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Machbarkeitsstudie liefert pragmatische Lösungen zur Reform der Notfallversorgung mydrg.de





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Machbarkeitsstudie liefert pragmatische Lösungen zur Reform der Notfallversorgung

Machbarkeitsstudie liefert pragmatische Lösungen zur Reform der Notfallversorgung (Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung).



KVB, Klinikum Rosenheim und Zi präsentieren Konzept zur Steuerung von Akut- und Notfallpatient:innen und zur Entlastung der Notaufnahmen von Kliniken Seit einigen Jahren beklagen die Krankenhäuser in Deutschland eine massive Überlastung der stationären Notaufnahmen. Im
Fokus steht dabei insbesondere die Fehlinanspruchnahme von Notfallversorgungskapazitäten durch Akutpatient:innen, die oftmals auch während der allgemeinen Praxisöffnungszeiten vertragsärztlich
behandelt werden könnten. Eine aktuelle Machbarkeitsstudie der Kassenärztlichen
Vereinigung Bayerns (KVB) und des RoMed Klinikums Rosenheim unter Beteiligung
des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) präsentiert
Lösungen für eine sachgerechte Steuerung von Akutpatient:innen, zur wirksamen
Entlastung von Notaufnahmen und damit zu einer effizienteren Notfallversorgung
in der Zukunft.

Um einen sofortigen Behandlungsbedarf zu erkennen, sind alle Patient:innen
zunächst durch die Sichtungs-Fachkraft des Klinikums mit dem in der Klinik
etablierten Manchester Triage System (MTS) nach Dringlichkeit priorisiert
worden. Dieses teilt die Patient:innen farbkodiert in fünf Gruppen ein.
Patient:innen in den Ersteinschätzungsgruppen „sofort (rot)“ und „sehr dringend
(orange)“ sowie Patient:innen, die bestimmte Untersuchungen oder Behandlungen
wie z. B. eine Wundversorgung benötigten, sind direkt in die Notaufnahme
geleitet worden. Patient:innen mit den Triagestufen „normal (grün)“ und „nicht
dringend (blau)“ sowie „teilweise dringend (gelb)“ sind zudem durch eine
Fachkraft der KVB mit der Software Strukturierte medizinische Ersteinschätzung
in Deutschland (SmED) eingeschätzt worden. Soweit daraus eine Empfehlung zur
vertragsärztlichen Behandlung hervorging, sind die Patient:innen zu
Besetzt-Zeiten der Kassenärztlichen Bereitschaftspraxis – die sich in
Nachbarräumlichkeiten zur ZNA befindet – dort ärztlich behandelt worden. Zu
Praxisöffnungszeiten konnten die Patient:innen vor einer Weiterleitung in eine
externe Vertragsarztpraxis zunächst per Videotelefonie einer Vertragsärztin
bzw. einem Vertragsarzt vorgestellt werden. Die Studie hat sich auf den
Zeitraum zwischen 08:00 und 21:00 Uhr beschränkt.

„Dieses gestufte Verfahren ist ein erster wichtiger Schritt zur Verbesserung
der Sicherheit von Patientinnen und Patienten und zur Entlastung der
Notaufnahmen von minder schweren Fällen. Personen mit besonderen Risiken wurden
sofort identifiziert. Auch Stichproben mit SmED zur Identifikation der so
genannten Redflags waren durchgängig erfolgreich. Von den Patientinnen und
Patienten, die einer Vertragsärztin oder einem Vertragsarzt vor Ort oder per
Videotelefonie vorgestellt worden sind, wurde nur ein Fünftel zur weiteren
Diagnostik in die Notaufnahme eingewiesen. Im Gesamtergebnis sind rund drei
Viertel der Hilfesuchenden durch die Notaufnahme behandelt worden, ein Viertel
durch Vertragsärztinnen und Vertragsärzte. Von den selbsteinweisenden
Patientinnen und Patienten ist ein Drittel durch Niedergelassene versorgt
worden. Ich sehe noch weitere Möglichkeiten zur Entlastung der Notaufnahme.
Etwa durch Einbeziehung eines Teils der vom Rettungsdienst eingelieferten
Patientinnen und Patienten in die Versorgung durch die KV Bereitschaftspraxis
und diejenigen Patienten, die vermeintlich weitergehende Untersuchungen
benötigten. Würde die KV-Bereitschaftspraxis mehr Möglichkeiten zur Diagnostik
erhalten und würden niedergelassene Unfallchirurginnen und Unfallchirurgen
einbezogen, sind weitere Entlastungen der Notaufnahme denkbar“. Dies sagte Dr.
Michael Bayeff-Filloff, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme am RoMed Klinikum
Rosenheim, heute im Rahmen eines Online-Pressegesprächs zur Vorstellung der
Studienergebnisse. Er wies jedoch darauf hin, dass große Notaufnahmen das
gestufte Verfahren nicht ohne zusätzliches Personal am Empfangstresen
bewältigen könnten und plädierte für eine enge Kooperation mit der
Kassenärztlichen Vereinigung, da die Übergabe der Patient:innen in die
vertragsärztliche Versorgung bereits am Tresen die größte Entlastung brächte.

