Hallo Anyway, hallo Thomas B,
erst einmal herzlichen Dank für die Antworten.
Ich schildere am besten mal einen konkreten Fall:
eine 55 jährige Patientin wurde mit 1,6 Promille und Suizidabsichten mit Handlungsdruck aufgenommen, im Vorfeld ist ein Alkoholmissbrauch bekannt bei bestehender langjähriger Depression. Aus der Anamnese ging hervor, dass diese Patientin in den Wochen unmittelbar vor der Aufnahme exzessiv getrunken habe. Ein Entzugsdelir ist bis dato uns nicht bekannt bzw. nicht aufgetreten. Die Patientin wurde über 48 Stunden zunächst für ca. 15 Std. halbstündlich, dann stündlich auf Entzugssymptomatik, RR/P und Vigilanz überwacht. Sobald sie unter 1 Promille war, bekam sie Diazepam 4x10mg p. o. als Festmedikation plus zusätzlich 5mg im Bedarf bei einer THD von insgesamt 60mg. Der Bedarf wurde in der ganzen Überwachungszeit lediglich einmal gegeben, da die Patientin eine innere Unruhe beklagte und einen feinschlägigen, kaum wahrnehmbaren Tremor zeigte. Es gab weder Blutdruckspitzen, noch Pulserhöhungen, lediglich etwas Schwitzen. Ab dem dritten Tag erfolgten die Kontrollen der Parameter nur noch 2-stündig, da die Patientin nichts "bot". Ab diesem Zeitpunkt habe ich die Vitalgefährdung als Merkmal herausgenommen, da wir für uns diesen zeitlichen Abstand (2-stündig) nicht als engmaschig definiert haben.
Meine Argumentation in diesem Fall ist die gleiche wie die unseres Chefarztes, da ich ebenfalls der Meinung bin, dass eine zusätzliche Gefährdung des Patienten, in dem man ihn einem möglichen Delir aussetzt, unter gar keinen Umständen sein darf und eine unterlassene Hilfeleistung bedeutet, die strafbar ist.
In der Regel halten unsere Ärzte es so, dass wenn jemand intoxikiert kommt, sie ein Überwachungs- bzw. Entzugsschema und zumindest eine Benzodiazepinbedarfsgabe anordnen, sollten sich Entzugserscheinungen zeigen. Selten erhält ein Patient eine Festmedikation, es sei denn, im Vorfeld gab es bereits ein Delir oder der Patient ist bekannt und hatte Entzugserscheinungen. Auf unseren Entzugsschemabögen ist genau festgelegt, welches Medikament in welchem Fall und unter welchen Umständen gegeben werden darf und kann.
Mal sehen, was der MDK sagt.