Sehr geehrte Mitstreiter/-innen,
dass die DRG-Hauptdiagnose nicht der Einweisungsdiagnose und/oder Aufnahmediagnose entsprechen muss, wurde in der Diskussion ja bereits klar.
Ergänzend möchte ich auf das Urteil des SG Würzburg vom 13.11.2006 (S 15 KR 293/04) zur Frage der Hauptdiagnose in einem ähnlich gelagerten Fall verweisen (siehe BKG-Mitteilungen Nr. 19/2006 vom 20.12.2006):
\"In dem anhängigen Fall war eine Patientin im Jahre 2003 mit der Einweisungsdiagnose M16.9 (Coxarthrose, Hüftgelenksverschleiß) zum Einsetzen einer Totalendoprothese (TEP) ins Krankenhaus aufgenommen worden. Bei den Untersuchungen im Vorfeld zum geplanten Eingriff wurde eine bösartige Geschwulst des Darms festgestellt, deren Entfernung anstelle der geplanten Hüftgelenksoperation durchgeführt wurde. Als Hauptdiagnose wurde – wegen der Tumorbehandlung, bei entfallener Hüftoperation – vom Krankenhaus die Hauptdiagnose C18.2 (bösartige Neubildung: Colon ascendens) kodiert und an die Krankenkasse übermittelt.
Das Gericht kam zur Überzeugung, dass das Krankenhaus richtig kodiert und abgerechnet hatte. Das Gericht führte dazu aus, das DRG-Vergütungssystem bezwecke, einerseits durch Pauschalierungen einen praktikablen Differenzierungsgrad zu ermöglichen, andererseits aber auch komplexe Fälle abbilden zu können und eine leistungsorientierte Vergütung zu gewährleisten.
Aus diesen Gründen sei bei Unklarheiten wie vorliegend (“Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts“) für das Gericht diejenige Auslegung der DKR vorzuziehen, die leistungsorientiert ist und eine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung ermöglicht. Diese führe dazu, dass die Diagnose C18.2 (bösartige Neubildung: Colon ascendens) als Hauptdiagnose anzusehen sei. Zwar habe die Krankheit, die nach Auffassung der beklagten Krankenkasse zur Bestimmung der Hauptdiagnose heranzuziehen sei (M16.9 – Coxarthrose) die Einweisung ins Krankenhaus und auch (nach der ersten Aufnahmeuntersuchung) die Aufnahme ins Krankenhaus veranlasst. Sie war in diesem Sinne jedoch nur verantwortlich dafür, dass der Krankenhausaufenthalt überhaupt angetreten wurde. Unter der Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthalts des Patienten im Sinne der DKR sei aber etwas anderes zu verstehen. Um die Hauptdiagnose feststellen zu können, ist den Hinweisen zufolge eine Analyse notwendig. Diese Analyse besteht nach den weiteren Ausführungen der DKR in einer Evaluation aller beim Patienten erhobenen Befunde am Ende des Aufenthaltes. Es ist demnach – rückblickend – aus einer Fülle von Informationen und ggf. den verschiedensten Untersuchungen, Behandlungen, Beratungen und anderen Maßnahmen zu entscheiden, was als Hauptdiagnose anzusehen ist. Zwar könnte ein weiterer Hinweis in den DKR („die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen“) lediglich diejenigen Fälle meinen, in denen die Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose schlichtweg falsch war. Es habe sich im vorliegenden Fall jedoch mit M16. 9 (Coxarthrose) gar nicht um eine Falschdiagnose gehandelt. Vielmehr werde gerade am denkbaren Falle einer falschen Aufnahme- oder Einweisungsdiagnose deutlich, dass es darauf ankommt, welche Krankheit den Krankenhausaufenthalt – und in Verbindung damit auch die während des Aufenthaltes erbrachten Leistungen – veranlasst hat, und zwar im doppelten Sinne, nämlich:
1. insofern, dass wegen der Krankheit tatsächlich über rein diagnostische Maßnahmen hinausgehende Behandlungen erbracht wurden und
2. in dem Sinne, dass bei rückblickender Bewertung am Ende des Aufenthaltes die als Hauptdiagnose in Betracht kommende Krankheit die Dauer des Aufenthaltes mindestens mitbestimmt hat.
Nur bei einem solchen Verständnis des Begriffs der Hauptdiagnose mache es Sinn, eine Analyse, nämlich die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes als Mittel zur Feststellung der Hauptdiagnose vorzuschreiben, wie dies zu Beginn des Abschnitts D002 der Fall ist.\"