Hallo Herr Selter,
da Sie mich direkt angesprochen haben, möchte ich Ihnen auch antworten.
Dass Sie etwas gegen die Folgezustandsregel haben, ist genauso bekannt, wie dass ich vieles genau mit dieser Regel begründe.
Leider ist meine gestrige Antwort an Phlox gelöscht worden oder nicht durchgekommen, aber auch die Datumsangaben des Beitrages von Phlox sind durcheinandergeraten.
Aber sei es drum, im Forum können nun einmal unterschiedliche Betrachtungsweisen diskutiert werden. Natürlich wäre ein Sozialgerichtsurteil prima, aber bis zum BSG ist es ein weiter Weg und meines Wissens ist auch noch kein derartiger Prozess anhängig.
Die Sache hätte längst geklärt sein können, wenn die Selbstverwaltung dies nicht ständig wegdrücken würde. Dabei liegt die fachübergreifende Komplikationsrate in der Orthopädie und Traumatologie laut den Ergebnissen des Deutschen Orthopädenkongressen von vor ein paar Jahren bei 16-17%; also einer Quote, die man nicht mehr vernachlässigen darf. Es gibt schließlich nicht nur Infektionen.
Leider gibt die von Ihnen prädestinierte DKR D002 nur Auskünfte, was die HD sein soll. Dies ist leider für die Orthopädie und Traumatologie ein sehr dünnes Eis. Denn das Fach lebt tatsächlich von seinen Zusammenhängen und nicht von Einzeldiagnosen. Wie man Zusammenhänge codiert, gibt die DKR D002 leider nur wenig Auskunft, dafür aber umso mehr die DKR D004/D005 und D008. Fachspezifische Richtlinien gibt es bis auf die paar 19er Regeln nicht mehr.
Es gibt kein Kapitel in der ICD in dem mehr Codes für Folgezustände und ihre Folgen zu finden sind als in dem orthopädischen (M) und am Ende des T-Kapitels. Daher wundert es mich nach wie vor, dass Sie der Folgezustandsregel so wenig Bedeutung zumessen.
Eine Fußdeformität nach vor 10 Jahren voroperiertem angeborenem Klumpfuß ist nun einmal ein Folgezustand der damaligen OP und kein angeborener Klumpfuß mehr, denn die Anatomie stimmt nicht mehr. Der Operateur muss sich in unbekanntem Terrain bewegen, dies verkompliziert jedes Verfahren, sofern man überhaupt noch Standardverfahren anwenden kann. Jeder der seit 30 Jahren oder länger Krankengeschichten liest, kann ein Lied von diesen Vorgängen singen. Das kann man doch nicht unter den Tisch kehren, als ob nichts vorher geschehen ist. Es geht doch nicht darum bei Adam und Eva anzufangen; sondern die Realität in der Orthopädie sieht nun einmal so aus. Also muss sie auch so codiert werden. Und genau dafür sind die DKR D004/D005/D008 geschaffen worden. Ihre Negation bedeutet nicht weniger, als sich der wichtigsten Argumentationshilfe entledigen zu wollen, die unser Fach nun einmal hat. Aus dem Gefundenen dann die Diagnose zu ermitteln, die für den Aufenthalt verantwortlich ist und dann nach DKR D002 die HD zu definieren, ist dann nur noch ein kleiner Schritt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Winter
Berlin