Liebe KollegInen,
hier nun die versprochene Antwort aus Mainz:
Sehr geehrter Herr Thieme,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift auf unseren Beitrag in Sachen Krankenhaus-Fallpauschalen in REPORT MAINZ vom 26.02.2007 im Ersten, die ich als Autor des Beitrages sehr gerne beantworte.
Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: In meinem Beitrag habe ich bewusst nie von \"Betrug\" gesprochen. Nach meinen Recherchen gehe ich persönlich davon aus, dass im Rahmen eines immer komplizierter werdenden G-DRG-Systems anders als ursprünglich gewollt die Interpretationsmöglichkeiten immer größer werden. Das an sich ist schon ein Missstand, der allerdings keinesfalls rechtfertigen kann, dass - egal ob Kassen oder Krankenhäuser - das System bis an die Grenzen des Legalen ausloten.
In der Tat sieht das Gesetz wie Sie schreiben, Herr Thieme, harte Strafen vor, sollte eine Klinik dem bewussten Abrechnungsbetrug im Rahmen der Fallpauschalen überführt werden können. Sie wissen allerdings mit Sicherheit genauso gut wie ich, dass die Hürden dafür sehr hoch, wenn nicht sogar unüberwindbar sind: Wie soll der Klinik nachgewiesen werden, dass vorsätzlich gehandelt worden ist und es sich nicht um ein Versehen handelt?
Warum also haben wir das Thema aufgegriffen? Weil uns die Logik der Neureglung nicht einleuchten will. Beispiel 100-Euro-Regel: Sie führt dazu, dass die Kasse selbst dann 100 Euro an das Krankenhaus zu bezahlen hat, wenn die Klinik nachweislich falsch codiert hat, sich allerdings im Rahmen einer MDK-Überprüfung keine Minderung des Rechnungsbetrages ergibt. Im umgekehrten Fall allerdings muss das Krankenhaus keine 100 Euro an die Krankenkasse bezahlen, sollte die Überprüfung ergeben, dass die Kasse mit ihrem Verdacht richtig lag und das Krankenhaus tatsächlich zu viel abgerechnet hat. Hier drängt sich mir als Journalist in der Tat der Verdacht auf, dass die gewählte Neuregelung in sich nicht schlüssig ist.
Es scheint zugegebenermaßen eine Art Wettrüsten stattzufinden: Der MDK hat offenbar nur zum Zweck der Einzelfallprüfung Ärzte zusätzlich eingestellt. Gleichzeitig richten aber auch viele Kliniken ganze Stäbe zur \"Erlösoptimierung\" und \"MDK-sicheren Abrechnung\" ein. Jetzt fragt sich nur, was war zuerst: Henne oder Ei?
Wie auch immer - ich geben Ihnen in einem Recht: Das DRG-System ist äußerst komplex. Und natürlich ist es das gute Recht eines jeden Krankenhauses, alle Leistungen vergütet zu bekommen, die es erbracht hat. Aber ich denke, unsere Recherchen zeigen sehr wohl, dass es, Zitat: \"schwarze Schafe\" unter den Krankenhäusern gibt. Letztlich aber muss es im Interesse aller sauber arbeitenden Häuser liegen, entsprechende Praktiken öffentlich zu machen - nichts anderes war Intention unseres Beitrages.
Viele Fehler bei der Abrechnung liegen wohl auch in dem immer komplexer werdenden G-DRG-System selbst begründet. Deshalb überlegen wir uns, das Thema mittelfristig nochmals aufzugreifen, um die auch von Ihnen angesprochenen Fallstricke im System zu beschreiben.
Ich bedanke mich dennoch recht herzlich für Ihr Interesse an REPORT MAINZ!
Schöne Grüße,
Thomas Josef Dauser
Südwestrundfunk
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[hr]
Schade, dass es erst umständlicher Erklärungsversuche bedarf um einen 6 minütigen Fernsehbeitrag zu verstehen.