Beiträge von FUSS

    Guten abend allerseits,
    mir flatterte eben die Nachricht einer neuen Entscheidung vom 10.12.08 (BSG Aktenzeichen B 6 KA 37/07 R) auf den Tisch. (Quelle: http://www.juris.de/jportal)

    \"Das BSG hat eine grundlegende Entscheidung zur Reichweite des Schutzes von Patientendaten in der gesetzlichen Krankenversicherung getroffen.

    Es hat entschieden, dass nach gegenwärtiger Rechtslage Krankenhäuser oder Vertragsärzte keine Patientendaten an private Dienstleistungsunternehmen zur Erstellung der Leistungsabrechnung übermitteln dürfen. Dies gilt auch, wenn die Patienten Einwilligungserklärungen unterzeichnet haben. Damit sich die Leistungserbringer in dieser bislang umstrittenen Frage auf die Entscheidung des BSG einstellen und ihre abweichende Praxis anpassen können, hat das Gericht eine Übergangsregelung getroffen. Leistungen, die bis zum 30.06.2009 erbracht werden, müssen auch dann von den Kassenärztlichen Vereinigungen vergütet werden, wenn sie unter Verstoß gegen das Verbot der Datenweitergabe an private Stellen abgerechnet wurden.

    In dem vom BSG entschiedenen Fall hatte ein Krankenhausträger Patienten- und Leistungsdaten für ambulante Notfallbehandlungen, die über die Kassenärztliche Vereinigung abzurechnen sind, an eine privatärztliche Abrechnungsstelle weitergeleitet. Diese erstellte für das Krankenhaus die Abrechnung. Den Patienten war vor der Behandlung eine Erklärung zur Unterzeichnung vorgelegt worden, dass sie – jederzeit widerruflich – mit der Verarbeitung ihrer Daten durch die privatärztliche Abrechnungsstelle einverstanden sind. Das Krankenhaus selbst hält für die Erstellung dieser Abrechnungen kein Personal mehr vor. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung lehnte im Jahr 2005 die weitere Vergütung der auf diese Weise erstellten Abrechnungen für Notfallbehandlungen ab, wurde aber durch einstweilige Anordnung verpflichtet, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits solche Abrechnungen weiter zu honorieren. In der Hauptsache urteilten die Vorinstanzen, dass bei Vorliegen einer Einwilligung der Patienten die Verarbeitung der Daten durch eine private Abrechnungsstelle nicht zu beanstanden sei.

    Das BSG hat nunmehr im gegenteiligen Sinne entschieden.

    Die Weitergabe der Daten von im Krankenhaus behandelten Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung an private Dienstleistungsunternehmen ist derzeit nach den Bestimmungen über die gesetzliche Krankenversicherung nicht zugelassen. Sie ist deshalb unzulässig, auch wenn die Patienten in die Datenweitergabe formal eingewilligt haben.\"

    Der Entscheidungstext bleibt abzuwarten. Diese Fallkonstellation gibt es so bei uns nicht, aber vielleicht ist das Urteil ja interessant für die Prüfanfragen nach § 275 SGB V von einigen Kassen, die sich für die Bearbeitung der Fallprüfungen auch anderer Dienstleister bedienen. Welche Erfahreungen haben sie damit gemacht ?

    Mit freundlichen Grüßen
    Uta Seiffert-Schuldt

    Sehr geehrter Herr Bauer,
    vielen Dank für Ihre Antwort. Verstehe ich das richtig, man würde dann bei der Patientin die Oberschenkelstraffung zusammen mit, z.B. der Oberarmstraffung durchführen. Die Oberarmstraffung zahlt die Patientin und die Oberschenkelstraffung freundlicherweise die Kasse. Wie sieht die Rechnung für die Kasse aus? Sie bekommen den Datensatz für die gesamte OP und zahlen nur den genehmigten Teil? Wenn was schief geht, zahlen Sie auch Folgeeingriffe? Ich weiß ja, wenn es sich um Einzelfälle handelt, denkt man da eher praktisch. Bei uns geht es schon bei der Frage los, wer die Anästhesie bezahlt. Unsere Mediziner meinten es gut und erklärten ihren Patientinnen, dass aus der Kalkulation für die kosmetische OP ja nun (also im Falle einer zusätzlichen med. notwendigen) ein Teil der Anästhesieleistungen raus müsste, d.h. verrechnet werden könnte mit der DRG für die Manmma DE... :sterne: Bei uns handelt es sich leider nicht um Einzelfälle. Ich möchte auch das Haftungsrisiko so klein wie möglich halten, andererseits ist es vertretbar, solche OPs grundsätzlich in zwei Sitzungen durchzuführen?
    Einen schönen Abend und vielen Dank!

