Hallo Herr Rost, Halo herr Konzelmann,
endlich kratzt mal wieder jemand am heiligen Plan !
Zitat Konzelmann: „...Dem entsprechend entscheiden wir uns dann also für das höchste Entgelt...“
Multimorbidität als Selbstbedienungsladen im DRG-System ? Der Behandlungsaufwand bei geriatrischen Patienten mit „Krankheits-Netzwerken“ (schöner Ausdruck !) läßt sich m.E. über die gestellten Diagnosen allein nicht erfassen:
-die Oligosymptomatik geriatrischer Patienten erfordert diagnostischen Aufwand der nicht notwendig zu einer abrechenbaren Diagnose führt (z.B. Echokardiographie, geriatrisches Assesment usw.), entsprechende Prozeduren sind nicht erlösrelevant, der Verzicht auf diesen Aufwand wäre medizinisch nicht sinnvoll.
-typische geriatrische Nebendiagnosen (z.B. E86 Exsikkose, R26.8 Gangunsicherheit, M15.8 Polyarthrose, I10 art. Hypertonie) sind aufwändig aber nicht erlösrelevant, R54 Altersschwäche / hohes Alter ohne Angabe einer Psychose: diese „Diagnose“ ist erlösrelevant, uns aber unklar
-die kurzen mittleren Verweildauern gastroenterologischer oder onkologischer Hauptdiagnosen sind in der stat. Behandlung bei multimorbiden geriatrischen Patienten medizinisch nicht sinnvoll zu realisieren, die oberen Grenzverweildauern liegen aber in allen konservativen A-DRG´s überwiegend >20 Tage so daß bei Verweildauern <20 Tagen auch kein Ausgleich durch Zuschläge resultiert.
Beispiel:
HD z.B. Kolon Ca C18.9 oder Subileus K56.0 oder Salmonellenenteritis A02.0 mit ND führt in G44A cw 0,81 – mVWD 5,6 - oGVD 21 (ohne Koloskopie ähnlich)
oder Ovarial-Ca C56 mit ND führt in N60A mit cw 0,85 – mVWD 5,2 - oGVD 20
im Vergleich dazu: Pneumonie J18.9 in E62A cw 1,39 - mVWD 11,2 - oGVW 26
-In einem Krankheiten-Netzwerk greifen lineare Kausalketten zu kurz, schon Harnwegsinfekt und Diabetes sind jeweils sowohl Ursache als auch Wirkung – dementsprechend ist auch der insgesamt geleistete Aufwand nicht nur einer einzigen Diagnose zuzuordnen.
Wird aus mehreren Diagnosen eine HD „nach Aufwand“ ausgewählt (das geht auch nach Analyse, d.h. auch wenn diese Diagnosen noch nicht bei der Aufnahme codiert wurden) ist der jeweilige Aufwand für diese HD auch nicht von den anderen ND auseinanderzudividieren (in der Praxis wird wohl eher, formal korrekt, „Best-grouping“ betrieben)
Beispiel:
Aufnahme wegen Exsikkose E86, im „Krankheiten-Netzwerk“ mit den möglichen ursächlichen HD:
Harnwegsinfekt N39.0 (=L63A – cw1,23),
Delir bei Demenz F05.1 (B64Z – cw 0,9) mit
Übersedierung T42.6 (X62A – cw 0,80)
entgleistem Diabetes mellitus E11.71 (L65A – cw 0,65)
und dysphagie n.Apoplex R13 vor I69.3 (DKR 601a,005a: G67A – cw 0,73)
Meines Erachtens ist der Aufwand für diesen Patienten ohne den Nachweis des Harnwegsinfektes nicht wirklich um 1/4 geringer (L63A – cw 1,23, alle anderen <0,9), umgekehrt ist auch bei anderen HD eines Patienten mit diesem Nebendiagnoseprofil mit einer Exacerbation all dieser ND zu rechnen:
Die Behandlung der ND stellt u.U. den wesentl. Aufwand und Grund der stat. Behandlung dar.
Deshalb zwei Fragen:
1. ist bei geriatrischem „Krankheits-Netzwerk“ das klinische Leitsymptom in die Auswahl der aufwändigsten Diagnose einzubeziehen, z.B. HD Exsikkose E86 ? (der MDK wäre versucht stattdessen eine „ursächliche“ Hauptdiagnose mit niedrigerem cw festzulegen)
2. wie ist der Behandlungsaufwand bei geriatrischen Patienten ermittelt worden und wo gibt es diese Zahlen ?
Gruesse M.Gösling