwartet, dass die Krankenkassen auf Forderungen an die
Krankenhäuser, die auf dem Urteil beruhen, verzichten. Ansonsten können
Versorgungslücken zum Nachteil der Patienten entstehen“, so Professor Grau, 1.
Vorsitzender der DSG. „Weiterhin hoffen wir darauf, dass für das kommende Jahr
neue Regelungen für die Schlaganfallvergütung getroffen werden, die das Problem
der Transportzeit nicht mehr entstehen lassen.“.

Auch bei der Nachsorge nach einem Schlaganfall gibt es aus Sicht der DSG
Handlungsbedarf. Zahlreiche Risikofaktoren wie etwa Bluthochdruck,
Vorhofflimmern, Rauchen, Bewegungsmangel oder ungesunde Ernährung tragen zum
Risiko bei und werden nach einem Schlaganfall nicht immer ausreichend behandelt
oder abgestellt. Außerdem treten nach Schlaganfällen häufig Komplikationen auf
wie Depressionen oder Angstzustände, Stürze oder Einschränkungen der geistigen
Leistungsfähigkeit. Diese müssen rechtzeitig erkannt und behandelt werden
beziehungsweise muss ihnen vorgebeugt werden. „Wir sollten einen Schlaganfall
nicht nur als Notfall, sondern auch als eine chronische Krankheit einstufen“,
fordert Professor Schäbitz vom Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld. Eine
engere Zusammenarbeit zwischen Klinik- und Hausärzten ist in der Nachsorge von
Schlaganfällen sehr wichtig. „Die Betroffenen können aber auch selbst viel zur
Vorbeugung eines zweiten Schlaganfalls beitragen, indem sie die medikamentöse
Behandlung des Hausarztes konsequent befolgen und ihren Lebensstil ändern“, so
Schäbitz. Maßnahmen zur Verbesserung dieses Teils der Schlaganfallbehandlung
werden gesundheitspolitisch unterstützt und durch den Innovationsfonds
gefördert. Ein Projekt („Stroke-OWL“) kommt aus Ostwestfalen-Lippe (OWL) in
Nordrhein-Westfalen: Unter Schirmherrschaft der Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe kommen Schlaganfalllotsen zum Einsatz , die
Schlaganfall-Betroffene und Angehörige ein Jahr nach einem Hirninfarkt
betreuen, sie etwa zu Arztbesuchen begleiten, den Hilfsmittelbedarf überprüfen
und die sekundärprophylaktischen Maßnahmen unterstützen. Ein zweites Projekt
unter dem Titel „SANO“ (Strukturierte ambulante Nachsorge nach einem
Schlaganfall) steht unter der Leitung von Herrn Professor Grau aus Ludwigshafen
und Herrn Professor Heuschmann aus Würzburg. In enger Zusammenarbeit zwischen
Klinik und Hausärzten werden die Risikofaktoren und mögliche Folgekrankheiten
nach einem Schlaganfall ein Jahr lang eng überwacht und die Patienten dazu
motiviert, selbst dazu beizutragen, ihr Erkrankungsrisiko zu verringern. „Es
ist sehr wichtig, jetzt auch die Nachsorge nach einem Schlaganfall in den Fokus
zu nehmen und die Patienten im ersten Jahr nach der Erkrankung intensiv zu
betreuen“, so Professor Grau abschließend.

Quelle: Deutsche Schlaganfallgesellschaft, 08.05.2019

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