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Neue Studie zeigt hohe Unzufriedenheit bei philippinischen Pflegefachkräften in Deutschland

Neue Studie zeigt hohe Unzufriedenheit bei philippinischen Pflegefachkräften in Deutschland (GraceLugert.com).



Dass es einen Pflegenotstand in Deutschland gibt, ist vielen Menschen spätestens durch die Corona-Pandemie bewusst geworden. Die Gewinnung ausländischer Fachkräfte könnte die Situation in vielen Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen verbessern. Die Philippinen
sind hierbei ein wichtiges Herkunftsland, das einen guten Ruf bei Arbeitgebern genießt. In einer aktuellen Studie wurde jedoch ein alarmierender Zustand der Gesamtzufriedenheit der
philippinischen Pflegefachkräfte in Deutschland festgestellt.

Nur 17 Prozent der hier arbeitenden philippinischen Pflegefachkräfte würden
befreundeten Kolleg*innen auf den Philippinen ihren aktuellen Job empfehlen.
Mehr als die Hälfte (58 Pozent) der Befragten fühlen sich „nicht willkommen“,
64 Prozent empfinden sich in ihren fachlichen Qualifikationen abgewertet.

Das ist das Ergebnis einer Studie der interkulturellen Beraterin und Trainerin
Grace Lugert-Jose, die sich auf die Integration ausländischer
Pflegefachkräfte in Deutschland spezialisiert hat. Für die Studie, die im
Februar 2022 durchgeführt und gerade ausgewertet wurde, hat Grace Lugert-Jose
hier lebende und arbeitende Pflegefachkräfte aus den Philippinen zu ihrer
Berufszufriedenheit und zu verschiedenen Aspekten der Integration befragt. Mit
109 Teilnehmenden lässt die Studie gute Rückschlüsse auf die Gesamtheit der
philippinischen Pflegefachkräfte in Deutschland zu. Der überwiegende Teil der
Erkenntnisse dieser Studie dürfte auch auf die Gesamtsituation ausländischer
Pflegefachkräfte allgemein übertragbar sein, da das Ergebnis dieser Umfrage
frühere qualitative Studien u.a. der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt und nun
quantifizierbar macht.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen erhebliche Schwachpunkte der bisherigen
Integrationsbemühungen in Deutschland auf“, kommentiert Grace Lugert-Jose die
gewonnenen Erkenntnisse. „Vor allem wenn man die Zufriedenheit der
philippinischen Pflegefachkräfte hierzulande mit der in anderen Ländern
vergleicht. In Großbritannien sind 71 Prozent der philippinischen
Pflegefachkräfte zufrieden. Hohe Zufriedenheitswerte gibt es auch in den USA.
Auch in anderen EU-Ländern wie Finnland scheint die Zufriedenheit höher zu
liegen.“ Wenn die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland nachhaltige Ergebnisse
bringen soll, bestehe auf jeden Fall dringender Handlungsbedarf, so die
interkulturelle Beraterin und Trainerin weiter: „Es gibt Arbeitgeber, die
bereits einen sehr guten Job bei der Integration machen und die Fachkräfte so
langfristig binden. Leider ist dies nur eine Minderheit.“

Unzufriedenheit führt zu hoher Fluktuation

Nur 12 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „Insgesamt kann ich sagen, ich
bin sehr zufrieden mit meinem Job“ voll zu. 64 Prozent hingegen widersprechen
dieser Aussage. Auch bei der Frage nach der Weiterempfehlung ist das Ergebnis
ernüchternd. Die Aussage „Ich würde diesen Job definitiv einem
Familienmitglied oder einem Freund in meinem Heimatland empfehlen“ findet nur
bei 17 Prozent der Befragten volle Zustimmung, liegt jedoch bei 66 Prozent
Ablehnung.

Für eine Vergleichbarkeit wurde aus der Befragung auch der eNPS (Employee Net
Promoter Score) als verbreitete Benchmark-Kennzahl berechnet. Der in dieser
Studie ermittelte Wert von -49 Prozent ist besorgniserregend.

„Die geringe Zufriedenheit der hier arbeitenden ausländischen Fachkräfte
erklärt die hohe Fluktuation, von der viele Arbeitgeber berichten“, so Grace
Lugert-Jose.

