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Das Krankenhaus-MVZ muss kein Groschengrab sein!

Das Krankenhaus-MVZ muss kein Groschengrab sein! (Solidaris).



Sowohl die Anzahl als auch die Größe der in Trägerschaft von Krankenhäusern betriebenen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) steigen kontinuierlich an (vgl. hierzu MVZ-Survey der Kassenärztlichen Bundesvereinigung). Gleichwohl wird die Wirtschaftlichkeit von Krankenhaus-MVZ häufig beklagt. Es hat den Anschein, dass die Gründung oder der Ausbau eines MVZ aus Sicht der Leitung
eines Krankenhauses „alternativlos“ ist, aber häufig ein – möglicherweise sogar
dauerhaftes – Zuschussge- schäft befürchtet wird. Dieser Zustand ist kein unab-
wendbares Schicksal. Unter Anwendung praxisbewährter Grundsätze können MVZ so
etabliert bzw. bestehende MVZ so geführt werden, dass sie aus wirtschaftlicher
Sicht tragfähig sind. Diese Grundsätze wollen wir Ihnen als
Best-Practice-Empfehlungen im Rahmen einer Artikelreihe zum Thema
„Krankenhaus-MVZ“ näher erläutern. Die nachfolgend angesprochenen Punkte werden
wir in den nächsten Ausgaben der Solidaris-Information detailliert erörtern.

Warum gründen oder erweitern?
Unstreitig bietet die Etablierung eines MVZ den größtmöglichen Spielraum für
Krankenhäuser, den Patienten an dem jeweiligen Standort eine ambulante
Behandlung in dem entsprechenden Fachgebiet anzubieten. Zwar werden die Sek-
toren (etwas) durchlässiger, die den Krankenhäusern zur Verfügung stehenden
Optionen ambulanter Versorgungsangebote sind aber regelhaft zeitlich (z. B.
Ermächtigungen) oder hinsichtlich der konkreten Leistungen (z. B. ambulante
spezialfachärztliche Versorgung, ambulantes Operieren) beschränkt. Um den
Patienten ein ambulant-stationäres Behandlungskonzept „aus einer Hand“
anzubieten, führt am MVZ letztlich kein Weg vorbei. Unabhängig vom Standort –
Stadt oder Land – kann eine solche Konzeption auch dabei helfen, sich in einem
dichten Marktumfeld von Mitbewerbern abzusetzen. Darüber hinaus wächst der
Bedarf von Krankenhäusern nach ambulanter Infrastruktur, da die ambulante
Leistungserbringung über ermächtigte Ärzte an Bedeutung verloren hat.
Gleichzeitig führen der Kostendruck im DRG-Bereich und die engmaschige
MDK-Arbeit der Kostenträger ständig zu Neuordnungsprozessen im Erlösportfolio,
so dass ohne Auffangmöglichkeit im ambulanten Bereich die Gefahr besteht,
dauerhaft sowohl die Patientenbindung als auch das Patientenbudget zu
verlieren. Zudem werden im ländlichen Raum MVZ in Trägerschaft von
Krankenhäusern als Garant für eine gute medizinische Versorgung angesehen und
sollen nach dem Willen der Politik weiter gestärkt werden. Schließlich kann
auch die Situation entstehen, dass eine (Groß-)Praxis aus strategischen
Gründen gekauft und in ein MVZ überführt werden „muss“, um bestehende
Behandlungspfade nicht zu gefährden und eine qualitativ hochwertige Versorgung
zu erhalten.

Vorüberlegungen bei Ausbau und Erweiterung
Nach wie vor sind Gründung und Ausbau von MVZ von Zufälligkeiten geprägt.
Häufig tritt ein im Einzugsbereich des Krankenhauses niedergelassener Arzt an
die Krankenhausleitung mit dem Angebot heran, seine Praxis in ein
Krankenhaus-MVZ einzubringen. Das Angebot ist nicht selten mit dem Hinweis
versehen, dass der örtliche Mitbewerber bereits Interesse an der Praxis
signalisiert habe, der Arzt es als „Ehemaliger“ des Hauses jedoch bevorzugen
würde, die Praxis an seinen „alten Arbeitgeber“ abzugeben. Darüber hinaus wird
häufig zeitlicher Druck aufgebaut, so dass – in Abhängigkeit von der Bedeutung
der Praxis für das Krankenhaus – Hektik aufkommt, in der leicht wesentliche
Aspekte des Praxiserwerbs und der MVZ-Etablierung übersehen werden können.

Damit eine solche Situation nicht entsteht, empfehlen wir bei grundsätzlicher
Offenheit für die Etablierung eines MVZ zunächst eine Analyse des eigenen
Leistungsangebotes, um diejenigen ambulanten Bereiche zu identifizieren, in
denen sinnvolle Synergieeffekte zu erwarten sind. In einem nächsten Schritt
sind dann auf Basis einer Analyse des Marktumfeldes im Einzugsbereich des
Krankenhauses ansässige und geeignete Praxen zu identifizieren, um die
jeweiligen Vertragsärzte proaktiv anzusprechen.

