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Besser individualisierte Streßulkus-Prophylaxe auf Intensivstationen?

Besser individualisierte Streßulkus-Prophylaxe auf Intensivstationen? (Deutsche Gesellschaft f. Neurologie).



Patienten auf Intensivstationen scheinen ein besonderes Risiko für stressbedingte Magengeschwüre zu haben. Diese können zu lebensbedrohlichen Blutungen führen. Eine neue Studie [1] untersuchte, ob die Ulkus-Prophylaxe mit Pantoprazol die Mortalität bei
neurochirurgischen/neurologischen Intensivpatienten senken kann. Wie sich zeigte, ist das nicht eindeutig der Fall, obwohl weniger Blutungen unter der Medikation auftraten. Neurologische Experten sprechen sich daher für ein individualisiertes Vorgehen aus.

Stress – so auch ausgeprägter Krankheits- und Behandlungsstress – erhöht unter
anderem die Magensäureproduktion. In der Folge können Magen-/Darmgeschwüre
(Ulzera) entstehen.Ein besonderes Risiko scheint auch bei Patienten nach
Schädel-Hirn-Traumen zu bestehen [2]. Solche Ulzera können lebensbedrohliche
Blutungen verursachen, die eine gefürchtete Komplikation auf
neurologischen/neurochirurgischen Intensivstationen (ITS) darstellen. Weitere
Risikofaktoren für Ulkusblutungen auf Intensivstationen sind Polytraumen,
Verbrennungen, künstliche Beatmung, Blutgerinnungsstörungen, Schock und Sepsis,
Kortikoidtherapie, frühere Magen-Darm-Blutungen/Geschwüre sowie Leber- und
Nierenversagen [2].

Pressemitteilung zum Download

Zur Prophylaxe wird Intensiv-Patienten oft ein Säurehemmer verabreicht, um die
Magensäureproduktion zu senken und damit den pH-Wert zu erhöhen. „Viele frühere
Studien zeigten, dass die medikamentöse Anhebung des Magen-pH-Wertes das
Auftreten von Magen-Darm-Blutungen deutlich senken kann“, erklärt Prof. Dr.
med. Dr. Hagen Huttner, Universitätsklinikum Erlangen. Daher wird eine
medikamentöse Stressulkus-Prophylaxe auch in einigen Leitlinien, z.B. den
„Surviving Sepsis Campaign: international guidelines for management of sepsis
and septic shock: 2016“ [3] empfohlen.

Insgesamt sind Ulkusblutungen auf ITS-Stationen jedoch selten (1,5% [2]), und
es besteht zunehmender Konsens, dass keinesfalls alle Intensivpatienten
routinemäßig einer solchen Prophylaxe bedürfen. Neuere Studien zeigten
außerdem, dass eine Verminderung der Magensäure andere Komplikationen fördern
kann [2], da die Magensäure ihre schützende Funktion vor bakterieller
Besiedlung des oberen Magen-Darmtraktes nicht mehr erfüllen kann. So können
pathogene Erreger, die sonst im sauren Magenmilieu abgetötet würden, unter
einer Säureblockade zu schweren Infektionen des Dickdarms führen
(Clostridien-Kolitis) oder auch zu Lungenentzündungen, wenn es zu einem
Übertritt von Magensekret ins Bronchialsystem kommt. „Nutzen und Risiken der
Ulkus-Prophylaxe mit Säureblockern werden daher kontrovers diskutiert“, so
Prof. Huttner.

Ergebnisse einer neuen prospektiven, doppelblinden, randomisierten Studie

Eine prospektive, doppelblind randomisierte Studie versuchte nun, die Datenlage
zum Thema weiter zu verbessern [1]. Die europäische Multicenterstudie (33
Zentren aus Dänemark, Finnland, Niederlande, Norwegen, Schweiz und
Großbritannien) analysierte 3.298 Patienten, die wegen akuter Erkrankungen auf
Intensivstationen behandelt wurden und die zusätzlich mindestens einen
Risikofaktor für gastrointestinale Blutungen aufwiesen (z. B. Kreislaufschock,
künstliche Beatmung, Blutgerinnungsstörung oder blutgerinnungshemmende
Therapie, Lebererkrankung, Dialyse wegen Nierenversagen). Die Patienten
erhielten 1:1 randomisiert 40 mg/Tag Pantoprazol i.v. oder Placebo für die
Dauer des ITS-Aufenthaltes. Primäres Untersuchungsziel war die
90-Tages-Mortalität, sekundäres waren Komplikationen (als Endpunkt-Kombination:
Gastrointestinale Blutung, Lungenentzündung, Clostridien-Infektion,
Herzinfarkt).

Nach 90 Tagen waren 510 Patienten (31,1 %) der Pantoprazol-Gruppe und 499
(30,4%) der Placebogruppe verstorben. Die mediane Aufenthaltsdauer der
Patienten auf der Intensivstation betrug 6 Tage, die mediane Dauer der
Pantoprazol-Prophylaxe lag bei 4 Tagen. Während des ITS-Aufenthaltes gab es
mindestens ein klinisch schweres Ereignis (kombinierter Endpunkt) bei 21,9%
unter Pantoprazol und bei 22,6% unter Placebo. Klinisch bedeutsame
Magen-Darm-Blutungen hatten 4,2% Patienten der Placebogruppe und 2,5% der
Patienten in der Pantoprazol-Gruppe (RR: 0,58). Sonstige Nebenwirkungen,
Komplikationen bzw. schwere unerwünschte Ereignisse waren in den Gruppen
ähnlich häufig.

Therapieentscheidung nach individueller Risikoabschätzung

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Studie nicht ausreichend gepowert
war, um zu zeigen, dass die Gabe von Pantoprazol das Risiko für
gastrointestinale Blutungen bei Risikopatienten senkte, und die Intervention
nicht zu einer Reduktion der Mortalität führte. Unter Pantoprazol kam es aber
auch nicht zur Zunahme des Risikos für Lungenentzündungen oder
Clostridien-Infektionen – wie zuvor berichtet und befürchtet. Prof. Huttner
kommentiert: „Aus den Studienergebnissen lassen sich keine allgemeinen
Behandlungsempfehlungen ableiten. Voraussetzung für die Therapieentscheidung
sollte immer eine individuelle Risikoabschätzung darstellen. Die
Ulkus-Prophylaxe erscheint sinnvoll, wenn mehrere der beschriebenen
Risikofaktoren zusammenkommen oder bei kritisch kranken Patienten, die über
Wochen oder gar Monate auf der Intensivstation behandelt werden müssen.“

Publikationen

[1] Krag M, Marker S, Perner A et al. Pantoprazole in Patients at Risk for
Gastrointestinal Bleeding in the ICU. N Engl J Med 2018 Oct 24. doi:
10.1056/NEJMoa1714919. [Epub ahead of print]

[2] „NeuroIntensiv“, Stefan Schwab et al. 2015 Springer-Verlag

[3] Rhodes A, Evans LE, Alhazzani W et al. Surviving Sepsis Campaign:
international guidelines for management of sepsis and septic shock: 2016.
Intensive Care Med 2017; 43: 304 -77

Quelle: Deutsche Gesellschaft f. Neurologie, 20.12.2018

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