Fehlende Anerkennung der Kolleg*innen als größtes Problem

Ein zentrales Thema für die angeworbenen Fachkräfte ist fehlender Respekt und
die mangelnde Anerkennung der Kolleg*innen. So stimmen der Frage „Haben Sie das
Gefühl, dass Ihre Qualifikationen und bisherige Berufserfahrung in Ihrem
derzeitigen Job wertgeschätzt werden?“ nur 17 Prozent voll zu. Dem stehen 64
Prozent Ablehnung gegenüber. Aus den offen formulierten Antworten wird
deutlich, dass dieses Problem in erster Linie mit den Kolleg*innen und direkten
Vorgesetzten wahrgenommen wird.

Dies ist besonders bemerkenswert, da die formale und theoretisch-fachliche
Qualifikation der philippinischen Pflegefachkräfte sich an den Standards der
USA orientiert und mit einem Bachelor-Studienabschluss über den deutschen
Standards liegt. Außerdem hat ein Großteil der hier arbeitenden philippinischen
Pflegefachkräfte bereits mehrjährige internationale Berufserfahrung
gesammelt, oft zum Beispiel im arabischen Raum. Somit steht einer objektiv
beurteilbar hohen Kompetenz eine sehr geringe Wertschätzung der Kolleg*innen
der Stammbelegschaft gegenüber. Gerade diesen Punkt bedauert Grace Lugert-Jose
sehr: „Es ist schade, wie viel Potenzial hier verloren geht, indem
hochqualifiziertes Personal abgewertet wird.“

Diskriminierung und Rassismus sind weit verbreitet

22 Prozent der Befragten gaben in den offenen Antworten an, Diskriminierung und
Rassismus aufgrund der Herkunft zu erfahren. Da derartige Erfahrungen nicht
direkt abgefragt wurden, ist dieses Ergebnis umso erschreckender. Rassismus
äußert sich in vielen Fällen subtil und auch über die Zuschreibung
minderwertiger Qualifikationen. „Warum es konkret zu den negativen Erfahrungen
kommt, ist sehr unterschiedlich“, sagt Grace Lugert-Jose. „Natürlich gibt es
Fälle von echter Fremdenfeindlichkeit. Oft erscheint auch die Stammbelegschaft
überfordert mit der Tatsache, dass immer mehr ausländische Fachkräfte in
Deutschland arbeiten.“

Manchmal sorgen auch kulturelle Missverständnisse zu gefühlter
Diskriminierung. Gerade die sehr unterschiedlichen Kommunikationsarten im
Vergleich von Deutschland und den Philippinen führen schnell zu
Fehlinterpretationen. „In vielen Fällen nehmen die zugewanderten Fachkräfte
Äußerungen, die in Deutschland als nicht besonders feinfühlig, aber
akzeptabel durchgehen, als Mobbing wahr“, so Grace Lugert-Jose.

Deutsche Sprache ist eine große Herausforderung

Eine der größten Barrieren ist die deutsche Sprache. Viele angeworbene
Fachkräfte kommen mit dem Sprachlevel B1 oder B2 nach Deutschland. Beide
Sprachniveaus reichen in der Regel nicht aus, um an normalen Alltagsgesprächen
teilzunehmen, wenn die anderen Gesprächsteilnehmer keine Rücksicht nehmen. Im
Krankenhausalltag ist eine solche Rücksichtnahme auch nicht immer möglich.
Mangelnde sprachliche Teilhabe ist daher ein großer Faktor für
Unzufriedenheit.

Weiche Faktoren bestimmen die Gesamtzufriedenheit

Bei der Analyse, welche der Aspekte einen besonders großen Einfluss auf die
Berufszufriedenheit und Weiterempfehlung haben, wurde deutlich, dass die
sogenannten „weichen“ Faktoren eine zentrale Rolle spielen. Das Gefühl, in
seiner Qualifikation wertgeschätzt zu werden, und das Gefühl, willkommen zu
sein, lagen hierbei ganz vorne.