    Liebe Forumsmitglieder,
    wie wird in Ihren Häusern mit sog. Kombinationseingriffen umgegangen, von denen der eine Eingriff eine Wunsch Op ist und der andere eine med. notwendige OP. Ein Beispiel: Kosmetische Brustoperation und Mamma- DE? Unsere Ärzte wollen das aus verständlichen Patientenfreundlichen Gründen gern in einer Sitzung machen. Für mich wäre praktische Umsetzung von Interesse bzgl. der Abrechnung, Datenträgeraustausch, Vertragsschluss, Haftung?
    Vielen Dank im Voraus
    mit freundlichen Grüßen
    Uta Seiffert-Schuldt

    Hallo Andi,
    ich glaube , Sie haben keinem das Wochenende verdorben, weil es genau das Urteil ist, auf das sich die Kasse \"stürzt\" und \"stützt\", dass aber eben in sämtlicher Rechtsliteratur genauso in der Luft zerrissen wird, weil es entgegen aller Grundsätze der Rechtsauslegung gefasst wurde. Der überwiegende Teil der Rechtsprechung teilt diese Auffassung nicht. Die Problematik ist relativ einfach in dem von mir angegebenen Artikel dargestellt.
    Schönes Wochenende
    Uta Seiffert-Schuldt

    Hallo Frau Zierold,
    die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Patienten in Ihrem Hause den Krankenhausaufenthalt hatten. Für alle Patienten, die im Jahre 2004 bei Ihnen behandelt wurden, beginnt die Verjährung am 1.1.2005 und endet am 31.12.2008.
    Das wars jetzt aber wirklich...

    Hallo Herr Zierold,
    ich habe auch gerade so eine ähnliche Sache gehabt. Es braucht keinen Vertrag nach § 112 SGB V. Die Forderung nach einer zeitnahen MDK Prüfung war auch schon früher im SGB V verankert § 275. Der einzige Unterschied zum jetzt geltenden GKV-WSG ist, dass der Gesetzgeber nun konkretisiert hat, was er unter zeitnah versteht, nähmlich sechs Wochen. Die Kasse kann das KH nicht auf Herausgabe der Unterlagen zu einer MDK-Prüfung verklagen. Die Kasse selbst hat keinen Anspruch auf die Unterlagen, außerdem hat sie das Druckmittel, der Rückbuchung des Betrages. Wenn es sich aber um Prüfungen zur Arbeitsunfähigkeit o.ä. handelt, ist es anders. Aber davon gehe ich jetzt mal nicht aus. Die vierjährige Verjährungsfrist für Zahlungs- und Rückzahlungsansprüche hat nichts damit zu tun. Der MDK muss zeitnah prüfen und dann können sich die Beteiligten noch vier Jahre um die Durchsetzung ihrer Ansprüche streiten. Dazu gibt es in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift \"Das Krankenhaus S.1053 einen Artikel, der Ihnen weiterhelfen könnte. uns drohte eine KK mit KLage, wenn wir den von ihnen geforderten Betrag nicht unverzüglich anweisen. Ich habe nicht gesagt, dass die Kasse sich auch so den Betrag \"holen\" kann, fände aber das Gesicht des Richters sehr spannend, der so eine KLage auf den Tisch bekommt. Wenn man schon meint seinem Vertragspartner mit Rechtsmitteln drohen zu müssen, sollte man dies qualifiziert tun :) .
    Schöne Grüße
    Uta Seiffert-Schuldt