Neben einer klaren Formulierung der aus Sicht der Krankenhausleitung zu
verfolgenden medizinischen Strategie, der Entwicklung einer Gesamtkonzeption
und der Prüfung, ob der beabsichtigte Praxiserwerb ein Baustein zur Erreichung
des Gesamtkonzepts sein kann, sind auch Sonderthemen wie z. B. tarifrechtliche
oder steuerrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit einer erfolgreichen
MVZ-Gründung zu klären. Zudem sind die sehr formalen und engen Grenzen des
Vertragsarztrechts zu berücksichtigen. All
diese Fragestellungen sind so spezifisch, dass es immer nur Individuallösungen,
zugeschnitten auf die konkrete Gesamtsituation, geben kann. Sogenannte weiche
Faktoren, die sich aus den Schnittstellen von ambulanter zur stationären
Versorgung ergeben, sind unbedingt bei der Umsetzung zu berücksichtigen. Die
leitenden Ärzte des Hauses sollten miteinbezogen werden.

Zudem sollte diskutiert werden, ob die Eins-zu-eins-Übernahme bestehender
ambulanter Strukturen in die Organisation eines Krankenhaus-MVZ sinnvoll ist.
Die konkrete Art der Einbringung der vertragsärztlichen Zulassung gibt
hierbei den Rahmen vor. Die Übernahme einer Zulassung im Wege des
Nachbesetzungsverfahrens ermöglicht eine sofortige flexible Besetzung der
Arztstelle. Verzichtet der abgebende Vertragsarzt auf seine Zulassung
zugunsten einer Anstellung, muss er auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung
noch mindestens drei Jahre – mit der Möglichkeit einer sukzessiven Reduzierung
des Tätigkeitsumfangs – in dem MVZ tätig sein.

Nicht zuletzt führen die Entwicklung der MVZ-Neugründungen und die starke
Nachfrage der Ärzte nach Anstellungsverträgen mit Einkommenssicherheit zu
einem Rückgang von Einzelpraxen, da diese nicht mehr adäquat nachbesetzt werden
können. Auch für MVZ in Trägerschaft von Krankenhäusern stellt die
Nachbesetzungsproblematik zunehmend ein wirtschaftliches Risiko dar, das durch
ein vorausschauendes Personalkonzept und vernetzte Strukturen zum stationären
Sektor abgefangen werden kann.

Die Umsetzung
Eine sich aus dem Marktpreis von Angebot und Nachfrage ergebende
Preisvorstellung der abgebenden Praxen sollte vor dem Erwerb durch eine
objektivierte Praxiswertermittlung auf ihre Refinanzierbarkeit und
Wettbewerbsfähigkeit überprüft werden. Nur so können dauerhafte Defizite der
MVZ-Gesellschaft aus Kaufpreisabschreibung und Finanzierungskosten im Vorfeld
identifiziert und gegebenenfalls verhindert werden.

Durch die Etablierung eines integrierten Businessplans, der idealerweise auch
die wirtschaftlichen Effekte auf dasKrankenhaus berücksichtigt, kann ein
erster Schritt zu einer betriebswirtschaftlich tragfähigen ambulanten Ver-
sorgungsstruktur gemacht werden. Allerdings macht ein Businessplan nur Sinn,
wenn er regelhaft mit der Realität abgeglichen wird. Fehlentwicklungen sind
auf ihre Ursachen hin zu analysieren, geeignete Gegenmaßnahmen müssen zeitnah
konzipiert und implementiert werden. Zudem ist zur Sicherstellung eines
reibungslosen Antragsverfahrens eine rechtliche Begleitung empfehlenswert. Im
Rahmen des Antragsverfahrens kann es zu deutlichen Verwerfungen des angedachten
Umsetzungsprozesses kommen. Eine gewisse Flexibilität ist hier auf allen
Seiten unerlässlich. Der wichtigste Aspekt ist jedoch der Arbeitsalltag. Bereits
frühzeitig sollte innerhalb der Administration geklärt werden, wer für das
operative Management des MVZ die Verantwortung tragen soll. Die Erfahrung
zeigt, dass die Ressourcen insbesondere in der Anlaufphase eines MVZ auf Ebene
der Krankenhausleitung selten in ausreichendem Maß vorhanden sind.

Praxis-Hinweis
Die Errichtung und/oder der Ausbau von MVZ dürften tatsächlich unerlässlich
sein, um den Patienten eine intersektorale Versorgung aus einer Hand
anzubieten. Damit aus dieser sinnvollen Strategie jedoch kein Groschengrab
wird, sollten die dargestellten Grund- sätze berücksichtigt werden. Durch die
Festlegung einer medizinischen Strategie und die Einbettung des MVZ in die
konzeptionelle Gesamtplanung – inklusive der Erarbeitung eines Businessplans –
können im Vorfeld einer Gründung, Übernahme oder Einglie- derung Planungsfehler
vermieden und zu hebende Synergiepotentiale identifiziert werden. Vor
Kaufpreiseinigung sollte mittels einer Praxisbewertung die Objektivierung des
Kaufpreises erfolgen.

Quelle: Solidaris, 19.09.2019

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