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt für die Zufriedenheit ist eine gute
Unterstützung bei der beruflichen Anerkennung. Grace Lugert-Jose erklärt:
„Philippinische Pflegefachkräfte, die in Deutschland arbeiten möchten, müssen
sich die im Ausland erworbenen Qualifikationen in Deutschland anerkennen lassen
und zusätzlich noch einige Prüfungen absolvieren.“ Diese berufliche Anerkennung
sei in der Regel eine der größten Herausforderungen für die neu angekommenen
ausländischen Fachkräfte. Ein Nichtbestehen der hier in Deutschland
verlangten zusätzlichen Prüfungen ziehe gravierende negative Konsequenzen
sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber nach sich.

Grace Lugert-Jose: „Für die neu angeworbenen Pflegefachkräfte ist das
Bestehen der beruflichen Anerkennung ein großer Stressfaktor. Wenn sie sich
nicht ausreichend unterstützt fühlen, ist die Verunsicherung und
Unzufriedenheit sofort groß.”

Empfehlungen für Arbeitgeber

Aus den Ergebnissen lassen sich direkte Empfehlungen ableiten. Die
interkulturelle Beraterin und Trainerin Grace Lugert-Jose rät:

Die allgemeine Erwartungshaltung muss gegenüber der Stammbelegschaft
realistisch und transparent kommuniziert werden. Die Kompetenzen der neuen
Kolleg*innen und auch die Abweichungen zur deutschen Ausbildung sollte allen
Kolleg*innen klar sein. Alle sollten davon ausgehen, dass die neu angeworbenen
Pflegefachkräfte aus dem Ausland einige Monate lang nicht voll einsatzfähig
sind und dass dies für die Stammbelegschaft Mehrarbeit und Geduld aufgrund der
Einarbeitung bedeutet.
Es muss außerdem mehr Verständnis für die Situation von Menschen geschaffen
werden, die neu in einem Land sind und sich anpassen müssen. Interkulturelle
Kompetenz muss im gesamten Team geschult werden.
Die Arbeitgeber sollten intensive Sprachfördermaßnahmen, wie zum Beispiel
Sprachtrainings und den Einsatz in kommunikationsstarken Stationen in den
ersten Monaten priorisieren. Nur wenn die neuen Mitarbeitenden schnelle
Fortschritte im Spracherwerb machen, wird eine reibungslose Kommunikation und
Interaktion mit den Kolleg*innen und Patient*innen ermöglicht.
Die ersten Monate sind auch die Zeit für interkulturelle Trainings der neu
angeworbenen Fachkräfte. Diese führen zu einem besseren gegenseitigen
Verständnis und dem Abbau von Barrieren.
Die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen setzen die falschen Prioritäten

Bei der Analyse der Ergebnisse wird deutlich, dass viele Arbeitgeber mit ihren
Maßnahmen die falschen Prioritäten setzen. „Sie setzen auf möglichst schnelle
Einarbeitung und wollen die neuen Mitarbeitenden dann direkt voll einplanen.
Dies führt dann aber leider zu den hier beobachteten Missständen“, so Grace
Lugert-Jose.

Die Arbeitgeber planen die ausländischen Fachkräfte oft schnellstmöglich
komplett in den Dienstplan ein und legen den Sprachunterricht dann außerhalb
der Arbeitszeiten, wenn er überhaupt noch stattfindet. Gleichzeitig müssen
die neu angeworbenen Fachkräfte sich auf die Anerkennungsprüfung vorbereiten.
Das führt dazu, dass für den Sprachkurs oft keine Zeit oder Energie mehr
übrig ist. Die Sprachkompetenz entwickelt sich nicht ausreichend weiter, was
wiederum die Grundlage für Folgeprobleme ist.

Es zeigt sich, dass die Arbeitgeber die Anwerbung der ausländischen
Pflegefachkräfte nicht als das Stopfen von personellen Lücken sehen dürfen.
Wenn Mitarbeiter aus verschiedenen Kulturen erfolgreich zusammenarbeiten
sollen, müssen die Einrichtungen zu interkulturell kompetenten Organisationen
werden und sie müssen auch die Stammbelegschaft für die Veränderungen fit
machen. Außerdem muss genügend Zeit und auch Budget für die Integration der
neuen Kolleg*innen eingeplant werden. Die Ergebnisse der Befragung zeigen
leider, dass dies bisher kaum geschieht.

[...]

Quelle: GraceLugert.com, 09.03.2022

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