„Nach den Studiendaten konnten fast 95 Prozent der selbsteinweisenden
Patientinnen und Patienten, die nach SmED der vertragsärztlichen Versorgung
zugeordnet wurden, durch die Bereitschaftspraxis behandelt werden. Dies lag
insbesondere daran, dass sich die meisten Selbsteinweisenden zu den
Besetzt-Zeiten der Bereitschaftspraxis, also abends und am Wochenende, in der
Notaufnahme vorstellten. Von den Patientinnen und Patienten, die eine
Videokonsultation in Anspruch genommen haben und nicht eingewiesen wurden,
erhielt die Hälfte umgehend einen Termin in einer Praxis. Die andere Hälfte sah
sich bereits ausreichend ärztlich beraten. Dieser Zufallsbefund spricht dafür,
das Angebot der Videotelefonie an dieser Stelle zu erweitern. Die allermeisten
Patientinnen und Patienten nahmen das zweistufige Vermittlungsangebot aus
Weiterleitung durch die Fachkraft und Angebot der Videotelefonie positiv auf,
nur eine Handvoll lehnte dies ab. Das ist erfreulich, denn aus zahlreichen
wissenschaftlichen Studien wissen wir, dass die Qualität der medizinischen
Versorgung von Notfällen in den Notaufnahmen leidet, wenn sich zu viele
Hilfesuchende im Behandlungsvorgang befinden und damit Wartezeiten anwachsen.
Dieser ‚Patientenstau‘ (so genanntes ‚Crowding‘) führt in den Studien
statistisch zu einem Anstieg vermeidbarer Todesfälle in der Notfallversorgung.
Dem kann durch stringentes Management entgegengewirkt werden. Das gestufte
Steuerungsverfahren kann ein Teil davon werden“, bekräftigte der
Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben mittlerweile an jedem zweiten
Krankenhaus mit Notfallstufe Bereitschaftspraxen etabliert, die
Akutpatient:innen zu den Zeiten übernehmen, in denen die Praxen geschlossen
sind. Aber rund 45 Prozent der ambulant in Notaufnahmen behandelten
Patient:innen werden dort während der Praxisöffnungszeiten behandelt. Vor
diesem Hintergrund ringen die Selbstverwaltungspartner im Gemeinsamen
Bundesausschuss um geeignete Lösungen für den gesetzlichen Auftrag, nachdem
Notaufnahmen künftig alle selbsteinweisenden Patient:innen ohne sofortigen
Behandlungsbedarf in die vertragsärztliche Versorgung weiterleiten müssen.

Wie diese Patient:innen am besten einer geeigneten vertragsärztlichen
Behandlung zugeführt werden können, muss noch präzisiert werden, so der
KVB-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Krombholz: „Um die
Schnittstellenproblematik in der Notfallversorgung schnell und sicher zu lösen,
braucht es Kooperationen vor Ort zwischen Kliniken und Praxen. Ein
bundeseinheitlicher Rahmen sollte jeder KV vor allem ermöglichen, die
Kooperationskonzepte zu erarbeiten, die zu der jeweiligen Versorgungstruktur am
besten passen.“

Die KVB wolle auf Basis der Ergebnisse der Machbarkeitsstudie ihr bereits seit
zehn Jahren erfolgreiches Netz mit 135 Bereitschaftspraxen (davon befinden sich
119 an Kliniken) und dem ärztlichen Bereitschaftsdienst zu einer noch engeren
Kooperation mit den Kliniken weiterentwickeln, so Krombholz: „Während der
Praxisöffnungszeiten könnten Fachkräfte weitere Steuerungsaufgaben in der
zweiten Stufe der medizinischen Ersteinschätzung übernehmen. Ein mögliches Ziel
wäre, vertragsärztlich behandelbare Patientinnen und Patienten direkt in
verfügbare und gut erreichbare Arztpraxen zu vermitteln oder vorab zur
Ersteinschätzung ein Videogespräch mit einer Praxis zu vereinbaren. In
zahlreichen Notaufnahmen könnte es so bereits ausreichen, eine zusätzliche
Fachkraft während der Praxisöffnungszeiten vorzuhalten.“ Der
KVB-Vorstandvorsitzende richtete zugleich einen Appell an den Gesetzgeber, dass
für solche Angebote der Vertragsärzt:innen eine angemessene
Finanzierungsgrundlage geschaffen werden müsse.

Die Machbarkeitsstudie werde im Jahr 2022 fortgeführt, um unter Ausnutzung des
identifizierten Verbesserungspotenzials noch bessere Ergebnisse zu liefern.
Gemeinsam halten die Beteiligten diesen Weg der Kooperation für einen
pragmatischen Lösungsweg für die Fragen der Notfallreform. Es komme demnach
darauf an, maßgeschneiderte Lösungen zu entwerfen, mit denen die
unterschiedlichen Gegebenheiten an den Notaufnahmen und in der
vertragsärztlichen Versorgung der Region sowie tageszeitliche
Inanspruchnahmeschwankungen angemessen und effizient berücksichtigt werden
könnten.

Quelle: Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung, 14.03.2022

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