    Hallo Allerseits,
    Herr Horndasch hat recht. Ein Gutachtenauftrag in der Form könnte mit der Fragestellung ergehen und dann, so denke ich, wird der Gutachter in diesem Fall dazu kommen, dass die Behandlung dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprach? Wenn nicht, muss er das beweisen. Er wird also Alternativen benennen. Nur die Tatsache, dass es Alternativen gibt, heißt nicht, dass die Behandlung, so,wie sie in diesem Fall war, nicht dem medizinischen Stand usw. entsprach. Der Große Senat hat ja zum Glück nicht gesagt, dass man unter allen Behandlungsmöglichkeiten, die gerade für eine bestimmte Diagnose oder Krankheit dem medizinischen Standard entsprechen, die Kostengünstigste auswählen muss. Natürlich muss dann das klagende KH auch die entsprechenden Argumente haben, um die Therapie in diesem Einzelfall zu begründen, aber das wird nicht das Problem sein.
    Nur ganz grundsätzlich hat die Krankenkasse immer noch nur das Recht die Krankenhausleistung nach Art, Umfang und nach ordnungsgemäßer Abrechnung zu überprüfen, für inhaltliche Fragestellungen gibt es keinen Raum. Aber ich leide auch darunter, dass die Praxis anders aussieht.
    Schönen Abend !
    Uta Seiffert-Schuldt

    Hallo Herr Killmer,
    ich muss nochmal nachfragen, weil das Problem mich auch beschäftigt: Ungeachtet dessen, ob der Patient die Wahlarztleistung \"Chefarztbehandlung\" gewählt hat, bekommt er das Konsil in Rechnung gestellt? Oder meinen Sie, dass nur Patienten mit Chefarztbehandlung die Konsilrechnung bekommen und für die anderen Privatpatienten geht die Konsilrechnung an das Krankenhaus, in dem der Patient stationär aufgenommen ist ?

    Mit freundlichen Grüßen
    U. Seiffert-Schuldt

    Liebe Frau Dr. Busley,
    auch ich habe nicht von jeder die Lebensqualität nachhaltig beeinflussenden Beeinträchtigung geschrieben. Welche dazu gehören,die eine off label- Behandlung rechtfertigen ist im Einzelfall zu beurteilen.
    Im Ursprung ging es hier um die Behandlung eines Kindes mit einem Medikament außerhalb der zugelassenen Indikation, in der die Alternative 200 € preiswerter war, aber für das Kind hieß 30 mal \"pieken\". Zumutbar im Sinne der großen GKV-Gemeinschaft? Sicher nicht unbedingt lebensbedrohlich und vielleicht nicht nachhaltig die Lebensqualität beeinflussend, wenn das Kind das preiswertere Medikament bekommt, aber wie würden Sie entscheiden, wenn es Ihr Kind wäre? Ich glaube Ihnen, das Sie für den Grundsatz einstehen. Juristen und Gutachter sind aber immer nur gefragt, wenn es um Abweichungen vom Grundsatz geht. Dass grundsätzlich ein Arzneimittel außerhalb der zugelassenen Indikation nicht zu Lasten der GKV verordnet werden darf ist klar, deshalb geben die Kostenträger solche Fälle zur Prüfung an den MDK, der nun beurteilen soll, ob man in diesem Fall vom Grundsatz abweichen kannn oder nicht. Und genau das tut der MDK meistens nicht. Im Falle des Kindes hätte ich zum Beispiel gern eine detailliertere Begründung außer der, dass es sich um ein off label use handelt. Und in diesem Fall wird es dem Krankenhaus zur Last gelegt, dass man das Kind komfortabler behandelt hat.
    Mir erschließt sich Ihre Argumentation bzgl. der \"Arzneimittel für seltene Leiden\" nicht. Und von welcher interessierten Seite hätte ich mich da falsch informieren lassen sollen? :d_gutefrage:
    Ich habe von der Kinderarzneimittelverordnung geschrieben, die wenig mit orphan drugs in Zusammenhang steht.
    Aber wenn denn gerade bei der off label Therapie bei Kindern klar ist, dass meistens das desinteresse an der Zulassung seitens der Pharma ursächlich ist, warum kommt es dann zu Grundsatzbeurteilungen durch entsoprechende Gutachter?
    Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend
    Uta Seiffert-Schuldt

    Liebe Frau Dr. Busley,
    so ganz recht haben Sie nicht:
    Die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet kommt laut Rechtsprechung nur in Betracht wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (d.h. lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn keine andere Therapie verfügbar ist und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann...
    Das ist im Urteil auch so nach zu lesen, also es geht nicht nur um lebensbedrohlich. Und nur weil es nicht lebensbedrohlich ist, ist es nicht weniger schlimm. Und schon allein, weil Sie diesen kleinen Zusatz, dass es sich eben nicht nur um lebensbedrohliche Erkrankungen handelt, vergessen, überlesen oder was auch immer, haben, wird gleich ein anderer Sinn draus mit erheblichen Folgen für das Ergebnis eines Gutachtens. Aber das könnte man ja noch recht einfach richtigstellen. Wenn ich dann also darlege, alle Voraussetzungen für die Gabe eines Medikaments außerhalb der Zulassung erfüllt, bekomme ich als Antwort, das hätte auch ambulant erfolgen können..und wenn ich dann dargelegt habe, dass der Patient ja so schwer krank ist, dass das ambulant eben nicht möglich war, kommt die Antwort, es handelt sich um ein off label use oder die Behandlungsmaßnahmen sind doch noch nicht ausgeschöpft und die Kostenübernahme kann nicht empfohlen werden. :a_augenruppel:
    Ich möchte nochmal betonen, dass es auch nicht um Patienten geht, die mit ihrer Behandlung nicht zufrieden sind und auch nicht um experimentelle Behandlungsansätze. Diese Patienten leiden nicht nur unter Schmerzen sondern auch unter der Einschränkung ihrer Lebensqualität.

    Zitat

    Eine Behandlungsmethode muss erst Ihren Wert in kontrollierten Studien bewiesen haben, bis sie weitere Verbreitung finden darf - und sobald die Kostenträger zahlen, findet eine Methode Verbreitung - dafür sorgt schon der Hersteller.


    Auch nicht ganz richtig:
    Die Kostenträger zahlen erst, wenn das Arzneimittel oder die Behandlungsmethode zugelassen ist und wenn sie denn meinen, diese wird in den Leistungskatalog aufgenommen, das hat mit der Studienlage nichts zu tun. In meinen Problemfällen ist die Studienlage klar, die Fachwelt ist sich weitgehend einig, nur der Hersteller beantragt die Zulassung nicht aus Kosten-Nutzen Gründen.
    Viele Medikamente zur Behandlung von Kindern werden außerhalb der in der Zulassung festgelegten Bedingungen als off label use verordnet. Die Gründe liegen in der fehlenden Prüfung von bereits für Erwachsene zugelassene Arzneimittel für die Anwendung an Kindern. Ethische aber auch wirtschaftliche Bedenken stehen einer erweiterten Prüfung von Arzneimitteln an Kindern entgegen. Spätestens hier ist ein Beharren auf Behandlungsmethoden, die ihren Wert erst in kontrollierten Studien bewiesen haben auch bedenklich oder gefährlich? Auf jeden Fall nicht hilfreich für die Kinder.

    Mit der Kinderarzneimittelverordnung (seit 2005) werden pharmazeutische Unternehmer veranlasst (durch Anreize finanzieller Art), vermehrt Zulassungen für Kinderarzneimittel zu betreiben. Es ist den Herstellern schlichtweg egal, ob KTR in gewissen Segmenten die Arzneimittel bezahlen, im Hauptanwendungsgebiet ,dort ist es ihnen wichtig. Die Off label Problematik gibt es aber nicht nur wegen der Zulassungspolitik der Hersteller, sondern auch wegen Defiziten im Arzneimittelrecht.

    Aber trotzdem vielen Dank für Ihre Antwort auch an Herrn Rembs- ich werde mich jetzt mit dem \"Avastin-Urteil\" beschäftigen :)

    Freundliche Grüße
    Uta Seiffert-Schuldt